Hinter der Bühne herrscht große Aufregung: Ein letztes Mal werden die Kostüme überprüft, es gibt noch ein paar beruhigende Worte von Trainerin Helga Ofzarek. Die Eltern drücken ihren Mädels die Daumen, dann geht es los. Als Karatekämpfer und Fotografen verkleidet, erobern die neun Mädchen der Purzelgarde des Staffelsteiner Karnevals-Klub (SKK) die Bühne.
„Die Kinder hören die Musik, gehen raus und haben Spaß“, erzählt Ofzarek. Wenn sie einmal auf der Bühne sind, sei die schlimmste Aufregung vorüber. Vorher haben aber alle Lampenfieber. Deshalb hat die Trainerin immer ein paar Süßigkeiten und aufmunternde Worte für ihre Tänzerinnen. „Ich sag ihnen aber auch immer: lasst euch nicht ablenken!“ Und dann klappt es. „Meine Purzels machen das wie kleine Profis“, sagt die Trainerin.
Unglaublich stolz
Nach den Auftritten sind auch die Kinder unglaublich stolz auf sich. Schließlich haben sie hart dafür trainiert. Einmal in der Woche treffen sich die Vier- bis Siebenjährigen mit Ofzarek zum Training im Wohn- und Pflegeheim „Am Staffelberg“. In eineinhalb Stunden üben sie Grundelemente des Gardetanzes und akrobatische Elemente wie Räder oder Spagat. „Garde ist eine Mischung aus Tanz und Turnen.“ Für die Nachwuchstänzerinnen ist das häufig gar nicht so einfach. „Mit vier Jahren haben sie noch keine so gute Koordination. Viele wissen noch nicht, wo links oder rechts ist. Und zählen können sie häufig auch noch nicht.“ Als Hilfestellung gibt die Staffelsteinerin ihren Mädchen Zeichen und Anweisungen. Viele orientieren sich auch an der Musik, um sich zu merken, wann welche Figur an der Reihe ist.
Das Training variiert von Stunde zu Stunde, je nach der Verfassung der Kleinen. „Man muss immer schauen, wie sie drauf sind und das Training dementsprechend anpassen“, erklärt Ofzarek. „Wenn sie aufgedreht sind, spielen wir ein Spiel vor dem eigentlichen Training.“ Bei Feuer, Wasser, Blitz und Co. lernen die Mädchen spielerisch die Figuren und Bewegungsabläufe. Im Sommer gibt es beim Training mal ein Eis, im Winter fand es auch schon einmal draußen im Schnee statt. „Da hört man das Knirschen vom Schnee, man spürt die Kälte. Das ist Training mit allen Sinnen“, so die Trainerin.
Es sei wichtig, dass es für die kleinen Kinder immer interessant bleibt und nicht zu viel wird. Deshalb muss die Trainerin die Aufgaben entsprechend der Leistung der Kinder stellen. Immer wieder kommen Neuzugänge dazu, maximal dürfen es 12 Kinder sein. Die Neuen müssen die Schritte erst noch erlernen, während die Größeren sie bereits können. „Die Leistungsstärkeren fördern die Kleinen. Sie dürfen Übungen mit vormachen oder die Arme zu den Schritten dazu nehmen.“ Wer schon schwierigere Figuren kann, darf diese auch vorführen. Neben den klassischen Gardetänzen hat die Purzelgarde auch viele Showtänze in ihrem Repertoire. Diese Tänze sind besonders aufregend für die Kleinen. „Sie lieben es, sich zu verkleiden und in verschiedene Rollen zu schlüpfen“, sagt die Staffelsteinerin. Die Ideen zu den Themen und Kostümen kommen häufig von den Kindern selbst. Indianer, Schäfchen und Hirten, in diesem Jahr Karatekämpfer und Fotografen: Die kleinen Tänzerinnen haben viele Einfälle.
Ein Highlight war die Verkleidung als Prinzessin Lillifee. „Da waren sie total begeistert.“ Die Verkleidung an ihrem größten Auftritt, dem SKK-Ball, ist immer Motto bezogen. Bei anderen Auftritten, wie auf dem Staffelsteiner Altstadtfest, treten die Mädchen ebenfalls passend zum Anlass auf. Einmal hat Ofzarek sich für einen Auftritt im Pflegeheim etwas besonderes einfallen lassen: Eine gemeinsame Aufführung der Purzelgarde und einiger Bewohner. „Jedes Mädchen hatte ihren Partner bei den älteren Leuten. Die haben sie in ihren Rollstühlen zur Musik über die Bühne geschoben und die Figuren an den Rollstühlen gemacht.“ Die Bewohner erwarteten schon immer gespannt das nächste Training. Es war ein wunderbares Miteinander. „Das ging richtig ans Herz.“
Die Vorbereitung für einen größeren Auftritt dauert etwa ein Vierteljahr. „Erst hab ich immer einen Ameisenhaufen vor mir, nach und nach wird daraus dann ein Tanz“, sagt Ofzarek weiter. Alle Kinder seien mit Feuereifer bei der Sache. „Die Kinder kommen und machen. Das wundert mich und die Eltern immer wieder aufs neue.“ Teilweise üben die Mädchen sogar zuhause. „Sie sind für ihr Alter mit unglaublich viel Ehrgeiz und Disziplin dabei“, sagt Ofzarek. Disziplin sei wichtig, damit die Kinder beim Auftritt sicher sind. „Die Kleinen haben den Putzigkeitsfaktor, aber es soll trotzdem eine Leistung dahinter stecken.“ Regelmäßige Teilnahme am Training ist Pflicht.
„Sie lieben es, sich zu verkleiden und in verschiedene Rollen zu schlüpfen.“
Helga Ofzarek Trainerin der Purzelgarde
„Das ganze Leben besteht aus Regeln, die eingehalten werden müssen. Konsequent zu sein ist wichtig.“ Aber die Kinder kommen gerne. Von großer Bedeutung ist auch das Vertrauen zur Trainerin. Zur Schnupperstunde dürfen die Eltern mitkommen und die Kleinen können sich gemeinsam mit ihnen umsehen. So entsteht schon zu Beginn ein gutes Verhältnis. Sowohl zu den Kindern, als auch zu den Eltern.
„Die Zusammenarbeit mit den Eltern klappt wirklich gut“, meint die Trainerin. Bei den Auftritten helfen die Mütter beim Vorbereiten, Anziehen und Schminken der Kinder und wenn es einmal Probleme gibt, können sich alle Beteiligten unterhalten und die Situation klären. Doch Probleme gibt es laut der Trainerin kaum: „Wir sind ein Team!“