Geahnt hatten es die Eltern von Michael Blume schon vorher. Dass er in einem technischen Beruf auf Dauer nicht glücklich werden würde und umschwenken wird in einen sozialen. So kam es dann auch: Der 32-jährige gebürtige Coburger arbeitet heute im Hort „Kleiner Drache hab mich lieb“ in Lichtenfels.
„Nach dreieinhalb Jahren Ausbildung zum Energieanlagenelektroniker habe ich Zivildienst im Internat für körperlich und geistig beeinträchtigte Jugendliche in Coburg geleistet und gemerkt, dass die Arbeit mit Menschen mir Spaß macht.“ So besuchte er anschließend die Fachakademie für Sozialpädagogik in Schweinfurt.
Zunächst als Berufspraktikant
Als er einen Praktikumsplatz suchte, erfuhr er über eine Bekannte von einer freien Stelle im Hort und so kam er zunächst als Berufspraktikant in die evangelische Einrichtung in der Gotenstraße. Er schloss seine Ausbildung erfolgreich ab und ist seitdem fester Mitarbeiter – der einzige männliche im Team. Das ist jetzt sechs Jahre her.
Mit großer Begeisterung spricht er von seinem Job, der ihm jeden Tag neue Erlebnisse mit den momentan 27 Kindern bringt. Diese sind Grundschüler der Klassen eins bis vier und kommen nach Unterrichtsende in den Hort, wo sie von Michael und zwei Kolleginnen schon erwartet werden.
Geregelter Ablauf
Zuerst wird dann gespielt und Mittag gegessen, ehe die Hausaufgabenzeit bis 15 Uhr beginnt. „Die unteren Klassen schaffen das Pensum, den höheren Klassen müssen wir die Hausaufgaben manchmal doch mit nach Hause geben“, sagt Blume. „Es macht einfach keinen Sinn, wenn sich die Kinder nicht mehr konzentrieren können.“
Danach heißt es abschalten. Räume und Möglichkeiten gibt es genug. Es ist erstaunlich, was vor sechs Jahren im ersten Stock des Kindergartens „Vogelnest“ entstanden ist: Neben dem Hausaufgabenzimmer mit Schulbänken gibt es unter anderem ein Spielzimmer, ein Bastelzimmer und ein Esszimmer, in dem ab und an auch Geburtstage der Kinder gefeiert werden. Es gibt viele Bücher, Spiele und einen Kickertisch. „Die Arbeit in der Gruppe läuft gut, die Atmosphäre ist sehr entspannt“, meint Michael Blume. „Hier ist kein Tag dem anderen gleich. Im Vergleich zu meiner ersten Ausbildung, in der ich Strippen von A nach B gezogen habe, erlebe ich hier jeden Tag etwas anderes.“ Die Kinder kommen mit ihren Freuden, Problemen, Sorgen und Geschichten auf den 32-Jährigen zu, „um die ich mich dann gerne kümmere. Oder sie haben etwas in der Schule gesehen, was sie fasziniert und mit dem sie sich im Hort weiter beschäftigen wollen. Dabei helfe ich.“
Ein Job mit Spaßgarantie
Was er an Zeit, Energie und Geduld aufbringt, bekommt er von den Kindern wieder zurück. „Meine Kolleginnen und ich könnten einen Roman schreiben, so viele lustige Dinge erleben wir mit den Kindern täglich. Wir müssen oft richtig aus dem Bauch heraus lachen.“ Auf die Frage, welche Aktivitäten er mit den Kindern besonders gerne mache, antwortet Michael: „Alle!“. Als einziger Mann ist er aber oft der Ansprechpartner, wenn es ums Fußball- oder Pokemonkartenspielen geht. „Ich denke, Männer gehen anders auf so etwas ein als Frauen.“
Neben der Beschäftigung und Betreuung der Kinder gehört zu den Aufgaben des Sozialpädagogen auch, das Sozialverhalten der Kinder zu beobachten und sich gegebenenfalls einzuschalten. „Ich versuche dabei unterschwellig an die Kinder heranzutreten.“ Schön für ihn ist es, wenn er von Eltern oder ehemaligen Kindern hört, was sie von ihm mitgenommen haben. „Wir wollen die Kinder nicht nur auf ihr Schulleben begrenzen, sondern ihnen auch Lebenspraktisches lehren, Dinge wie Tisch decken beispielsweise. Oder helfen, die Medien zu begreifen.“ Deswegen wurden auch Fernsehen und Tablets aus Pappe gebaut. „Angeschaltete Smartphones sind im Kinderhort zwar nicht erlaubt, aber dennoch sollen und wollen die Kinder eine Medienkompetenz bekommen. Ich versuche aber auch, ihnen klar zu machen, dass nicht alles, was im Internet zu finden ist, der Wahrheit entspricht“, so Blume. „Und dass sie lieber selbst aktiv und kreativ werden sollen.“ Fest zum Tagesprogramm gehört deswegen auch das Spielen draußen auf der großzügigen Gartenanlage.
Michael Blume arbeitet in einem typischen Frauenberuf. Momentan sind weniger als vier Prozent der Kita-Fachkräfte männlich. Es wird deshalb bundesweit seit einiger Zeit versucht, Männer für diesen Beruf zu begeistern. Programme wie „Mehr Männer in Kitas“ oder das von der EU geplante Programm „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas“ soll laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend dazu beitragen. Michael Blume ist wohl ein gutes Beispiel, wie hervorragend Männer in diesen Beruf passen und in ihrer Arbeit aufgehen: „Ich bleibe solange im Hort, wie ich kann.“
„Meine Kolleginnen und ich könnten einen Roman schreiben, so viele lustige Dinge erleben wir mit den Kindern täglich. “
Michael Blume, Hort „Kleiner Drache hab mich lieb“