Längst vergangene heimische Brauereigeschichte wird am kommenden Samstag in Würzburg lebendig. In den Greisingsälen in der Neubaustraße der Residenzstadt wird nämlich eine bislang unbekannte Aktie der einstigen Exportbier-Brauerei Kloster-Langheim aus dem Jahre 1888 öffentlich versteigert.
Auktionator Matthias Schmitt, im Vorstand des Unternehmens HWPH Historisches Wertpapierhaus AG im bayerischen Zorneding, will an diesem Tag insgesamt 1957 wertvolle Sammlerstücke meistbietend an den Mann oder die Frau bringen. Die Aktie der Kloster-Langheimer Brauerei sei einer der „Höhepunkte“ der Versteigerung, sagt Schmitt auf Nachfrage unserer Zeitung. Das Papier mit dem damaligen Nominalwert von 1000 Reichsmark werde für 2000 Euro angeboten. „Das ist das Mindestgebot. Darunter werden wir es nicht versteigern“, sagt Schmitt.
Die Urenkelin des einstigen Aktienbesitzers – der Pasinger Künstler Franz Xaver Weinzierl – habe das Exemplar der ehemaligen Aktiengesellschaft in Klosterlangheim dem Sammlermarkt zur Verfügung gestellt. Die Aktie wurde am 1. Januar 1888 ausgegeben. Spätestens bis zur Einführung einer neuen Währung in Deutschland 1923 sei diese Aktie bares Geld wert gewesen und habe den damaligen Handelswert repräsentiert. Danach sei das Wertpapier zu einem Sammelobjekt geworden. Die bald in Würzburg zur Versteigerung kommende Brauereiaktie sei ein „seltenes Stück“, sagt Schmitt. Sie werde nicht einmal im branchenbestimmenden Katalog der Historischen Wertpapiere Bayern aufgeführt.
Wenn am Samstag die Versteigerung um 10 Uhr losgeht, müssen nicht alle potenziellen Bieter und Käufer vor Ort sein. Es könnte durchaus sein, dass die Aktie der Klosterlangheimer Brauerei telefonisch oder online ersteigert wird. Auch habe er für viele der zur Versteigerung anstehenden Stücke Vorgebote erhalten, sagt Auktionator Schmitt. Für die Brauereiaktie allerdings noch nicht. Er rechne damit, dass etwa 50 bis 100 Interessierte am Samstag vor Ort sein werden. Die Aktie der ehemaligen Klosterlangheimer Brauerei trage die Losnummer 428. „Sie wird gegen 13.30 Uhr versteigert“, meint Schmitt. Insgesamt kommen 828 Sammlerstücke, darunter bedeutende Dokumente der russischen Finanzgeschichte, aber auch eine 1646 emittierte Anleihe der Medici oder historische Wertpapiere aus China, unter den Hammer. Der Auktionskatalog für Würzburg ist im Internet unter www.hwph.de verfügbar und kann zudem kostenfrei beim Auktionshaus (Tel. (08106) 246186, Email: auktion@hwph.de) angefordert werden. Auktionator Schmitt zweifelt nicht daran, dass die Aktie aus Klosterlangheim am Samstag einen Abnehmer finden wird. „Brauereiaktien sind bei Sammlern sehr beliebt“, sagt er.
Von der Kloster-Langheimer Exportbier-Brauerei AG zum Oetker-Konzern
Die Exportbier-Brauerei Kloster-Langheim AG ging aus der Brauerei des ehemaligen Klosters Langheim hervor. Die dortigen Mönche hatten seit dem zwölften Jahrhundert Bier hergestellt. Als das Kloster 1803 aufgelöst wurde, kaufte ein Bamberger Stadtrat die Klosterbrauerei für 2500 Gulden. Wenig später erwarb ein Lichtenfelser Gastwirt das Unternehmen, das in den folgenden Jahrzehnten florierte: Es war im 19. Jahrhundert eine vergleichsweise große und überregional bedeutende Brauerei. Dies belegt unter anderem die Investition einer 36 PS starken Dampfmaschine von der Maschinenfabrik Augsburg im Jahre 1886. Ende des 19. Jahrhunderts gab es mehrere Besitzerwechsel. Ab 1906 existierte eine Exportbierbrauerei Kloster Langheim Heinrich Höch und ab 1917 eine Exportbierbrauerei Kloster Langheim GmbH. Die Umwandlung in eine GmbH geschah offensichtlich anlässlich der Beteiligung der Bürgerbräu AG in Lichtenfels. Diese erwarb zunächst Anteile im Nominalwert von 45 000 Mark, übernahm die Geschäftsführung und erwarb schließlich die GmbH komplett. Die GmbH blieb zunächst bestehen. Die Übernahme durch die Bürgerbräu führte Ende 1918 zur Umfirmierung in Kloster-Langheimer Urbräu und Bürgerbräu AG. 1921 kam die AG dann im Zuge eines Aufkaufs vieler Konkurrenzbetriebe zur Hofbräu, Aktiengesellschaft Bamberg und Erlangen. Die Lichtenfelser Bürgerbräu existierte bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. 1952 wurde die Brauerei im Herzen der Korbstadt geschlossen. Die Hofbräu AG Bamberg und Erlangen wurde im Zuge einer Zusammenlegung der Brauereien der Schickedanz-Gruppe zusammen mit der Brauerei Humbser-Geismann (Fürth), der Grüner-Bräu AG (Fürth), der H. Henninger-Reifbräu AG (Erlangen), der Lederer-Bräu AG (Nürnberg), der Sternbräu Dettelbach AG sowie der Würzburger Bürgerbräu AG zur neugegründeten PATRIZIER-BRÄU AG mit Sitz in Nürnberg fusioniert. Im Jahre 1994 erwarb der Münchner Brauerei-Unternehmer Dr. Hans Inselkammer die Aktienmehrheit und fusionierte mit der Tucher Bräu AG. Die Tucher Bräu AG gehört heute zur Radeberger Gruppe im Oetker-Konzern.