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LICHTENFELS: Nicht zugelassene Verhütungsmittel gespritzt?

LICHTENFELS

Nicht zugelassene Verhütungsmittel gespritzt?

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    Die Frauen seien begeistert gewesen, sagt ein Gynäkologe aus dem Landkreis Lichtenfels. Statt sich täglich um die Einnahme der Pille zu kümmern, hätten sie sich einmal im Vierteljahr ein Verhütungsmittel in den Oberschenkel spritzen lassen. Dann konnten sie drei Monate lang nicht mehr schwanger werden. Der Haken an der Geschichte, dass unter anderem verwendete Medikament Depo-Provera ist in Deutschland nicht zugelassen.

    Vorwurf Kinderpornografie

    Seit Dienstag (wir berichteten) muss sich der Mediziner wegen Körperverletzung und Besitz von Kinderpornografie vor dem Amtsgericht in Lichtenfels verantworten. Die Zollfahndung hatte bei einer Hausdurchsuchung im Dezember 2011 einen USB-Stick mit 85 Bilddateien gefunden, die zum Teil schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen.

    Durch seine Anwältin ließ der Mediziner mitteilen, dass er regelmäßig Dreimonatsspritzen als Reimporte von Deutschen Apotheken bestellt habe. Nur bei Lieferengpässen habe er Ampullen von seiner Frau bezogen, war aber der Meinung, dass es sich dabei um ein in Deutschland zugelassenes Medikament handelte. Weiterhin ließ er wissen, dass er sich keine Kinder- oder Jugendpornografischen Schriften aus dem Internet heruntergeladen habe. Besagter Stick habe in einem Kästchen, einer Sammelbox gelegen, zu der jeder Zugang im Haus hatte und aus dem sich auch jeder bedient habe. Auch zum dem auf einer Empore stehenden Computer habe jeder Zugang gehabt.

    Zur Lieferung der Medikamente wollte Richter Thomas Pohl Genaueres wissen. In einer von den Ermittlungsbehörden aufgezeichneten SMS, verschickt zwischen der Ehefrau und deren Kindern, heißt es: „Zehn Stück auf Treppe gelegt“. – „Sieht so die Übergabe von Medikamenten aus?“, fragte der Richter.

    Die Ehefrau des Mediziners, ihr Sohn und ihre Tochter wurden kürzlich vom Landgericht Hof wegen illegaler Einfuhr des Verhütungsmittels Depo-Provera aus der Türkei zu Haftstrafen auf Bewährung und Geldstrafen verurteilt. Rund 100 Ampullen will der Mediziner von seinem Stiefsohn bekommen haben. Das Stück zu 15 Euro, für ein Medikament das in der Türkei drei bis vier Euro kostet. Seine Patientinnen zahlten 34,50 Euro, plus der damals noch üblichen Praxisgebühr von zehn Euro.

    Wusste er davon?

    In der Verhandlung drehte sich die Frage darum, ob der Mediziner wusste, dass es sich bei den Ampullen um ein in Deutschland nicht zugelassenes Präparat handelte. Eine langjährige, ehemalige Arzthelferin des Gynäkologen war lange Zeit der Meinung, dass die verwendeten Medikamente legal waren. 2006/2007 sei ihr das erste Mal aufgefallen, dass die Ampullen von der Frau des Angeklagten kamen. Die Ampullen habe der Arzt selbst in die Praxis mitgebracht. Oder sie seien von seiner Ehefrau oder der Tochter gebracht worden.

    Zeugin wunderte sich spät

    Allerdings habe sie sich schon gewundert, dass die Ampullen plötzlich verschwinden mussten, als ihr ehemaliger Chef ihr Weihnachten 2011 mitteilte, dass seine Frau „vom Zoll hochgenommen“ worden sei, so die Zeugin. Merkwürdig sei ihr auch erschienen, dass sie keine Quittungen dafür ausstellen durfte. Ab 2009 sollte sie auch keine Medikamentennamen mehr bei der Vergabe von Dreimonatsspritzen in die Patientenkartei eintragen. Ihr Chef selbst habe ältere Einträge mit Tipp-Ex entfernt. Neben den Ampullen seien ein- bis zweimal im Monat Fertigspritzen bestellt worden.

    Sie hätten nicht gewusst, welches Medikament ihnen da verabreicht worden sei, sagten zwei ehemalige Patientinnen des Mediziners aus. Meistens hätten die Spritzen, bereits fertig aufgezogen, im Behandlungszimmer bereit gelegen. Während eine von ihnen außer einem blauen Fleck kaum Beschwerden hatte, klagte die zweite über ein mehrere Tage anhaltendes Ziehen im Beckenbereich.

    Die Aussage der Ehefrau des Mediziners, die kürzlich vor dem Landgericht Hof wegen illegaler Einfuhr des Verhütungsmittels Depo-Provera aus der Türkei zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt wurde, brachte wenig Licht ins Dunkel. Ihr Mann habe zwar gewusst, dass sie eine Zulassung für das Präparat hatte, aber nicht für welches Land. Sie hatte eine Zulassung aus Spanien. Allerdings könnte er es vermutet haben, da sie sich in der Vergangenheit öfters in der Türkei aufhielten. Sie persönlich habe ihrem Mann keine Ampullen gegeben. Ihr Sohn dagegen habe einmal nachgefragt, ob er seinem Stiefvater das Medikament geben sollte.

    Der USB-Stick mit dem pornografischen Inhalt könnte auch aus Versehen aus der Firma der Tochter in das Wohnhaus eingeschleust worden sein, sagte sie aus. Ehe dort die Schreibtische überquollen, habe sie schon Mal einige der Speichermedien mit nach Hause genommen. In dem Kästchen befanden sich nach ihren Angaben zehn bis 15 Stück.

    Fortsetzung am 15. November

    Die Verhandlung wird am Freitag, 15. November, mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt.

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