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LICHTENFELS: Zwischen Moral, Selbstbetrug und Gier

LICHTENFELS

Zwischen Moral, Selbstbetrug und Gier

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    „Nur wer zahlt, ist anständig“: Das Fränkische Theater Schloss Maßbach brachte mit nur fünf Schauspielern den „Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt auf die Bühne.
    „Nur wer zahlt, ist anständig“: Das Fränkische Theater Schloss Maßbach brachte mit nur fünf Schauspielern den „Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt auf die Bühne. Foto: Gerda Völk

    Ein D-Zug hält im erbärmlichsten, lausigsten und verarmtesten Nest der Gegend. Sehnsüchtig erwartet von einem Empfangskomitee, das sich viel vom Besuch der alten Dame verspricht. In der Inszenierung des Dürrenmatts-Klassikers hat Regisseur Christian Schidlowsky den Pfad gewohnter Sichtweisen verlassen.

    Seine Inszenierung ist an Stringenz kaum zu überbieten. Während anfänglich noch so etwas wie Moral aufblitzt, bestimmt mit fortschreitender Handlung die Gier nach Geld und Wohlstand die Handlungen einer ganzen Stadt. Dies wird nicht zuletzt auch an der Kleidung (Kostüme Daniela Zepper) deutlich, die sich von einfacher Wäsche zum mondänen Outfit wandelt.

    In mehrere Rollen geschlüpft

    Für die großartige schauspielerische Leistung spricht, dass das Fränkische Theater Schloss Maßbach die tragische Komödie mit nur fünf Schauspielern auf die Bühne bringt, ohne dass dabei relevante Inhalte verloren gehen. Allerdings müssen die Schauspieler in mehr als nur eine Rolle schlüpfen, was ihnen Einiges beim Wechsel der Kostüme abverlangt.

    Schauspielerin Jaqueline Binder spielt Claire Zachanassian, die Frau, die nach 45 Jahren wieder nach Güllen zurückkehrt und die, so erhoffen es sich die Einwohner vom Pfarrer (Georg Schmiechen) bis zum Bürgermeister (Ingo Pfeiffer), den lang ersehnten finanziellen Aufschwung bringen soll.

    Claire sinnt auf Rache

    Doch Claire will Rache für das, was ihr von Alfred Ill (Eike Domroes) vor 45 Jahren angetan wurde. Der Krämer der Stadt hatte die Vaterschaft eines gemeinsamen Kindes vor Gericht bestritten und war letztlich auch verantwortlich dafür, dass Claire Güllen verlassen musste.

    Als reiche Milliardärin wieder in ihre Heimatstadt zurückgekehrt, bietet sie dem Ort viel Geld, damit man ihren einstigen Geliebten tötet. 500 000 Millionen für die Stadt und weitere 500 000 Millionen, verteilt auf alle Familien des Ortes. Die Güllener sind zunächst empört über das Ansinnen der Milliardärin. „Lieber arm denn blutbefleckt“ lautet ihr Credo. Dass Claire ihr Elend absichtlich herbeigeführt hat, erfahren die Güllener erst nach und nach.

    Mit ihren Millionen hat sie alle Fabriken und Unternehmen aufgekauft und platt gemacht. Auch die Orte, an denen sich Claire immer mit Alfred getroffen hat, befinden sich in ihren Besitz.

    Plötzlich steigt im Ort der Konsum. Die Güllener haben in allen Geschäften Kredit und mit den Schulden wächst auch der Wohlstand. Äußerlich wird dies an der Kleidung sichtbar.

    Sparsames Bühnenbild

    Alfreds Frau Mathilde (Silvia Steger) leistet sich einen Pelzmantel, Sohn Karl (Georg Schmiechen) ein neues Auto. Auch der Pfarrer schafft sich eine zweite Glocke an. Schließlich muss sich Alfred eingestehen, dass die ganze Stadt sich auf seinen Tod vorbereitet.

    Andreas Wagner schuf ein relativ sparsames Bühnenbild. Ein einfacher Raum, in dem sich das Geschehen um Gier und Doppelmoral ereignet. Ein überdimensionierter Sarg wird je nach Anordnung zum Bahnsteig, auf dem hoffnungsfroh die Milliardärin erwartet wird, oder zum Krämerladen, in sich die Bewohner mit Schnaps eindecken.

    Mit dem aufkeimenden Wohlstand werden die Wände mit goldverzierten Stoffen geschmückt.

    Spinnengleiche Titelfigur

    Über der Szenerie thront auf einem Podest, einer Spinne nicht unähnlich, die alte Dame, die nur darauf wartet, dass die Güllener der Verlockung des Geldes nicht widerstehen können. Trotz christlicher Prinzipien haben sich die Güllener hoch verschuldet. Das Ende scheint unausweichlich zu sein. Als Ehrenmann soll Alfred schließlich die Konsequenzen ziehen.

    Die Inszenierung von Christian Schidlowsky ist in sich stimmig, die Handelnden zwischen Moral, Selbstbetrug und Gier absolut glaubhaft. Die Bemerkung der alten Dame fast am Ende der Geschichte, dass anständig nur der ist, der zahlt, macht nachdenklich.

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