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LICHTENFELS: Viel Verantwortung für kleine Kinder

LICHTENFELS

Viel Verantwortung für kleine Kinder

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    Arbeit mit dem Nachwuchs: Kita-Leiterin Christine Babucke mit Kindern in der evangelischen Kindertagesstätte „Vogelnest“ in Lichtenfels.
    Arbeit mit dem Nachwuchs: Kita-Leiterin Christine Babucke mit Kindern in der evangelischen Kindertagesstätte „Vogelnest“ in Lichtenfels. Foto: Roger Martin

    Babys und Kleinkinder sind süß. Sie können aber auch fordernd sein. Und sie verlangen viel Aufmerksamkeit. Davon können die Erzieherinnen und die Kinderpflegerinnen in den Kindertagesstätten ein Lied singen. Ihr Beruf hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Die Zeiten, in denen Papa und Mama ihr Kinder erst ab dem dritten Lebensjahr in die Vorschuleinrichtungen schicken konnten, sind dank sozialer Gesetzgebung längst vorbei. Kindergärten alter Prägung gibt es nicht mehr. Sie heißen heute Kita (Kindertageseinrichtungen) und sind mehr denn je verlängerte Arme der Familie. Ihr Programm haben sie beträchtlich ausgeweitet: zeitlich, aber auch, was die Kundschaft betrifft. In ihnen sind Kinder ab dem Babyalter bis zum Schuleintrittsalter zu finden. Eltern können so ihre unter dreijährigen Sprösslinge abgeben, wenn zum Beispiel die Frau und Mutter möglichst bald wieder in das Berufsleben zurück will, beide Elternteile berufstätig und Oma oder Opa nicht den ganzen Tag greifbar sind. Auch Schulkinder werden in Kitas betreut.

    „Immer mehr Verantwortung“

    48 Kindertagesstätten gibt es inzwischen im Landkreis. Mehr und mehr werden mit einer Kinderkrippe für die Allerjüngsten ausgestattet. Nach Auskunft des heimischen Landratsamtes bieten sie insgesamt 2 981 Betreuungsplätze für Kinder, davon 468 Krippenplätze. In den Einrichtungen arbeiten 216 pädagogische Fachkräfte – also Erzieherinnen – und 193 pädagogische Ergänzungskräfte.

    Mit diesem Boom und dem gewachsenen Bildungs- und Erziehungsauftrag sind auch die Anforderungen ans Kita-Personal gestiegen. „Es wird immer mehr Verantwortung auf uns gelegt. Es kommen immer jüngere Kinder zu uns. Die erzieherische Verantwortung steigt,“ sagt auch Christine Babucke, die Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte Vogelnest in Lichtenfels. Die Erzieherin ist davon überzeugt, dass die Entlohnung von Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen gemessen an dem, was an inzwischen an „Grundbasis für die Kinder“ in den Kitas geleistet wird, „in keinem Verhältnis“ mehr steht. Aus diesem Grund steht sie auch voll hinter dem gerade laufenden Streik vieler Beschäftigter in kommunalen Kitas in Bayern und ganz Deutschland, der noch rund eine Woche dauern soll und mit dem unter anderem eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen erreicht werden soll.

    „Emotional voll dabei“

    Die „Vogelnest“-Leiterin darf – wie alle ihre Kollegen und Kolleginnen in den kirchlichen und caritativen Kitas am Obermain – aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht streiken. Auch in den streikberechtigten drei kommunalen Kitas in Arnstein (Weismain), Hochstadt und Schönbrunn (Bad Staffelstein) herrscht „business as usual“, zur Freude der Eltern. Die Daumen für einen Erfolg des Arbeitskampfes sind aber bei den Berufskolleginnen am Obermain fest gedrückt. „Uns fehlt hier der Organisationsgrad, um da mitzumachen. Aber auch so sind wir emotional voll dabei“, sagt Ute Dechant, Leiterin der nur eingruppigen Kindertageseinrichtung in Arnstein, wo maximal 25 Kinder betreut werden können.

    Die Erzieherin verweist auf die in Bayern vorgeschriebene fünfjährige Ausbildung zur Erzieherin und sagt, dass dieser Beruf im Vergleich zu anderen unterbezahlt sei. Dies gelte ebenso für die Kinderpflegerinnen in den Kitas, die so genannten Zweitkräfte, die eine zweijährige Ausbildung durchlaufen. „Sie müssen das Gleiche leisten wie wir und sollten ebenfalls besser entlohnt werden“, so Dechant.

