Zu den „urigsten“ Biersorten, die es auf dem heimischen Markt gibt, gehört zweifelsohne das Rauchbier. Aber anders als das Steinbier aus dem ersten Teil dieser Serie, spaltet so ein Rauchbier die Biertrinker in zwei Lager. Die einen lieben es, die anderen kriegen es kaum runter. Und auch das Versprechen, ab dem dritten Seidla schmecke es so richtig, kann sie nicht überzeugen. Aber alle haben etwas gemeinsam: Beim Begriff „Rauchbier“ denken alle sofort an das berühmte Bamberger Schlenkerla. Das mag zwar das bekannteste fränkische Rauchbier sein, es ist aber beileibe nicht das einzige. Zwischen Hof und der Rhön gibt es locker 50 verschiedene Rauchbiere.
Und wer glaubt, sie alle würden gleich schmecken, der sollte mal einen Vergleichstest mit Rauchbieren unterschiedlicher Brauereien machen. Ihr Aroma erhalten Rauchbiere übrigens nicht in der Brauerei, wie viele glauben, sondern „einen Schritt früher“ in der Mälzerei. Um nämlich überhaupt brauen zu können, muss aus dem Braugetreide, meist Gerste, aber auch Weizen oder Roggen zum Beispiel, erst mal Malz gemacht werden. Dazu wird das Getreide mit Wasser eingeweicht und die Körner zum Keimen gebracht. Während das Korn keimt, werden Enzyme gebildet, ohne die beim Brauen der für die Vergärung wichtige Malzzucker nicht entstehen könnte.
Malz „darrt“ im Rauch
Spitzt der erste, zarte Pflanzenspross aus dem Korn, wird das Grünmalz, so heißt es jetzt, in der Darre getrocknet – in vorindustrieller Zeit geschah das in der Regel mittels offenem Feuer. Das Malz „darrte“ im Rauch und nahm wie der der Schinken im Räucherofen das charakteristische Aroma an. Wahrscheinlich hatten früher alle Biere eine mehr oder minder deutliche Rauchnote. Mit der Industrialisierung der Mälzereien und Brauereien hat sich das allerdings drastisch verändert.
Seit 1807 verwendet man in Deutschland Heißluftdarren, bei denen sich die Temperatur besser steuern lässt und kein Rauch mehr durchs Malz geleitet wird. Erst diese Technik sowie die Kältemaschine und bessere Filtrationsmöglichkeiten machten das helle, hopfenbetonte Bier nach Pilsner Brauart möglich, das schnell immer mehr Liebhaber im ganzen Land fand. Das Pils galt als modern.
So ein Bier Pilsner Brauart ist auch das Aushängeschild der Brauerei Wichert in Lichtenfels/Oberwallenstadt. 1863 gründete Nikolaus Pabst die Brauerei an der Alten Reichsstraße, die 1920 zusammen mit dem Gasthof an den Brauer Wolfgang Fischer überging. Über Einheirat wechselte sie zum heutigen Namen „Brauerei Wichert“.
Unerwartetes Aroma
Beliebt ist der Brauereigasthof vor allem wegen des Wichert Edel Pils. Das ist mit seinem spritzigen Körper, seinem schönen Hopfenaroma und seiner ausgewogenen Bittere ein richtig gutes, fränkisches Pils. Aber Pilsner Biere gibt es von fast jeder Brauerei, rauchige Biere sind dagegen echte Spezialitäten, die es in dieser Vielfalt nur noch in Franken gibt. Deshalb ist mein Tipp bei der Brauerei Wichert das dunkle Kellerbier. Unter den fränkischen Rauchbieren ist es sogar mein „Geheimtipp“ – und das in zweierlei Hinsicht: Zum einen ist die Brauerei zwar im Raum Lichtenfels und Coburg durchaus bekannt und beliebt, aber schon ein wenig weiter weg sagt der Name Wichert vielen Bierfreunden leider kaum mehr etwas. Zum anderen steht auf der Flasche nur „Wichert Dunkel“, kein Hinweis auf die ordentliche Schippe Rauchmalz, die beim Brauen den Weg in den Maischebottich gefunden hat. Andere Brauereien warnen einen auf dem Etikett deutlich, dass in der Flasche ein rauchiger Inhalt wartet. Beim Wichert Dunkel kann es durchaus mal passieren, dass sich ahnungslose Käufer ob des unerwarteten Aromas verwundert die Augen reiben.
Dunkel heißt im Falle des Wichert Dunkel übrigens eher Bernstein-Braun. Schnuppert man an der Schaumkrone, hat man schon dieses buchenrauchtypische Aroma in der Nase. Aber keine Sorge: „Erschlagen“ wird niemand von dem Rauchgeschmack dieses Bieres. Im Gegenteil: Beim Aroma hat man genau die richtige Mischung aus Raucharomen, Karamelltönen, Malzkörper und unterschwelliger Süße gefunden. Gerade, weil es im Vergleich zu den vielen anderen Rauchbieren nicht zu dominant rauchig schmeckt, gehört es mit zu meinen Lieblingsrauchbieren.
Und es kommt wohl dem am nächsten, wie man sich ein typisches oberfränkisches Bier vor 200 Jahren vorstellen müsste: braun, malzig, leicht rauchig und mit nicht zu viel Kohlensäure.
Im nächsten Teil der Serie kommt Farbe ins Spiel, es gibt schließlich mehr Nuancen als nur gelb, braun und schwarz. Bis demnächst auf ein Bier in …