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COBURG/LICHTENFELS: „Man riecht nichts, man sieht nichts“

COBURG/LICHTENFELS

„Man riecht nichts, man sieht nichts“

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    Temperaturen über 1000 Grad: Die erste Brennkammer des Krematoriums in Coburg.
    Temperaturen über 1000 Grad: Die erste Brennkammer des Krematoriums in Coburg. Foto: Denise Burkhardt

    Der November nähert sich dem Ende. Es ist traditionell der Trauermonat. Es wird auch der Toten ausdrücklich gedacht. Früher war das Erdbegräbnis der Normallfall. Das hat sich geändert. Immer mehr Menschen lassen sich verbrennen.

    Die alte Trauerhalle und die Urnenhalle auf dem Coburger Friedhof, beide 1907 gebaut, erinnern bei weitem nicht an ein Krematorium. Es ist eine friedvolle, parkähnliche Atmosphäre mit den hohen Bäumen ringsum. Hinter der Urnenhalle gibt der Schlot den einzigen Hinweis auf das Krematorium, das sich unter der Urnenhalle befindet.

    Die meisten Verstorbenen aus dem Landkreis Lichtenfels werden dort eingeäschert. Das Einzugsgebiet reicht allerdings von Kronach bis Erlangen, so Michael Beutel, der Leiter der Friedhofsverwaltung. Etwa zehn Verstorbene werden in Coburg am Tag eingeäschert, an die 3000 werden es am Ende dieses Jahres sein.

    „Am Anfang des Verbrennungsprozesses gibt es eine hohe Rauchentwicklung im Sarg.“

    Robert Beetz, Krematoriumstechniker

    Ein Bestatter fährt mit seinem Wagen zwischen den beiden Gebäuden zum Neubau, wo er vor der Eingangstüre des Krematoriums hält. Auf einem Scherenwagen wird ein Sarg ins Gebäude geschoben, wo er in den Aufzug gestellt wird, der ihn einen Stock tiefer bringt. Zur Rechten des Aufzugs liegen die Kühlkammern, wo der Sarg vor der Einäscherung in einem großen Gemeinschaftsraum untergebracht wird. Links neben dem Aufzug befindet sich der Umbettraum mit einem Sektionstisch für rituelle Waschungen oder polizeiliche Untersuchungen.

    Es riecht nach Desinfektionsmittel. Ein langer unterirdischer Gang führt ins Krematorium unter der Urnenhalle. Die Wärme schlägt einem entgegen, wenn man aus der 5 bis 6 Grad kalten Kühlkammer kommt und das Krematorium betritt. Die Luft riecht trotz der Nähe zur Brennkammer normal.

    Krematoriumstechniker ist Robert Beetz. Er überwacht die Einäscherung am Computer, sitzt wenige Meter von der Brennkammer entfernt. Er verschiebt den Sargdeckel um wenige Zentimeter. „Am Anfang des Verbrennungsprozesses gibt es eine hohe Rauchentwicklung im Sarg“, erklärt er. Mit geöffnetem Deckel verteile sich der Rauch besser. Der Körper der Verstorbenen bleibe etwa eine Stunde in jeder der zwei Brennkammern, anschließend kühle die Asche 30 bis 45 Minuten ab. Drei Leichname befänden sich gleichzeitig in diesem System. „Sie sind aber durch die Drehplatten getrennt“, betont Beetz. So könnten sich die Aschen keinesfalls mischen.

    Das Holz des Sarges verwandele sich bereits im ersten Brennvorgang in Flugasche und wird an der Seite abgesaugt. Beetz‘ Computer zeigt die Temperaturen an: Über 800 Grad im ersten Ofen, die Abgastemperatur übersteigt sogar 950 Grad. „Sie kann auch auf bis zu 1200 Grad steigen“, so Beetz weiter. Wie hoch die Temperaturen werden, hänge von vielem ab, dem Material des Sarges, der Ausstattung – und dem Körper. Der Körper einer Frau erzeuge zum Beispiel höhere Temperaturen als der eines Mannes.

    Kein schwarzer Rauch mehr

    Die Gase werden gefiltert und abgekühlt, bevor sie durch den Schlot entweichen. Die Zeiten, in denen schwarzer Rauch aus dem Schornstein aufstieg, sind vorbei.

    Die Kohle, die zum Heizen verwendet wurde, färbte früher den Rauch schwarz, erklärt Beetz. Durch moderne Technik ist heute nichts am Schornstein zu sehen. „Man riecht nichts“, sagt Beetz. Und Beutel fügt hinzu: „Man sieht nichts.“

    Ein Stockwerk tiefer entnimmt Beetz dann die Asche. In einer großen Schublade liegen die hellen Knochenteile, zum Teil noch handtellergroß. Ein Wirbel ist zu erkennen. Mit einem Magnet entfernt Beetz die Sargnägel, außerdem werden medizinische Implantate aussortiert. In einem Eimer werden sie gesammelt, die verkohlten Hüftgelenks- und Knieprothesen. Anschließend zerkleinert die Aschemühle die Überreste des Verstorbenen. Man hört ein Prasseln, als die Maschine anläuft. Darauf folgt ein Geräusch, das klingt, als würden Bauklötze durcheinandergewürfelt.

    Im Prinzip funktioniere die Maschine auch wie eine Waschtrommel mit starken Metallstiften, so Beetz. Nach zwei bis drei Minuten rieselt unten die Asche in eine Urne. Wie Gries sieht sie aus, sandfarben, teilweise so fein wie Staub. Die Urne wird mit einem Weißblech-Deckel verschlossen, auf dem auch die wichtigsten Daten festgehalten sind. Dann wird sie verpackt und in einem der großen Schließfächer deponiert. Jeder Bestatter, mit dem das Krematorium zusammenarbeitet, hat dort ein Schließfach, wo er die Urnen jederzeit abholen kann.

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