„Wenn wir ins Wasser fallen, würde uns das nichts ausmachen. Das gehört dazu.“ Ralf Hülß freut sich schon auf das erste Augustwochenende 2016, wenn acht Männer auf zwei Floßen alte Zeiten aufleben lassen. Dass die aus Stammtischlern bestehenden „Schwürbitzer Flößer“ nach der diesjährigen Zwangspause in einem knappen Jahr wieder auf dem Main unterwegs sein werden, ist auch Hülß zu verdanken. Er ist einer von drei Neulingen, die sich bereit erklärt haben, sich auf die schwimmenden Stämme zu wagen. Ein weiterer ist sein Sohn Stefan. „Wir wollen die Tradition aufrecht erhalten“, bekräftigt er.
Gestapelte Stämme
Worte, die vor allem Horst Habermann gerne hört. Schließlich fiel die fest geplante Floßfahrt 2015 unfreiwillig ins Wasser, weil ein Teilnehmer-Trio nicht mehr dabei sein wollte. „Aus unterschiedlichen Gründen“, wie er anmerkt. Also blieben die rund sieben Meter langen Stämme unter ihrer Blechabdeckung. In jeweils zwei Teilen aufeinandergestapelt lagern die beiden Floße, die 2012 angefertigt wurden, an einem gut gehüteten Ort.
Für einige Wochen war unklar, ob und wie es weitergehen sollte. „Ganz ehrlich: Ich war skeptisch, ob das noch was wird“, verrät Habermann, der zwar nicht zu den aktiven Flößern gehört, sich aber um die Organisation kümmert. Er meint damit auch seinen Zeitungsbericht über den Ausfall der Floßfahrt, den er Ende Juli verfasste. Darin warb er um neue Interessenten – ohne große Hoffnung, wie er zugibt.
Doch Vater und Sohn Hülß meldeten sich, dazu noch ein Kumpel von Stefan, Thomas Mahr. Damit waren die drei Ausfälle kompensiert, die Planungen für das kommende Jahr können beginnen. Denn die Besatzung für die Floß-Doppel ist vergleichsweise gering. Pro Gefährt werden vier Mann benötigt, die das Floß vorwärts bewegen, indem sie sich mit langen Stangen vom Flussboden abstoßen. Die etwa acht Kilometer lange Strecke, für die ungefähr ein halber Tag eingeplant werden muss, steht schon fest. Start ist im Altenkunstadter Gemeindeteil Trebitzmühle, Ende an der Schwürbitzer Mainbrücke.
Da das Wehr in Hochstadt nicht überwunden werden kann, müssen die Stämme mit einem Traktor aus dem Main geholt und eine kurzes Stück zu Land transportiert werden. Gut, dass „Flößer“ Harald „Loh“ Friedrich einen entsprechenden Fuhrpark hat.
Genau genommen kommt es 2016 schon zur zweiten Wiederbelebung des Brauchs. Bereits 1982 setzten die Stammtischbrüder des Gasthofs „Bremser“ die Idee in die Tat um, mit einer feucht-fröhlichen Fahrt an die Vergangenheit des Dorfs als beliebter Flößer-Halt zu erinnern.
„Wenn wir ins Wasser fallen, würde uns das nichts ausmachen. Das gehört dazu.“
Ralf Hülß, „Flößer“-Neuling
Bis in die 1990-er Jahre hinein wurde das Spektakel alljährlich wiederholt, bis das nötige Personal fehlte. 2012 kam es zu einer Neuauflage, die in den vergangenen beiden Jahren fortgesetzt wurde. Von der „Floß-Pionieren“ von vor über drei Jahrzehnten ist heute niemand mehr dabei, Wilfried Kraus ist der einzig Verbliebene, der schon in den 90-ern auf den rutschigen Stämmen stand.
Im Mittelpunkt steht neben der Gaudi der Wille, längst vergangene Zeiten nicht komplett in Vergessenheit geraten zu lassen. Zeiten, in denen die Flößerei Beruf und Lebensgefühl war. Als für Lieferungen vom Frankenwald über Main, Rhein und Niederrhein bis nach Rotterdam in Holland gefahren wurde.
Zusammenfluss von Main und Rodach
Schwürbitz hatte damals eine besondere Bedeutung. Kurz nach dem Zusammenfluss von Main und Rodach gelegen, bot es den aus zwei Richtungen kommenden Flößern, die unter anderem von Steinwiesen, Wallenfels und Unterrodach aufgebrochen waren, die erste große Zwischenstation.
An der „Waage“ genannten Stelle unterhalb der Mühle wurden neue Floße zusammengestellt, Verladegut ausgetauscht und Mannschaftswechsel vorgenommen. Da dies stets mit einer zünftigen Einkehr verbunden war, entstanden damals mehrere Gastwirtschaften in Schwürbitz.
Weitere „Flößer“ willkommen
Auch wenn die Mindestbesatzung für die Floßfahrt 2016 steht, ist der Stammtisch offen für weitere Teilnehmer. Ansprechpartner ist Horst Habermann, für Anfang Oktober ist eine Vorbesprechung im Gasthaus „Bremser“ geplant.