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LICHTENFELS/COBURG: Amelie Scheer rät: Auf YouTube den Coburger „Hamlet“

LICHTENFELS/COBURG

Amelie Scheer rät: Auf YouTube den Coburger „Hamlet“

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    Die gebürtige Lichtenfelserin Amelie Scheer arbeitet am Landestheater Coburg als Inspizientin.
    Die gebürtige Lichtenfelserin Amelie Scheer arbeitet am Landestheater Coburg als Inspizientin. Foto: pORTRAITSTUDIO kÖGLER

    Amelie Elisabeth Scheer arbeitet am Coburger Landestheater. Wie sich dort die Folgen der Pandemie auswirken, davon berichtet die gebürtige Lichtenfelserin.

    „Mein Name ist Amelie Elisabeth Scheer, und ich bin gebürtige Lichtenfelserin. Seit 2016 arbeite ich am Landestheater Coburg – zunächst als Regieassistentin, nun als Inspizientin. Schon während meiner Schulzeit war das Theater immer meine große Leidenschaft und ich spielte neun Jahre in den Schultheatergruppen.

    Die Bühne war für mich immer ein Zuhause und das Theaterspiel bestimmte zum großen Teil mein Leben. Als Schülerin wollte ich eigentlich nach dem Abi Medizin studieren, da ich leider kein Blut sehen kann, entschloss ich mich dagegen und entschied mich meine Leidenschaft – das Theater – zum Beruf zu machen, nachdem ich mich erkundigt hatte, was man in diesem Bereich alles machen kann. Aber ich wollte nicht auf der Bühne stehen, sondern hinter der Bühne künstlerisch-mitgestaltend arbeiten.

    Deswegen studierte ich nach meinem Abitur an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zunächst den Bachelor Theater- und Medienwissenschaft und Germanistik, dann den Master im Bereich „Theatralität und performative Kulturen“, den ich 2015 erfolgreich abschloss. Schon während meines Studiums machte ich, da ich unbedingt praktisch arbeiten wollte, an diversen Theatern Hospitanzen.

    Freie Theaterfestivals organisiert

    Ich organisierte aber auch freie Theaterfestivals, engagierte mich in der Fachschaftsinitiative und drehte zum Beispiel Fernsehbeiträge für Uni t°fau. Nach dem Studium wollte ich unbedingt endlich schnell wieder Theaterluft schnuppern und raus in die Welt. So führte mich mein Weg direkt nach dem Studium in den Harz zu den 57. Gandersheimer Domfestspielen, wo ich die Regieassistenz für gleich zwei Stücken übernahm. Im Oktober 2015 ging es für mich in den hohen Norden, nach Bremerhaven ans Stadttheater, wo ich in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig war.

    Meine Zeit in Bremerhaven war sehr schön und ich lernte ein tolles Theater und nette Menschen kennen, aber ich vermisste Franken und die direkte Theaterarbeit auf den Proben als Regieassistenz, und Bratwürste mag ich auch lieber als fangfrischen Fisch. Dass es dann am Landestheater Coburg geklappt hat, war ein Traum für mich. Das Landestheater kannte ich aus meiner Kindheit. Als ich dann im September 2016 meine Stelle als Regieassistentin antrat, habe ich das Haus auch ,hinter den Kulissen' kennengelernt und mich sofort in meinen Arbeitsplatz ,verliebt'. Es herrscht hier so eine familiäre Atmosphäre, meine Kollegen sind alle supernett und wir unternehmen auch viel privat – momentan leider nicht mehr wegen Corona.

    Knotenpunkt in der Kommunikation

    Viele fragen mich immer, was eine Regieassistentin eigentlich macht. Ich sage immer ganz salopp, dass bei mir „alle Stränge zusammenlaufen“. Wir sind Knotenpunkt in der Kommunikation zwischen Regie und Haus. Die Regisseure und Regisseurinnen sind häufig Gäste am Haus. Als Regieassistentin sorge ich deswegen dafür, dass die Ideen und Wünsche der Regie an die richtigen Gewerke, wie Requisite, Technik, Werkstätten, Künstlerisches Betriebsbüro etc. gelangen und die Gewerke lassen mir ihre Fragen zur Umsetzung an die Regie zukommen. Gemeinsam findet man Lösungen. Und wenn der Regisseur sich für eine Szene eine schwebende Teekanne vorstellt, dann kriegt er die auch. Weiterhin organisiert der Regieassistent die Proben.

    Er sorgt dafür, dass die Darsteller und Sänger bestellt werden, beziehungsweise dass beachtet wird, wann einzelne Schauspieler oder Sänger nicht zu einer Probe kommen können, da sie eine Vorstellung haben. Man schaut, dass alles, was zur Probe benötigt wird, wie zum Beispiel Requisiten oder Probenkostüme, vorhanden sind und richtet die Probebühne ein. Meine wichtigste Aufgabe ist jedoch das Führen des Regiebuches. Dort ist alles vermerkt, was inszeniert wurde: Die Haltung, mit der die Darsteller die Texte sprechen, was sie wann auf der Bühne tun, mit welchen Requisiten sie spielen, festgelegte Wege und Abläufe etc. Das Regiebuch ist sozusagen die verschriftliche Form der Inszenierung und dient als Grundlage für Umbesetzungen und Wiederaufnahmen von Inszenierungen.

