Was heute eine Selbstverständlichkeit ist, wäre noch vor über 25 Jahren undenkbar gewesen. Am „Tag der Deutschen Einheit“ trafen sich Bogenschützen aus Ost- und Westdeutschland beim sechsten 3D-Bogenturnier „Am Herberg“. Ausrichter war die Königlich Privilegierte Scharfschützengesellschaft Lichtenfels, die zum Jubiläum „25 Jahre Deutsche Einheit“ natürlich die Bogenschützen aus der ehemaligen DDR besonders willkommen hieß.
Der Bogensport, insbesondere wenn es um den 3D-Bogensport geht, bei dem in freier Natur auf Tierattrappen angelegt wird, gehört in den neuen Bundesländern zu den jüngeren Sportdisziplinen. Zwar reichen die Anfänge des Bogenschießens in der ehemaligen DDR bis in die 1960-er Jahre zurück, doch der Bogensport war zunächst wenig populär und es gab nur vereinzelte Sektionen in der DDR.
Tilo Barth, einer der Teilnehmer am jüngsten Lichtenfelser Turnier, kommt vom Bogenschützenverein Mengersgereuth-Hämmern. Der Verein wurde erst vor zehn Jahren gegründet. Er ging aus dem Jagd- und Musikverein hervor. Barth war einer der sieben Gründungsmitglieder. „Wir probieren halt mal Bogenschießen“, hieß es damals. Inzwischen sind es 40 Mitglieder.
Erste Kontakte
Schon ein Jahr nach der Vereinsgründung kam es zu den ersten Kontakten zu 3D-Bogensportgruppen im Westen. Seitdem nehmen die Mengersgereuther regelmäßig an Turnieren sowohl im Osten als auch im Westen teil. Natürlich veranstaltet der Verein jedes Jahr auch ein eigenes Turnier, an dem stets auch Mannschaften aus den alten Bundesländern teilnehmen. Nur ungern erinnern sich die Bogenfreunde aus dem Osten an die Zeit vor der Wende zurück. Als die Mauer fiel, war Tilo Barth 22 Jahre alt. Er hat die zahlreichen Einschränkungen noch am eigenen Leib miterlebt. „Von Mengersgereuth im Süden Thüringens nach Meilschnitz im Norden Bayerns sind es etwa sechs bis sieben Kilometer, aber man hatte keine Chance da hinzukommen“, erinnert er sich. „Wenn man draußen irgendwo entlang lief, kam gleich der Grenzschutz und hat kontrolliert. Um als Sachse nach Sonneberg im Süden Thüringens zu kommen, brauchte man einen Passierschein! Und während die Westdeutschen von einem erhöhten Punkt aus in den Osten blicken konnten, riskierte man im Osten erschossen zu werden, wenn man das Gleiche tat.“ Verständlich, dass man sofort nach der Grenzöffnung zum ersten Trip in den Westen nach Neustadt aufbrach. „Das war schön. Und jetzt ist alles offen und freier.“
Lob für den Veranstalter
Super fand er auch das Lichtenfelser Turnier. „Es waren zwar ein bisschen kleine Tiere. Die waren ein bisschen verhungert und ein wenig weit weg. Aber es hat gepasst.“ Dabei hatte er 13 „Kills“, wie die Treffer ins Zentrum bei den Bogenschützen genannt werden.
Großes Lob zollten auch die übrigen Teilnehmer der Örtlichkeit und dem Veranstalter. Doch das lag wohl auch am traumhaft schönen Wetter, das den Streifzug mit Pfeil und Bogen zu einem einzigartigen Naturerlebnis werden ließ.
Kein Wunder, dass die Königlich Privilegierten regelrecht „überrollt“ wurden. „Mit über 200 Bogenschützen hatten wir nicht gerechnet,“ bekannte freimütig Günter Schuhmann als Hauptverantwortlicher. Deshalb will man im kommenden Jahr die Teilnehmerzahl auf 180 begrenzen, zuzüglich einiger weniger Nachrücker.
Während am Samstag das offene Turnier mit Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet abgehalten wurde, veranstalteten die Bogenschützen der Königlich Privilegierten Scharfschützengesellschaft am Sonntag ihre vereinsinterne Meisterschaft.
Vandalismus
Leider hatte das Turnier auch eine weniger schöne Seite. So wurde die Hirschattrappe, die frei auf einer Wiese am Wald aufgestellt war, mutwillig von Unbekannten schwer beschädigt. Deshalb stand das Tier während des Turniers ohne Kopf da. Eine Anzeige bei der Polizei war die logische Folge. Auch kommt es leider immer wieder vor, dass von Wanderern und Joggern die farbigen Markierungsbänder entfernt werden, die auf die einzelnen Ziele hinweisen.
Einige der Lichtenfelser Bogenschützen nehmen sich extra Urlaub, um eine derartige Veranstaltung nach Lichtenfels zu holen, ganz abgesehen davon dass das Entfernen der rot-weißen Bänder auch eine Gefährdung darstellt.