Er ist pechschwarz, von Kopf bis Schwanz samtig behaart und mittlerweile tierisch angesagt: „Augenbaby“ ist der fünfte Kandidat um den Bürgermeistersessel im Rathaus Lichtenfels. Der vierjährige schwarze Kater und seine frisch gegründete „Augenbaby Partei Deutschland“ (APD) sehen den Chefposten in der Deutschen Korbstadt als Sprungbrett für seine ganz große politische Karriere: „erst Lichtenfels, dann die ganze Welt“.
Aufmerksame Bürger bleiben derzeit in der Innenstadt des Öfteren mal staunend stehen. An die Plakatständer der etablierten Parteien und ihrer Kandidaten haben sich längst gewöhnt. Dass sie mittlerweile eine Katze mit großen grünen Augen anblickt, ist neu. Und erfrischend anders. „Augenbaby“ sitzt darauf, mit einer weißen Fliege chic gemacht, hinter einem schwarzen Schuhschachtel-Schreibtisch und leckt sich übers Maul. Der Lichtenfelser Wahlkampf: ein gefundenes Fressen für den Jüngsten der fünf Kandidaten?
Ein Pelzträger macht Furore
Die Lichtenfelser Benjamin Apel und Anja Krauß von der Pressestelle der „Augenbaby Partei Deutschland“ freuen sich über so viel Aufmerksamkeit. Längst sind ist der tierische Bürgermeisterkandidat für Lichtenfels in aller Munde. Bei Facebook hat der felltragende Politiker schon 165 „Gefällt mir“-Angaben. Tendenz rasant steigend. Hier finden sich auch etliche entliehene Bilder, die „beweisen“, dass „Augenbaby“ sehr aktiv ist. Und dass er sich schon mehrfach mit seinen Mitbewerbern getroffen hat. Wie mit SPD-Bürgermeisterbewerber Andreas Hügerich. Der gratuliert „Augenbaby“ auf Facebook zur Kandidatur. Und auch Günter Dippold (CSU) belohnte die Initiative mit einem „Like“. Es ist genau diese Aufmerksamkeit, die Benjamin Apel und Anja Krauß erreichen wollten. Ihr Kampf gilt der Politikverdrossenheit. „Augenbaby“ soll auch junge Leute für die Politik begeistern.
Die Idee, eine Katze als Bürgermeisterkandidat zu nominieren, kam Anja Krauß und Benjamin Apel spontan. „Ein Freund von uns hat sich für eine Partei aufstellen lassen. Und so dachten wir, es sei doch ganz schön, eine eigene Partei, die ,Augenbaby Partei‘, ins Leben zu rufen“, sagt die 23-Jährige. „Außerdem haben langsam die ganzen Wahlplakate in der Stadt überhandgenommen. Schon aufgrund der Menge hat das angefangen zu nerven“, ergänzt Apel.
Weil es sich anbot
Ihr gemeinsamer schwarzer Kater heißt übrigens wirklich „Augenbaby“. Die Yogalehrerin erklärt: „Ich hatte bereits die Mutter, aus deren Wurf ,Augenbaby‘ stammt. Er hatte Probleme, die Augen zu öffnen, ich musste ihm helfen. Und da wir noch keinen Namen hatten, nannten wir ihn einfach so.“ Der schwarze Kater wurde 2008 geboren. Etwas mehr als vier Jahre später ist der vermutlich jüngste Bürgermeisterkandidat aller Zeiten in ganz Lichtenfels bekannt.
Für seine Kampagne ließ sich „Augenbaby“ auch geduldig chic machen. Die blütenweiße Fliege, die ihm seine PR-Manager Anja Krauß und Benjamin Apel um den pechschwarzen Pelzhals legten, ertrug er mit stoischer Gelassenheit. Allerdings ließ er sich bestechen – „mit Leckerlis“. Die Handyfotosession dauerte 20 Minuten. Allgemein ist „Augenbaby“ eher ein ruhiger, besonnener, eher scheuer Typ. „Bestechen lässt er sich übrigens nur von den Pressesprechern“, beschwichtigen sie flugs. Kein Grund zur Sorge also. Das Plakat, das an neun Standorten in der Innenstadt zu bestaunen ist, wurde von Benjamin Apel nach einer gemeinsamen Idee entworfen. Der 33-Jährige ist Grafiker: ein Kinderspiel für ihn – und ein Riesenspaß.
Gesamtes APD-Kapital investiert
Finanziell lehnte sich die APD für ihr Engagement in Lichtenfels weit aus dem Fenster, sie investierte ihr gesamtes Startkapital. „Unser Wahlkampf hat 20 Euro gekostet“, sagt der 33-Jährige. „Wir hatten noch einen Gutschein für eine Druckerei.“ Die Plakatständer sind Marke Eigenbau. „Die Farbe gefällt uns einfach. In diesem Ton haben wir unsere Wand gestrichen“: Mit dem Grüngelb auf den Plakaten distanziert die „Augenbaby Partei Deutschland“ sich ganz bewusst von etablierten Parteien. „Jedoch ist es nicht der Punkt, dass uns die Parteienvielfalt im Landkreis nicht groß genug ist. Wir sind beide sehr politikinteressiert und stellen leider immer wieder fest, dass viele Leute politikverdrossen sind“, sagt Benjamin Apel. „Und dass Politik oft viel zu ernst gesehen wird. Wir tun das, weil Lichtenfels uns wichtig ist.“
Gegen Politikverdrossenheit
Den APD-Pressesprechern ist bewusst, dass ihr Wahlkampf für Verwirrung sorgt. Genau das wollen sie auch. Sie wollen wachrütteln, wollen aufmerksam machen auf die bevorstehende Kommunalwahl. „Wir wollen Leute zur Wahlurne bringen“, sagt Anja Krauß.
„Augenbaby“ werden sie jedoch auf keinem der Wahlzettel finden. Wer die Katze einfach hinzufügt, macht seinen Stimmzettel ungültig. Benjamin Apel wiegelt ab: „Gesunder Menschenverstand gehört beim Wählen schon dazu! Jedem sollte klar sein, dass das mit der APD nur Spaß ist. Es soll aber auch zeigen, dass Politik nicht immer bierernst ist, aber Wählen eben wichtig.“
Dass aktuell in Alaska eine Katze Bürgermeister ist, haben sie erst im Nachhinein erfahren. „Mayor Stubbs" regiert seit 16 Jahren den 900-Seelen-Ort Talkeetna, Und „Mayor Stubbs“ macht seine Sache definitiv gut. Seit er regiert, boomt der Tourismus im Dorf (Quelle: Die Welt). So weit will die APD aber vorerst nicht gehen.