Tak. Taktak. Die Geräusche der luftdruckbetriebenen Klammerpistole gellen durch das Obergeschoss der Fertigungshalle. Taktak. Tak-taktak. Ein Arbeiter spannt sorgsam den leuchtend roten Stoff und das schwarze Kunstleder über den Rohling, aus dem nach und nach die ergonomische Lehne eines Bürostuhles entsteht, tackert ihn Stück um Stück fest. Dabei ist viel Geschick, aber auch einiges an Kraft gefordert. Taktak. Das Rückenteil nimmt Formen an. Der Stuhl ist eine Spezialanfertigung für eine renommierte, deutschlandweit vertretene Möbelhauskette. Was nur wenige wissen: Das Premiumprodukt entsteht in einem kleinen Ortsteil von Redwitz. Die Firma Mayer Sitzmöbel Mannsgereuth zählt vor allem im Bereich Bestuhlung und Barhocker zu den Top-Anbietern der Republik.
„Unsere Firma war schon immer in Mannsgereuth.“ Diplom-Kaufmann Bernd Mayer, seit 1991 Geschäftsführer des familiengeführten Betriebs in fünfter Generation, sagt das mit Stolz. „Das war schon vor 125 Jahren so.“ Sein Ururgroßvater, ein Korbmachermeister, legte im Jahr 1890 den Grundstein für die Erfolgsgeschichte „Made in Mannsgereuth“. Damals wurden im Ein-Mann-Betrieb noch Körbe aus Binsen geflochten, in den Jahren des Zweiten Weltkriegs stellte er den ersten Hocker mit Flechtwerk aus Weidenruten her. Heute sind die Hauptmaterialien Stahlrohr, Stoffe und Leder.
Noch immer handwerklich
Damals wie heute geht es handwerklich zu bei „Mayer Sitzmöbel“. Natürlich erleichtern den rund 65 Mitarbeitern kleinere maschinelle Hilfsmittel die Produktion, doch im Grundsatz ist noch immer Handarbeit gefragt. Der heutige Firmenkomplex wurde ab den 1960-er Jahren Stück für Stück unweit des Dorfbrunnens errichtet. „Damals lag dieses Gelände noch am Ortsrand“, erklärt der Diplom-Kaufmann. Da der Ort ständig gewachsen ist, ist der Hauptteil von „Mayer Sitzmöbel“ heute mitten im Ort.
Da die Lagerkapazitäten für Material und fertige Produkte nicht mehr ausreichten, baute man am Ortsende Richtung Trainau eine große Lagerhalle und mietete weitere in der Umgebung an. Insgesamt umfasst die Firma heute eine Fläche von rund 10000 Quadratmetern.
Schon im Jahr 1933 exportierte die Firma Mayer Artikel nach England und in die USA. Auch wenn das Kerngeschäft immer der deutschsprachige Raum war, so sind „Mayer Sitzmöbel“ in vielen Teilen der Welt gefragt. Vor einigen Jahren wurde zur Abdeckung des osteuropäischen Raums kleine Produktions- und Distributions-Unternehmen in Tschechien (in der Nähe von Ostrau) und der Slowakei gegründet. Sitzmöbel für den eher schmalen Geldbeutel lässt man in Fernost fertigen. Die Premiumartikel jedoch werden nach wie vor in Mannsgereuth handwerklich hergestellt.
Die meisten Mitarbeiter der Firma „Mayer Sitzmöbel“ kommen aus der unmittelbaren Umgebung. „Viele haben nicht mehr als 10 Kilometer zur Arbeit, etliche kommen aus Mannsgereuth oder den umliegenden Orten“, erläutert Bernd Mayer. Und viele von ihnen bleiben dem Unternehmen über Jahrzehnte treu. Erst kürzlich durfte die Geschäftsführung etliche von ihnen im Rahmen einer Feierstunde ehren. Wie zum Beispiel Winfried Mahr, der hier schon lernte und mittlerweile 50 Jahre dabei ist.
