Die Zuschauer haben sich vergangenen Samstag ein bisschen verliebt in Klaus Karl Kraus. Hat der Erlanger Kabarettist sie doch im Stadtschloss so charmant zum Lachen gebracht. Als vorweihnachtliche Herzlichkeit könnte man die Stimmung im Saal beschreiben. Und über das Weihnachten von heute und gestern sinnierte Kraus in seinem Programm „Schrille Nacht – Eilige Nacht“ – oft befreiend komisch, aber auch mit tiefergehender persönlicher Botschaft. „Die Gags muss ich nimmer schreiben, die schreibt das Leben“, so der Kabarettist über sein Programm. Er muss sich nur umschauen, da entdeckt er schon Geschichten, zum Beispiel im Wald bei den Nordic-Walking-Damen oder im Katalog für Modelleisenbahnen. Da gibt es nämlich einen Bausatz „Brennendes Finanzamt Haßfurt“ und einen Nachtclub „Lila Eule‘“ mit dem Vermerk: „Prostituierte im Maßstab 1:84 können mitgeliefert werden.“
In der Vorweihnachtszeit schaut sich Kraus genauer um. Dieses Jahr hat er den ersten „Schokoladenhohlkörper“ schon am 31. Juli gesichtet. Da ging sie für manche schon los, die Vorweihnachtszeit, immer „frühererer“ eben. Das Weihnachten heute betrachtete er mit Sorge. „Es geht doch nur noch darum, dass du Mordstrümmer herschenkst“, klagte er.
„Es geht doch nur noch darum, dass du Mordstrümmer herschenkst.“
Klaus Karl Kraus, Kabarettist
So Trümmer wie Schränke aus Tirol, Fernsehsessel oder Laubbläser, mit dem der Nachbar noch die Tage nach Weihnachten beschäftigt ist, die letzten drei Blätter durch den Garten zu jagen. „Der Volldepp!“ Kraus formuliert sein Anliegen singend: „Lieber Zeit schenken!“ Fast schon gleichnishaft erzählte er eine Episode von sich und seinem Sohn, der ihm über 2800 Lieder heruntergeladen hat. So viele? „Sie seien nicht zum Hören, sondern zum Haben.“
Und früher? Da war alles ein wenig anders. „Mei Mutter war a natürlicher Feind“, sagte Kraus. Und schlimmer: „Mei Mutter war immer daheim. Des war a Dreck!“ Damals waren die Alten noch zuhause, die Omi gehörte zu Weihnachten wie die Krippe und der Baum. Wobei ein Altenheim auch etwas für sich hätte: „Du musst es ins Altersheim schaffen. Da sind 15 Weiber und ein Otto!“
Alles ein wenig anders
Denn Frauen leben ja bekanntlich länger, was im Übrigen am Verzicht auf Rasenmähen läge. „Mir müssten mal den Rasen mähen“ heißt es nämlich beim Gehorsamstest für den Ehemann. Dass man das fränkische „Mir“ mit „Du“ gleichsetzen muss, habe Kraus in dem Moment begriffen, als sein Lehrer sagte: „Mir basteln eine Laterne.“
Er ließ das Publikum teilhaben an seinen Kindheitserinnerungen, besondere Höhepunkte dabei der abenteuerliche Sankt-Martins-Umzug und der legendäre Gang seiner Familie zur Christmette: der Vater verkündete immer wieder angesäuselt „Ich geh net zur Mette“ und wäre am liebsten zu den „Evangelischen“ konvertiert, weil die schon fertig waren; die Mutter hat „alles angezogen, was das Christkindla bracht hat“ (was an einem besonders warmen Heiligen Abend in einem Kollaps endete); und die Oma brummelte vor sich hin: „Den hättest du net heiraten sollen.“
„Ich geh net zur Mette“
Die Oma schummelte beim weihnachtlichen Mensch-ärgere-dich nicht, aber wehe, wenn man das erwähnte, das Überstreifen der Nylonstrumpfhose über Mutters Bein stand einem höfischen Protokoll in nichts nach und dann schließlich: der Punsch. Für Punschgeschädigte blieben extra Reihen in der Mette frei. Das Publikum brüllte vor Lachen, als Kraus deren „Gespräch“ nachstellte.
Kraus war sehr froh, dass die Lichtenfelser ihn so gut verstanden und er anders als in Oberbayern das Fränkische nicht ständig übersetzen musste. Und er liebt sie sehr, diese Eigenheiten fränkischer Wörter wie „zullen“ oder „abgebauscht“ oder „Sternspeier“. Kraus vermutet, dass in der örtlichen Zeitung etwas darüber stehen würde, „wie sehr die Franken aus sich rausgehen“. Das würden die Leute dann kaum glauben können. Nicht schwer zu glauben, wenn man dabei war.