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LICHTENFELS: Von Freundschaften und Anfeindungen

LICHTENFELS

Von Freundschaften und Anfeindungen

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    Sprecher des Coburger Convents 2015: Andreas Grosch von der Turnerschaft Munichia Bayreuth.
    Sprecher des Coburger Convents 2015: Andreas Grosch von der Turnerschaft Munichia Bayreuth. Foto: RED

    Andreas Grosch macht keinen Hehl daraus. „Ich bin Turnerschafter mit Leib und Seele“, betont er. Grosch, der im beruflichen Leben Büroleiter des Landrats und Pressesprecher des Landkreises ist, trägt die Farben seiner Studentenverbindung Munichia Bayreuth – Rot, Weiß und Schwarz – mit Stolz, hat deren Wappen und das seiner Schülerverbindung Neapolitania Neustadt auf sein Auto geklebt. Jüngst trat er als Sprecher des Coburger Convents 2015 öffentlich in Erscheinung. „Es war eine einmalige Chance in meinem Leben – und eine Ehre.“

    Jährlich zu Pfingsten treffen sich beim Coburger Convent (CC) die akademischen Landsmannschaften und Turnerschaften Deutschlands und Österreichs. Bis zu 5000 Personen kommen dazu in die Vestestadt. Jahr für Jahr ist eine andere Turnerschaft oder Landsmannschaft die Präsidierende beim Pfingstkongress, sprich gastgebende und organisierende Verbindung. Heuer war es die Turnerschaft Munichia Bayreuth, der Grosch seit 1994 angehört.

    „Ein Lebenstraum“

    „Ich habe meinen Namen selbst ins Gespräch gebracht, wollte gerne Sprecher werden und wurde dann in einer großen Versammlung von den Aktiven und ,alten Herren‘ gewählt“, erläutert er. „Es war eine Art Lebenstraum.“ Trotz der vielen Arbeit. „Ich hatte die Möglichkeit, einmal meine Verbindung, meine Turnerschaft, im Coburger Convent zu repräsentieren. Einmal auf dem Balkon am Markt zu stehen, einmal unsere Visitenkarte abzugeben.“

    Grosch macht gleich klar: „Wir sind konfessionell, politisch und weltanschaulich ungebunden. Und das ist uns immens wichtig! Parteipolitik hat bei uns im Convent nichts zu suchen!“ Der Sprecher kennt selbstverständlich die Vorhaltungen, dass Studentenverbindungen auch den Nährboden für rechte Umtriebe böten. Auch der Coburger Convent wird von Kritikern diesbezüglich immer wieder angegriffen. Vehement wehrt sich der Sprecher: „Nicht das Parteibuch, die Rasse oder das Blut sind entscheidend dafür, wer reinpasst, sondern der Mensch“, zitiert Grosch seinen Bundesbruder Frank Klauss. „Wir haben in der Munichia Mitglieder, die Australier oder Halbchinesen sind oder südafrikanische Wurzeln haben!“ Mit augenscheinlich rechten und rassistischen Burschenschaften möchte er nichts am Hut haben, geschweige denn mit deren Mitgliedern an einem Tisch sitzen.

    „Es ging ja durch die Presse, dass Mario B., Mitglied der Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth, den Nationalsozialistischen Untergrund unterstützt haben soll“, so der gebürtige Coburger. „Man kennt die Thessalen, läuft sich zwangsläufig in der kleinen Unistadt Bayreuth über den Weg, ficht ab und an eine Partie miteinander. Freundschaftliche Bande aber gibt es zwischen den Bünden bei Leibe nicht. Mit offen rassistischen Personen habe ich ein klares Problem. Da habe ich keine Lust drauf!“ Deswegen habe sich der Coburger Convent auch vor einigen Jahren von der Deutschen Burschenschaft abgegrenzt. „Und von diesen war meines Wissens nach auch keiner beim Convent da. Sie waren auch nicht eingeladen.“

    Freundschaft und Sport statt Politik, dass ist ein Schwerpunkt in den Turnerschaften. Sport war auch einer der Anreize für Grosch, sich der Munichia anzuschließen, als er in Bayreuth das Studium begann. „Mich faszinierte das Fechten, denn die Munichia ist pflichtschlagend“, führt der 41-Jährige aus. „Jeder muss zwei Pflichtpartien – Mensuren – absolvieren, um Mitglied sein zu dürfen.“ Selbstverständlich mit scharfen Klingen. „Einen klassischen Schmiss habe ich aber nicht“, verrät Grosch. Wohl aber vier kleinere Verletzungen, die beim Kampf entstanden. Das Haupthaar kaschiert sie.