    Im Rahmen meiner Regieassistenz hatte ich die Möglichkeit, auch selbst Regie zu führen. So inszenierte ich unter anderem Igor Strawinskys „Die Geschichte vom Soldaten“, Stephen Sondheims „Marry me a Little“ und in Zusammenarbeit mit Dirk Mestmacher entwickelte ich den Sinatra-Abend „Fly me to the Moon“.

    Beklemmende Ungewissheit erlebt

    Seit März 2020 hat das Coronavirus auch das Landestheater fest im Griff – Gott sei Dank nur metaphorisch. Die ersten Monate des Shutdowns waren voller Angst vor dem Virus und der Ungewissheit, wie es weitergeht und wann wir wieder spielen können. Es war ein Gefühl der kompletten Machtlosigkeit für mich, weil wir alle plötzlich als Kulturanstalt so im Unwissenden schweben. Schön wäre es, wenn auch Kultur als systemrelevant gesehen werden würde. Wir alle brauchen solche Räume, wo Welten spielerisch erschaffen werden. Ich hatte das Glück, dass ich bald während der ersten Lockerung des ersten Shutdowns zwei der von mir betreuten Stücke („Die Sternstunde des Joseph Bieder“ und „Fly me to the Moon“) für die Wiederaufnahme im großen Haus vorbereiten durfte, während zum Beispiel Orchester und Musiktheater teilweise bis jetzt noch auf mögliche Auftritte warten müssen. Im September konnte ich noch meine letzte Produktion als Regieassistentin „Globe Songs Episode 1“ bis zur Premiere bringen.

    Doch bald schon folgt der zweite Lockdown und so konnten viele meiner betreuten Stücke, wie zum Beispiel das so traumhaft gelungene Weihnachtmärchen „Der kleine Lord“, noch keine Premiere feiern. Ich vermisse die Konzentration einer Vorstellung, die Vorfreude und Spannung des Publikums, die man auch hinter der Bühne spürt und die pure Freude, die man nach einer Premiere fühlt. All das fehlt im Moment sehr, besonders das Publikum, denn für die Zuschauer machen wir uns ja die ganze Mühe.

    Neuen Berufsweg am Landestheater eingeschlagen

    Seit September 2020 habe ich am Landestheater einen neuen Berufsweg eingeschlagen, ich bin nun Inspizientin. Wenn ich sage, dass ich Inspizientin bin, sehe ich immer die Fragezeichen in den Augen meiner Gesprächspartner. Nun erkläre ich, dass ich Bühnenproben und Vorstellungen technisch und künstlerisch koordiniere.

    Ich bin das Bindeglied zwischen der Regie und der Technik und sorge für den reibungslosen Ablauf dessen, was auf der Bühne passiert. Ich arbeite eng mit dem Regisseur zusammen, bin bereits beim Probenprozess dabei und versuche seine technischen Vorstellungen für die Inszenierung zusammen mit Bühnenmeister, Technik, Beleuchtung und Ton umzusetzen und dokumentiere alles im Inspizientenbuch. Vom sogenannten Inspizientenpult steuere ich die technischen Abläufe. Anhand meines Inspizientenbuchs sehe ich, wann das Kommando gegeben werden muss zu Lichtwechseln, wann die Bühne sich wie schnell dreht oder Bühnenteile aus dem Schnürboden fahren, wann welcher Ton eingespielt wird, etc. Mittels Lichtzeichen und Sprechanlage kann ich mit den Technikern, aber auch den Schauspielern, die sich gerade nicht auf der Bühne befinden, kommunizieren – notfalls hören sie meine Einrufe und Ansagen selbst auf der Toilette.

    Stets einen kühlen Kopf bewahren

    Inspizient ist ein sehr verantwortungsvoller Beruf. Wichtig ist, dass man auch in unvorhergesehenen Situationen stets einen kühlen Kopf behält und nicht in Panik gerät. Ich muss vollkommen konzentriert sein, damit ich, falls ein Fehler oder eine Panne passiert, besonnen und zugleich schnell genug reagiere, sodass der Zuschauer gar nicht merkt, dass irgendetwas nicht klappt, und – noch wichtiger – sodass niemand zu Schaden kommt (zum Beispiel wenn ein Darsteller an der falschen Stelle steht und dort gerade eine 200-Kilo Wand aus dem Schnürboden herunterfahren soll). Gerade komme ich von der Arbeit heim: Drei Tage lang haben wir unsere brandneue „Hamlet“-Inszenierung von Matthias Straub für unseren Youtube-Kanal gefilmt: ein Riesenprojekt und es hat total Spaß gemacht eine unserer Inszenierungen zu filmen. Mein Tipp: den Coburger „Hamlet“ sollte man nicht verpassen!“

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