Der Bahnhof Brig in der Schweiz liegt nur wenige hundert Meter vom Lichtenfelser Bahnhof entfernt. Nicht der reale Bahnhof, sondern ein originalgetreuer Nachbau des imposanten Bahnhofgebäudes, das im Original inmitten eines eidgenössisches Eisenbahnidylls steht.
Angefertigt wurde das lang gestreckte mehrgeschossige Miniaturgebäude nach den Originalbauplänen. Die habe man sich aus der Schweiz zuschicken lassen, berichtet Gerhard Löbling. Ein paar Mal im Jahr laden die Lichtenfelser Eisenbahnfreunde alle Modelleisenbahn-Interessierten zu ihren „Fahrtagen“ in ihr Vereinsheim im ehemaligen Stellwerk 5 in der Mühlgasse 9 ein. Am vergangenen Wochenende drängten sich die Besucher in der Miniaturwelt der drei großen vereinseigenen Modellbahnanlagen.
Am Samstagnachmittag ist Gründungsmitglied Gerhard Löbling Fahrdienstleiter am Hauptbahnhof in Brig. Eigentlich hat er keine Zeit zum Reden, lässt sich aber dann doch dazu bewegen. Unter Löblings Regie fahren 40 Züge, weitere acht Züge befinden sich im sogenannten Schattenbahnhof. Ein Bereich, der sich unter der eigentlichen Modellanlage befindet, der mittels Bildschirm aber einsehbar ist.
Die Bern-Lötschberg- Simplon- Anlage ist rund 22 Meter lang und vier Meter breit. Früher wurde sie bei Ausstellungen in der Lichtenfelser Stadthalle präsentiert. Inzwischen hat sie einen festen Platz im Vereinsheim gefunden. „Jetzt könnte sie nur noch mit der Kettensäge ausgebaut werden“, schmunzelt Löbling. Der Modellbauer weiß genau, wo sich jeder auf der Anlage befindende Zug gerade aufhält, beziehungsweise fährt. Welcher gerade den Bahnhof Brig passiert den berühmten Knotenpunkt im Nord-Süd-Verkehr, oder welcher sich bereits in Richtung Italien befindet. Ein sogenanntes Gleisbild zeigt ihm jede Position an, jedes rote Licht bedeutet ein Zug. Eine Mini-Schweiz am Obermain, die auch für Fotografen interessant ist. Nur für Kinder zugänglich sind dagegen ein Silberbergwerk und eine Unterwasserwelt in Miniatur. Ein kleiner Bereich, der sich unter der Anlage befindet und Raumbedingt kaum für Erwachsene zugänglich ist.
Dunkelheit und eine enorme Rauchentwicklung empfängt den Besucher im Erdgeschoß des Stellwerks. Hier befindet sich die Hochofen-Anlage, die fest mit der Schneeanlage verbunden ist. „Die Hochofenanlage ist eine Nachbildung des Ruhrgebiets im Kleinen“, erklärt Vorsitzenden Werner Keidel.
Das Miniatur-Ruhgebiet besteht aus Kokerei, einem Hochofen, Eisenwerk und was sonst noch dazu gehört. Ein kleiner Bahnhof mit Schienenbus komplettiert die Anlage. Damit wollen die Lichtenfelser Eisenbahnfreunde zeigen, was es alles in der Stahlindustrie brauchte. Spektakulärste Vorführung dürfte ein sogenannter Abstich im Miniatur-Stahlwerk sein.
In der Realität wurde das flüssige Roheisen mittels Spezialwaggons, eines sogenannten Torpedopfannenwagen vom Hochofen zur Gießerei transportiert. Angegliedert ist eine Schnee-Anlage. Die haben die Eisenbahnfreunde gebaut, nachdem es einmal jahrelang nicht mehr so richtig schneite, erklärt Keidel. Dass schnaubende Lokomotiven über den Köpfen der Besucher ihre Runden drehen, mag zunächst überraschen. Aber die zweite Etage das Vereinsheim zeigt, dass Platz für eine Anlage eigentlich immer vorhanden ist. Es braucht nur genügenden Ideen. In ihre Miniaturwelten haben die Eisenbahnfreunde viele tausende Arbeitsstunden investiert. Für sie ist es ein Hobby. „Das darf man nicht als Arbeit sehen“, ergänzt Mitglied Helmut Moncken. An beiden „Fahrtagen“ haben sich die vielen Besucher die Klinke in die Hand gegeben.