Charly Schorr hat eine Vision. Und dafür geht er einen schwierigen Weg. Der Lichtenfelser Erfinder möchte weg von fossilen Brennstoffen, möchte Autos mittels eines besonderen Hybridantriebs und der Hauptantriebsquelle Induktionsstrom bewegen. Vor vier Jahren noch wurde er von vielen belächelt. Heute hören ihm die Vertreter der wichtigsten Energie- und Automobilkonzerne zu. Und die Referenten der Bundeskanzlerin.
„Vor drei oder vier Jahren hätte ich schon gedacht, dass alles schneller geht, als es letztlich gegangen ist.“ Charly Schorr blickt auf harte Jahre zurück. Jahre, in denen er von manch einem nicht einmal angehört wurde, weil er keinen akademischen Grad oder Lehrstuhl vorzuweisen hat. Dabei ist die Idee des 68-Jährigen revolutionär. Er will Induktionsstromkabel in den Straßen einlassen, über die die Elektromotoren in den Hybridautos versorgt werden. Er nennt das „Straßenstromnetz“.
Von Elektroautos, die mit Akkus betrieben werden, hält er wenig. „Die Akkus sind der Hauptkostenfaktor. Sie sind groß, schwer, teuer und haben eine geringe Reichweite und keine lange Lebensdauer. Wir müssen weg von diesem Eselskarrenprinzip, dass wir sinnbildlich den ,Esel‘ erst vorher füttern müssen, sodass er eine gewisse Strecke läuft.“ Das Induktionsstromnetz würde dem Auto den „Saft“ dort liefern, wo es ihn braucht. „Wie bei einem Induktionsherd. Der erwärmt auch nur den Bereich, wo der Topf steht.“
Ein Trugschluss
Dass die Preise für Lithium-Ionen-Akkus sinken würden, gäbe es mehr Nachfrage, hält Charly Schorr für unrealistisch. „Das wird bei dieser Technologie nicht passieren. Übrigens haben Wissenschaftler in Modellversuchen über Jahre hinweg längst festgestellt, dass es mit den Akku-Autos nie etwas wird.“ Die Antriebsenergie eines Liters Benzin entspreche der Speicherkapazität eines 20-Kilogramm-Akkus. „Viel zu teuer, das macht keinen Sinn“, so der Erfinder. Deutlich wirtschaftlicher sei die 140-Kilohertz-Induktionsstromvariante. Der Lichtenfelser und seine Partner haben einen Wirkungsgrad von 93 bis 94 Prozent errechnet. „Und das bei einem Preis, der bei gleicher Steuerlast nur ein Drittel so hoch wäre wie bei Benzin.“
Die vergangenen Jahre hat Charly Schorr ein Netzwerk gebildet. Er hat das Gespräch mit Fachleuten und Fachmagazinen gesucht und sogar die Bundeskanzlerin Angela Merkel auf seine Idee angesprochen, als sie im Herbst für einen Kurzbesuch bei der CSU-Klausur in Kloster Banz auf dem Lichtenfelser Flugplatz landete. Interessiert hörte sie, eine der mächtigsten Frau der Welt, ihm einige Minuten zu. Der Lichtenfelser kann sehr überzeugend und fesselnd sein. Auch der „Papst der Induktionstechnik“, Professor Jürgen Meins von der Technischen Universität Braunschweig, ist längst eingebunden. Und MdL Jürgen Baumgärtner ließ sich ebenfalls von Charly Schorrs Vision begeistern. Er werde sich dafür stark machen, versprach er. Vor kurzem durfte der 68-Jährige einen Vortrag vor der Nationalen Plattform Elektromobilität in Berlin „Unter den Linden“ halten. Hier vertreten sind hochrangige Experten der bekannten Energiekonzerne, der renommierten Automobilfirmen und Telekommunikationsunternehmen. „Dieses Gremium ist beratend für die Bundesregierung tätig“, sagt Schorr. „Ein ,Who Is Who‘ der DAX-Unternehmen.“ Es kommt einem Ritterschlag gleich, dass er dort sprechen darf. Tags darauf führte er Gespräche in den zuständigen Referaten im Bundeskanzleramt.
„Wir Franken werden es richten.“ Charly Schorr ist überzeugt von seiner Sache. „Bei uns gab es schließlich auch die erste Bahnstrecke, die von Nürnberg nach Fürth, die dann von Franken aus deutschlandweit einen kolossalen Siegeszug angetreten hat.“ Der Lichtenfelser sieht Parallelen zu seiner Erfindung in Sachen Elektromobilität. Auch damals war aller Anfang schwer. „Öl, Gas und all die anderen fossilen Energien sind endlich, dessen müssen wir uns bewusst werden. Wir müssen weg von diesen Rohstoffen. Das ist für mich der zentrale Aspekt.“
Sorgen, dass es in Deutschland zu wenig Strom für ein Induktions-Straßenstromnetz gebe, macht sich der 68-Jährige nicht. Gelassen winkt er ab. „Genau das Gegenteil ist der Fall. Wir haben in Deutschland mehr als genug Kapazitäten.“
Aus wirtschaftlichen Gründen solle das Straßenstromnetz vorerst nur dort installiert werden, wo viel Verkehr sei, beispielsweise Autobahnen, Bundesstraßen und andere Hauptverkehrsadern. Auf Nebenstrecken könne dann der Alternativantrieb des „Hybriden“ greifen.
Die erhoffte Teststrecke hat Charly Schorr noch nicht umsetzen können. „Das Problem ist, das bislang sowohl Bundeswirtschafts- als auch Verkehrs- und Umweltministerium für das Thema Elektromobilität zuständig waren“, so der Lichtenfelser. „Nun ist alles im Bundeswirtschaftsministerium gebündelt.“ Mit dem sucht Schorr nun gezielt den Kontakt, um Fördergelder zu bekommen.
Jüngst drehte ein Kamerateam in Auftrag von „3sat“ bei ihm für die Wissenschaftssendung „nano“. Zwei Tage gastierten die Journalisten am Obermain. „Sie machen einen zehnminütigen Beitrag über Elektromobilität“, sagt Charly Schorr. „Der wird dann nicht nur bei 3sat, sondern in allen dritten Programmen Deutschlands laufen. Außerdem in Österreich und der Schweiz.“
Nach jahrelanger Prüfung
In den nächsten Wochen oder Monaten wird das Bundespatentamt München nach jahrelanger Prüfung Charly Schorr wohl endlich die Patentrechte zuerkennen. „Wir befinden uns hierbei in der Endphase“, macht er deutlich. Etliche Gebrauchsmuster hat er sich bereits schützen lassen.
„Derzeit verhandeln wir mit möglichen Partnern über Lizenzverträge, um ihnen einen zeitlichen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen.“ Namen möchte er nicht nennen. Es handele sich aber um „die ganz Großen der Automobilindustrie“. Charly Schorr lächelt verschmitzt. „Wir wollen mit einer intelligenten Mischung aus Geheimhaltung und Veröffentlichung bald die Marktreife erreichen.“
„Wir müssen weg von diesem„Öl, Gas und all die anderen fossilen Energien sind endlich, dessen müssen wir uns bewusst werden. Wir müssen weg von diesen Rohstoffen. Das ist für mich der zentrale Aspekt.“
Charly Schorr Erfinder