In der Gemeinderatssitzung im Juni wurde das Projekt Wasserkraftwerk am Main ohne viel Aufhebens durchgewunken. Die Gemeinde könne so ein Ökostrom-Werk nur unterstützen, begründete Bürgermeister Fischer. Nun aber kommt harsche Kritik am Großprojekt auf. Der Bayerische Kanu-Verband hat Einspruch beim Landratsamt eingelegt und Bedenken geltend gemacht.
„Wir haben erst durch die Tageszeitung davon erfahren, waren in die Planungen nicht eingebunden“, ärgert sich Peter Fischer, zuständig für das Ressort Umwelt und Gewässer beim Bayerischen Kanu-Verband, Bezirk Oberfranken. Fischer nahm daraufhin Einsicht in die Planungsunterlagen bei der Gemeinde Michelau, legte für den Verband Einspruch bei der Landkreisbehörde ein.
Das Wasserkraftwerk Michelau soll am vorhandenen Wehr zwischen Michelau und Rudufersee entstehen – am „Rießner-Wehr“. „Das geplante Wasserkraftwerk widerspricht dem Life-Natur- Projekt Oberes Maintal der Landkreise Bamberg und Lichtenfels. Durch das Bauwerk wird der freie Zugang zur Natur, in diesem Fall vor allem für die Wassersportler, stark eingeschränkt“, kritisiert Fischer. „Hier geht eine Übungsstätte für den Kanusport, die speziell durch junge Kanusportler aus ganz Oberfranken genutzt und wohl nicht ersetzt wird, unwiederbringlich verloren.“
Es sei zu befürchten, dass durch den Bau eine weitere Umtragestelle neben Oberwallenstadt und Lichtenfels entsteht. Die geplante Bootsrutsche könne kein Ersatz sein. Denn: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass bei niedrigen Wasserständen die Bootsrutsche nicht benutzbar ist, da das Wasser für die Turbinen gebraucht wird. Das Gleiche gilt für den Fischaufstieg.“
Frank Schubert ist einer dieser begeisterten Kanusportler. Der Neustadter kommt im Sommer jede Woche nach Michelau ans „Rießner-Wehr“, um dort seinem Sport zu frönen. „Für uns Kanusportler ist diese Stelle einzigartig in der Region“, sagt er. „Anders als in manch‘ anderem Fluss hat der Main immer genügend Wasser. Vor allem die Floßgasse an der Seite des Wehrs ist ideal zum Üben.“ Deshalb kämen zahlreiche Kanusportler auch von weiter her nach Michelau.
„Bereicherung für unsere Gemeinde“
„Woanders wird mit viel Geld genau so ein Übungsareal geschaffen, beispielsweise das Projekt ,Dauerwelle‘ in Nürnberg. Hier in Michelau ist es bereits vorhanden und soll nun zerstört werden? Das verstehe ich nicht.“ Zumal die Sportler ja nach ihren Übungen auch mal auf ein Getränk in die heimische Gastronomie gingen.
Michelaus Erster Bürgermeister Helmut Fischer sieht das Ansinnen des Baus eines Wasserkraftwerks durchweg positiv. „Ich freue mich nach wie vor, dass so ein Wasserkraftwerk am Mainwehr in Michelau gebaut werden soll“, betont er. „Eine Neugestaltung des alten Wehres mit Nutzung regenerativer Energien, mit einem neuen Fischpass und dem Erhalt der Wanderwege, wird eine Bereicherung für unsere Gemeinde und eine Attraktion für unsere Bürger und Gäste.“ Neben den Kanusportlern treffen sich am Rießner-Wehr im Sommer auch Badegäste und Naturliebhaber. Abends, so sagt man, lasse sich hier eine Biberfamilie bei ihren Ausflügen beobachten. Das beruhigende Rauschen des Wehrs und das Naturidyll böten, sagt ein Badegast, eine tolle Auszeit vom Alltag.
„Glücklich sind wir sicher nicht“
Auch die Mainfischer sind von den Planungen stark betroffen. „Glücklich sind wir als Fischereiberechtigte über dieses neue Kraftwerk sicher nicht. Wir sehen schon, dass wir es kaum verhindern werden können, weil es politisch so gewollt ist, aber: Die Fische, Fischnährtiere und wir nehmen dadurch erwartungsgemäß Schaden“, sagt Dr. Oliver Freiburg, Geschäftsführer der Mainfischereigemeinschaft. „Die Behauptung des Antragstellers, dass dadurch die Natur sogar noch verbessert wird ist – mit Verlaub – so nicht richtig.“
Es gebe jetzt schon die Möglichkeit eines Fischaufstiegs über den Michelauer Mühlbach und das so- genannte Rießner-Loch, das nach oben hin zum Main verrohrt ist. „Aber auch durch den vorhandenen Schuss am Wehr selbst, zum Beispiel für Lachse, die wir ja zurückbringen wollen. Es geht auch nicht so sehr um den verbesserten Fischaufstieg, den der Betreiber so sehr bewirbt, sondern den Fischabstieg.“
Weil Fische ihren Instinkten folgen
Die Gutachten dazu seien ernüchternd, so Dr. Oliver Freiburg. „Das Problem aller Wasserkraftwerke ist der Fischabstieg, und da hilft unseres Erachtens auch ein Umgehungsgerinne nicht wirklich. Die Fische folgen der Strömung und schwimmen flussab dann durch die Schnecken.“ Das bedeute für sie elementaren Stress, wenn nicht Ärgeres. „Fische richten sich nicht nach den Plänen des Betreibers, sondern folgen ihren uralten Instinkten. Gitter oder Umleitwerke halten sie dabei überwiegend nicht ab. Dass solche Schneckenkraftwerke harmlos und sozusagen auch noch ein Gewinn für die Natur seien, ist nach unserem Dafürhalten falsch.“ Es gebe dazu keine wissenschaftlich belegbaren Untersuchungen.
„Das Kraftwerk ist ein Schuss ins Dunkle, jedenfalls, was die ökologischen Folgen unter Wasser angeht.“ Nach Ansicht der Mainfischereigemeinschaft würden die Schnecken vor allem die Aale treffen, die ohnehin vom Aussterben bedroht sind.
Auch die Kreisgruppe Lichtenfels des Bund Naturschutz erfuhr erst aus dem Obermain-Tagblatt von den Plänen, am Wehr bei Michelau ein Wasserkraftwerk zu errichten. „Wir haben nun vor kurzem die Unterlagen vom Landratsamt erhalten und werden sie genau prüfen“, sagt Sabine Rübensaal. Bis Ende Juli habe der BN Zeit, seine Bedenken in Form eines Einspruchs geltend zu machen. Mehr wollte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.
Über das Rießner-Wehr
Das Rießner-Wehr im Main besteht seit vielen Jahrzehnten. „Früher sind dort auch die Flößer durchgefahren“, erläutert der Lettenreuther Horst Habermann, der sich seit vielen Jahren mit der Geschichte der Gemeinde Michelau beschäftigt. „Der Main wurde im Bereich Michelau 1952/55 in mehreren Abschnitten begradigt.“Durch den Einbau des Wehres mit einer acht Meter breiten Floßgasse und einer Absturzhöhe von einem Meter konnte die durch die Verkürzung des Flusslaufes entstandene Erhöhung der Wassergeschwindigkeit wieder ausgeglichen werden (Quelle: Perzel, „Der Main“).
„Durch das Bauwerk wird der freie Zugang zur Natur stark eingeschränkt.“
Peter Fischer, Bayerischer Kanu-Verband