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LICHTENFELS/COBURG: Das Schöffenamt geht vor

LICHTENFELS/COBURG

Das Schöffenamt geht vor

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    Schöffen hören zu: Der Vorsitzende Richter am Landgericht Gerhard Amend (li. v. hinten) informiert hier die neu gewählten Schöffen über ihre Arbeit in der Justiz. Viele von ihnen sind schon in der zweiten Periode im Amt.
    Schöffen hören zu: Der Vorsitzende Richter am Landgericht Gerhard Amend (li. v. hinten) informiert hier die neu gewählten Schöffen über ihre Arbeit in der Justiz. Viele von ihnen sind schon in der zweiten Periode im Amt. Foto: Katja Nauer

    Ein Film des Bayerischen Rundfunks macht vor, wie man es nicht machen sollte: „Schöffen dürfen sich auf gar keinen Fall außerhalb einer Hauptverhandlung öffentlich äußern“, warnt der Vorsitzende Richter am Landgericht, Gerhard Amend. In dem Film, der im Landgericht München I gedreht wurde und der den neu gewählten ehrenamtlichen Richtern gezeigt wurde, lässt sich eine Schöffin dazu hinreißen, einem Angehörigen des Angeklagten ihre persönliche Meinung kundzutun. Der Fall ist nur gespielt, aber er könnte sich durchaus so zugetragen haben. Amend informiert über die Konsequenzen: „Die Beeinträchtigung der Unvoreingenommenheit eines Schöffens ist Grund, die Aussetzung der Hauptverhandlung zu beantragen. Eine neue Verhandlung kostet nicht nur Zeit, sondern zieht auch hohe Folgekosten nach sich.“

    Lange Tradition

    168 neue ehrenamtliche Richter aus den Landkreisen Lichtenfels, Kronach und Coburg treten nun für fünf Jahre in den Dienst der Justiz. Dies geschieht an den jeweiligen Amtsgerichten in Lichtenfels, Kronach und Coburg sowie am Coburger Landgericht.

    Unterschieden wird zwischen Erwachsenen- und Jugendschöffen. Die Bewerbung läuft über die Kommunen. Die Gemeinden und Städte im jeweiligen Landkreis schlagen im Kreistag eine bestimmte Anzahl an Schöffen vor. Die Stadt Coburg trifft als kreisfreie Stadt ebenso eine Auswahl, erklärt Gerhard Amend.

    Aus der Vorschlagsliste werden die ehrenamtlichen Richter dann vom Schöffenwahlausschuss, Mitgliedern des Kreistages und des Coburger Stadtrates gewählt.

    Bei den Jugendschöffen entscheidet der Jugendhilfesenat. 36 Schöffen kommen aus dem Lichtenfelser Landkreis, 46 aus Kronach, der Rest aus Coburg Stadt und Land, informiert Justizfachwirtin Monika Dinkel. Landgerichtspräsident Dr. Friedrich Krauß begrüßte gestern die Schöffen, die nach der Einführung in ihr Amt zusätzlich die Justizvollzugsanstalt Ebrach besuchten. Am 29. Januar geht es in die JVA nach Bayreuth. „Sie stehen in einer langen Tradition“, sagte Krauß. Es gebe weit mehr Interessenten als tatsächlich benötigt würden.

    Gewählt würden angesehene Bürger, die das Ehrenamt im doppelten Sinne bekleideten: „Einerseits sprechen Sie Recht, andererseits werden Sie durch das Amt selbst bereichert.“ Die Folge: „Bisher hat sich noch fast jeder Schöffe für eine zweite Amtszeit erneut beworben.“ Krauß verweist auf die Pflicht zur Verschwiegenheit: „Sie haben eine Tätigkeit ähnlich der eines Pfarrers, Notars oder Arztes.“

    Und wie sei das mit der Befangenheit? Das wollten die neuen Schöffen wissen. „Wir sind hier in der Provinz“, erklärte Amend, da kenne jeder jeden. Befangen sei man allerdings, wenn man mit dem Angeklagten befreundet oder gar verwandt sei. Oder wenn sich herausstelle, dass gar der Schöffe geschädigt wurde.

    „Einerseits sprechen Sie Recht, andererseits werden Sie durch das Amt selbst bereichert.“

    Gerhard Amend Vorsitzender Richter

    Ein Beispiel: „Bei einer Verhandlung war der Vorsitzende eines Billardclubs als Schöffe eingeteilt.“ Nachdem die Anklageschrift in der Verhandlung ausgehändigt worden sei, habe sich herausgestellt, dass es sich um Sachbeschädigungen handelte, die just auch im Vereinshaus des Billardclubs angerichtet worden waren. „Die Verhandlung wurde ausgesetzt und auf einen Hilfsschöffen zurückgegriffen“, erklärte Amend das Prozedere. Hilfsschöffen springen kurzfristig ein, wenn der vorgesehene Schöffe verhindert ist. „Dafür gelten aber strenge Kriterien.“ Auch eine Stadtratssitzung entbinde nicht von der Schöffenpflicht, betonte der Richter: „Das Schöffenamt geht vor!“

    Extremfall: 59 Verhandlungstage

    In der Regel arbeite ein Schöffe an rund zwölf Terminen pro Jahr. Aber: „Wir haben in den letzten Jahren eine deutliche Steigerung der Verfahren verzeichnet“, berichtet Amend.

    „Eine Hauptverhandlung gilt als ein Termin“, erklärt er weiter. „Im Extremfall kann der auch 59 Verhandlungstage dauern. Das war die längste Sitzung, die wir je hatten.“

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