Dass seine Firma immer dem kleinen Redwitzer Ortsteil treu blieb, ist für Bernd Mayer eine Selbstverständlichkeit. Er wohnt vis-a-vis, kann von seinem Wohnzimmer aus die Firma sehen – und hat noch nie mit dem Gedanken gespielt, Mannsgereuth den Rücken zu kehren. „Der Standort ist sehr geeignet“, stellt er heraus. „Die relativen Kosten sind hier weit niedriger als in den Ballungsräumen Deutschlands.“ Hinzu komme, dass die Firma schon immer auf individuelle Stühle in unzähligen Varianten gesetzt habe. „Der Kunde hat eine große Auswahl an Stoffen, Farben, Zusatzausstattungen. Durch unsere EDV gesteuerte Organisation wird der einzelne individuelle Stuhl trotzdem in Serien auftragsbezogen und mit kurzer Durchlaufzeit, punktgenau und schnell produziert.“ Probleme mit den Anwohnern aufgrund des Lieferverkehrs gibt es keine: Die großen Laster fahren ausschließlich ans Außenlager im Industriegebiet, zum Hauptsitz innerorts gibt es nur wenig Werksverkehr.
Die Produkte des Unternehmens gibt es in zahlreichen Möbelhäusern und kleinen Fachhandelsgeschäften, auch bei denen mit den großen Namen und roten Riesenstühlen vor der Tür. „Unser Portfolio umfasst zahlreiche moderne Metallmöbel, vor allem Stühle für verschiedenste Einsatzzwecke, wie Bürostühle oder Konferenzstühle, aber auch Stühle für die Küche und Barhocker“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter. „Wir haben etwa 2000 Kunden, 70 Prozent davon in Deutschland, aber auch in Frankreich, Tschechien, Slowakei, Russland, in den Niederlanden, in der Schweiz oder Österreich.“ Selbst in Südkorea, Malaysia oder Dubai schätzt man die Sitzmöbel vom Obermain. Normalerweise sind die Produkte aus Mannsgereuth mit dem Firmenschriftzug gekennzeichnet. „Es gibt aber auch Großkunden, die bei uns bestellen und es dann als eigenes Produkt, als eigene Handelsmarke, verkaufen“, so Bernd Mayer. „Damit dürften einige nicht wissen, worauf sie sitzen.“ Den Geschäftsführer wurmt das ein wenig, doch kann er nichts dagegen machen. Gegen die Marktmacht kommt er in diesem Bereich nicht an, muss es akzeptieren.
Wenngleich Bernd Mayer sich vorgenommen hat, mit seiner eigenen Marke künftig mehr in die Offensive zu gehen. Vor allem mit individuell zusammenstellbaren Kleinserien.
„Mayer Sitzmöbel“ nennt viele europaweit geschützte Designs, ein Patent für einen verstellbaren, mitwachsenden Kinderstuhl und einige geschützte Gebrauchsmuster ihr Eigen. Die Entwürfe für neue Produkte entwickeln die Mannsgereuther in Zusammenarbeit mit Designern aus Deutschland und Italien. Für die ergonomische Öko-Marke „nest nature“, deren Materialien sich zu hundert Prozent recyceln lassen, gab es schon mit den „Green Product Award“.
Enormer Preiskampf
„Der Preiskampf ist enorm im Möbelsektor. Im Stuhlbereich ist er mindestens ebenso riesig.“ Die Mannsgereuther Firma muss sich allem gegen die Konkurrenz aus Polen und Fernost behaupten. Das gelingt ihr nach dem Motto „Sitzen ist Vertrauenssache“: Die Sitzmöbel aus dem Hause Mayer stehen für handwerkliche Qualität und individuelles, innovatives Design. Im Bereich Küchenmobiliar ist „Mayer Sitzmöbel“ einer der Top-Anbieter in Deutschland. „Wichtig ist, dass der Kunde angenehm und ergonomisch sitzt und dass der Stuhl langlebig ist. Darauf kommt es heute an – und billig ist nicht alles“, betont Mayer. „Denn Qualität made in Germany ist für gewisse Verbraucher noch immer wichtig. Vielleicht mehr noch als vor fünf Jahren.“
„Wichtig ist, dass der Kunde angenehm und ergonomisch sitzt und dass der Stuhl langlebig ist.“
Bernd Mayer, Geschäftsführender Gesellschafter