    Ute Dechant kann nicht verstehen, dass in das Personal dieses Berufes nicht mehr Geld investiert wird. „Erzieher haben keine Lobby“, meint die Leiterin. „Dabei betreuen und erziehen wir kleine Menschen und das ist doch die Zukunft Deutschlands“. Es sei traurig, dass mit dem Streik Druck auf die Kleinen und deren Eltern ausgeübt werden müsse, um etwas in der Sache zu erreichen. „Ein Streik ist eigentlich gegen das Herz einer Erzieherin, aber nur so werden wir wohl gehört.“ Beim Streik geht es zwar auch um eine bessere Akzeptanz des Erzieher-Berufs in der Gesellschaft. Aber die Entlohnung ist mindestens ebenso wichtig. Die Gewerkschaft verd.i fordert für alle Erzieherinnen eine höhere Einstufung in den Gehaltstarif. „Das hat etwas mit Wertschätzung zu tun“, sagt Christian Ascherl von der Dienstleistungs-Gewerkschaft in Coburg.

    „Ein Streik ist eigentlich gegen das Herz einer Erzieherin, aber nur so werden wir wohl gehört.“

    Ute Dechant, Leiterin der Kita Arnstein

    Ein Blick auf die Gehaltsentwicklung zeigt allerdings, dass es bei den Erzieherinnen in den vergangenen Jahren einen deutlichen Zuwachs gegeben hat. So stieg zwischen 2009 und 2015 das Einstiegsgehalt für die Kinderpflegerin laut Tarif S 3 von 1960 auf 2277 Euro brutto monatlich, was immerhin 16 Prozent Plus bedeutet. Das Einstiegsgehalt der Erzieherinnen, üblicherweise Leiterinnen von Kitas, stieg laut Tarif S 6 im gleichen Zeitraum von 2240 auf 2589 Euro brutto. Durchschnittlich 2800 bis 2900 Euro brutto verdienen Erzieherinnen monatlich in unserer Gegend, so die Auskunft eines Verantwortlichen gegenüber dieser Redaktion. Das Statistische Bundesamt errechnet für Erzieherinnen in Bayern ein Durchschnitts-Monatsgehalt von knapp 3000 Euro brutto aus. Die höchste Stufe, die man nach 17 Jahren (inklusive Ausbildung 22 Jahre) erreichen kann, liegt bei 3289 Euro. Während die kommunalen Kitas gemäß Tarif öffentlicher Dienst gezahlt werden, richten sich die Löhne bei den kirchlich und caritativ geleiteten Einrichtungen nach verschiedenen Tarifen: das Arbeitsvertragsrecht der bayerischen Diözesen (ABD) für katholische Einrichtungen, die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) sowie die Kirchliche Dienstvertragordnung (DiVO) für die evangelisch geführten Einrichtungen.

    Fachkräfte-Mangel, zu wenig Männer

    Die Ausbildungszeit für Erzieherinnen in Bayern ist mit fünf Jahren recht lang. Sie ist auch eine finanzielle Durststrecke. In den beiden ersten Jahren gibt es ein kleines Gehalt, in den beiden folgenden Fachakademie-Jahren nichts und im letzten praktischen Ausbildungsjahr wieder ein Gehalt. Die Kinderpflegerinnen durchlaufen eine zweijährige Ausbildung, die zum Beispiel auch die Berufsfachschule für Kinderpflege in Vierzehnheiligen anbietet.

    Die vergleichsweise schwache Entlohnung könnte dafür verantwortlich sein, dass es in den Kitas zu wenige Fachkräfte gibt. Auch streben nur wenige Männer den Beruf an, wie Ute Dechant bedauert. Den Fachkräfte-Mangel bestätigt auch Dekan Johannes Grünwald, der für die Kitas in Trägerschaft des evangelisch-lutherischen Dekanats spricht. Er meint, der Erzieherberuf und die frühkindliche Bildung werden „unterbewertet“ und hegt Sympathie mit den Streikenden. Sie würden „mit einer gewissen Berechtigung für höhere Anerkennung ihres Berufs und für höhere Gehälter kämpfen“.

    Wie Christine Babucke weist Grünwald darauf hin, dass ein durch den jetzigen Streik vielleicht ausgehandelter höherer Lohnabschluss bei den kommunalen Kitas auch auf die kirchlichen und caritativen Einrichtungen übertragen werden wird. Allerdings, so schränkt Grünwald ein, müssten bei höheren Löhnen wohl auch die Beiträge des Staates und der Kommunen für die Kita-Finanzierungen sowie unter Umständen auch die Elternbeiträge ansteigen.

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