„Das Geld nimmt täglich ab, und täglich braucht man mehr“, seufzte Söller in Goethes Lustspiel „Die Mitschuldigen“ schon bei der Uraufführung im Jahre 1777. Eine Erkenntnis, die vermutlich bis heute ihre Gültigkeit hat. Das Fränkische Theater Schloss Maßbach brachte das amüsante Verwirrspiel am Mittwochabend auf die Bühne, wobei die Schauspieler ihr Publikum schnell zu überzeugen wussten.
Reizend und leichtsinnig
Der Schauplatz ist das Gasthaus „Zum schwarzen Bären“, in dem ein neugieriger Wirt (Ingo Pfeiffer) seine reizende Tochter Sophie (Iris Faber) und ihr Ehemann Söller (Daniel Schwingel), ein leichtsinniger Spieler zusammenleben. In der oberen Etage logiert der adelige und wohlhabende Alcest (Christoph Schulenberger) mit dem Sophie vor Jahren eine Liebesbeziehung hatte.
Dass der Haussegen mehr als schief hängt, hat Regisseur Augustinus von Loe mit viel Kreativität und Gewitztheit auf die Bühne gebracht. In dem Wirtsraum existieren keine Waag- und Senkrechten mehr. Fußboden, Tisch, Theke und Treppenaufgang befinden sich in Schräglage. Sogar die Bilder an den Wänden hängen schief.
„Die Lust, die jede Frau, die jedes Mädchen hat. Ich bin nicht hungrig drauf, doch bin ich auch nicht satt.“
Sophie
Neben dem Bühnenbild haben die Maßbacher Goethes Werk ein Stück weit in die Jetztzeit transferiert und zum Teil durch eigene Verse ergänzt. Daran erkennbar, dass am Rande eine frei erfundene gastwirtschaftsfreundliche Partei, die Beralen, auftaucht.
Seine Neugierde befriedigt der Wirt unter anderen auch aus der Tageszeitung.
Vorzugsweise liest er die fett gedruckten Sensationsmeldungen. Nach dem Rauswurf der Beralen aus dem Bundestag wird Alcest zum Hoffnungsträger der Partei.
„Erst hat man sie geachtet, jetzt hat man sie geschlachtet“, klagt der Wirt. Er überlegt schon, ob er aus Sympathie nicht sein Gasthaus umbenennen sollte, in „Zur kleinen Mehrwertsteuer“. Der Wirt interessiert sich für Klatsch und Tratsch, seiner Tochter ist unglücklich verheiratet.
Außerhäusliches Vergnügen
„Die Lust, die jede Frau, die jedes Mädchen hat. Ich bin nicht hungrig drauf, doch bin ich auch nicht satt“, klagt Sophie ihrem Ehemann, der doch nur wieder sein eigenes außerhäusliches Vergnügen im Sinn hat. Da trifft es sich gut, dass Alcest, ihr Geliebter aus Jugendtagen im Wirtshaus absteigt. Auch er hat seine Jugendliebe nicht vergessen und umwirbt Sophie aufs Neue.
Schließlich willigt sie ein, ihn nachts heimlich zu treffen, dann wenn ihr Mann aus dem Haus ist und der Wirt schläft.
Doch die Rechnung geht nicht auf. Der Wirt möchte unbedingt den Brief lesen, den Alcest aus Berlin erhalten hat. Schwiegersohn Söller hat es dagegen mehr auf das Geld seines Nebenbuhlers abgesehen, da ihm die Gläubiger seiner Spielschulden wegen im Nacken sitzen. Die Lage spitzt sich zu, als er zufällig Zeuge der nächtlichen Eskapade seiner Ehefrau wird. Als der Diebstahl am folgenden Tag entdeckt wird kommt es zwischen Vater und Tochter zu gegenseitigen Schuldzuweisungen. Der wahre Dieb wiegt sich zunächst in Sicherheit.
Menschliche Schwächen
In Goethes „Die Mitschuldigen“ werden menschliche Schwächen thematisiert. Da wird geschlichen, gelauscht, geschimpft, politisiert, geküsst und gerauft.
Am Ende klärt sich alles auf. Das brillant inszenierte Stück bereitete den Lichtenfelser Publikum einem vergnüglichen Theaterabend, wie der lang anhaltende Applaus zeigte. Erwähnenswert ist auch die mimische Leistung der Schauspieler, die doch sehr zum Schmunzeln anregte.