    Studentisches Fechten sei Extremsport nach festen Regeln. Die Gegner sollten chancengleich sein, aus zwei unterschiedlichen Verbindungen. Daraus können auch lebenslange Freundschaften erwachsen.

    Ein reiner Männerbund

    Frauen werden in Turner- und Landsmannschaften noch immer nicht aufgenommen. „Antiquiert ist das nicht“, findet Grosch. „Es ist eben ein reiner Männerbund. Bei Bundinterna sind Frauen deshalb nicht dabei. Aber mindestens drei Viertel der Veranstaltungen im Jahr sind mit Damen.“

    Burschenschaften sind, wegen ihrer oftmals deutschnationalen Gesinnung, nicht selten im Fokus des Verfassungsschutzes. „Ob der Verfassungsschutz auch den Coburger Convent überprüft, weiß ich nicht“, sagt Grosch. „Wer politische Gesinnungen hat, kann sich bei uns sowieso nicht profilieren, wie beispielsweise bei einer Burschenschaft.“ Und das begrüßt Andreas Grosch.

    Vier Semester lang wohnte Grosch in Bayreuth im Verbindungshaus der Munichia. „Neben dem Sportlichen wurden mir auch sogenannte ,soft skills‘ vermittelt.“ Fähigkeiten, die man für das Leben brauche. Wie Organisationstalent, Gemeinschaftsgeist, Toleranz, Rhetorik. Und: „In einer Studentenverbindung entstehen Freundschaften über Generationen hinweg, die ein Leben lang halten.“ Der regelmäßige Austausch und gemeinsames Feiern sei ein wichtiger Grundsatz. Noch heute besucht er bis zu zehn Veranstaltungen der Munichia in Bayreuth pro Jahr. Als „alter Herr“ steht er ihr auch finanziell zur Seite.

    „Ein Ehrenamt wie jedes andere“

    Bevor er sich zum Sprecher des Coburger Convents wählen ließ, hielt Andreas Grosch Rücksprache mit seinem Chef, Landrat Christian Meißner. „Er weiß natürlich, dass ich in einer Studentenverbindung bin. Das steht ja auch in meinem Lebenslauf“, sagt Grosch. Und Meißner hatte keine Einwände gegen das Engagement. „Es ist ein Ehrenamt wie jedes andere auch“, begründet Meißner. „Der Coburger Convent hat sich meines Wissens bisher auch nicht politisch oder parteipolitisch geäußert. Es gibt hier auch keine Beeinträchtigungen‘ zu Groschs Wirken, als mein Pressesprecher.“

    Grosch trägt offensiv sein Couleur, das Band als Erkennungszeichen diagonal über den Torso, in Rot, Weiß und Schwarz. Er klärt auf: „Rot und Weiß sind die Farben der Turner. Das Schwarz steht, in Verbindung mit der orangenen Mütze, für die Farben Münchens. Die Stadt, in der die Munichia 1883 gegründet wurde.“ Wegen des basisdemokratischen Prinzips sollte die Munichia währen der NS-Herrschaft gleichgeschaltet werden. Sie löste sich lieber auf.

    Den 41-Jährigen ärgert, dass das Tragen von Farben oft mit einer rechten Gesinnung gleichgesetzt wird. „Ebenso wenig ist jeder, der ein Trikot trägt, gleich ein Ultra oder Hooligan. Burschenschaften sind nur ein kleiner Aspekt des Verbindungswesens.“ Derzeit seien rund 70 Verbindungen in der Deutschen Burschenschaft, im Coburger Convent dagegen 94 Turner- und Landsmannschaften. „Wir Turner haben mit dem burschenschaftlichen Gedanken rein gar nichts am Hut“, bekräftigt Grosch. „Leider müssen wir uns aber immer gegenüber der Burschenschaften abgrenzen. Uns sind Farbe, Haarschnitt oder Aussehen doch ganz egal!“

    Das Geschäftsjahr der Munichia als präsidierende Studentenverbindung des Coburger Convents und damit auch die Amtszeit des Sprechers Andreas Grosch endet am 31. Juli 2015. Dann übernimmt der Sprecher der Rhenania Münster.

    „Mit offen rassistischen Personen habe ich ein klares Problem. Da habe ich keine Lust drauf!“ “

    Andreas Grosch, Munichia Bayreuth

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