Die Sanierung des historischen Rathauses in Lichtenfels entpuppt sich als Überraschungspaket. Erst bei der Freilegung der Deckenbalken wurde das ganze Ausmaß der Schädigungen am Dachstuhl deutlich. Ulrich Sünkel, zuständig für den Hochbau der Bauverwaltung, macht Feuchtigkeit und eine Pilzkrankheit dafür verantwortlich. Mit eigenen Augen konnten sich die Mitglieder des Bau- und Hauptausschusses vor den Sitzungen am Dienstag und Mittwoch davon überzeugen.
Zwei Millionen Euro Kosten ?
Die Kosten von angenommenen 700 000 Euro für die Dachsanierung würden erheblich überschritten, befürchtet Sünkel. Insgesamt müsse man jetzt mit mehr als zwei Millionen Euro Sanierungskosten rechnen. Trotz der zusätzlichen Zimmermannsarbeiten hofft der Diplomingenieur, dass die Sanierung bis zum Korbmarkt im September abgeschlossen ist.
Im ersten Stock des Gebäudes hat eine Völkerwanderung begonnen. Da sich kein Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen in einem Raum aufhalten darf, über dem gearbeitet wird, müssen sie oft die Zimmer wechseln und Akten hin- und hertragen. Der Geschäftsbetrieb müsse weiterlaufen, sagt Bürgermeister Andreas Hügerich. Die Verwaltung während der Bauzeit zu evakuieren, wäre sehr teuer geworden, abgesehen davon, Stünden auch keine geeigneten Räume zur Verfügung. Im Eingang zur ehemaligen Rentenberatungsstelle ist die Tür des Aufzuges, der für die Barrierefreiheit erforderlich wird. Es sei einmalig, dass in einem historischen Gebäude ein Fahrstuhlschacht eingebaut werden könne, ohne es zu „verschandeln“, erläutert Sünkel. Gleich neben der Tür haben fürsorgliche Verwaltungsangestellte für die Männer und Frauen vom Bauhof eine Kaffeebar aufgebaut. Auf dem Dachboden schlägt der Besichtigungsgruppe Baulärm entgegen. Hier wird gehämmert, gesägt und gebohrt. Bauschutt wird in die Rutsche gekippt. Alles ist mit Planen verhangen, damit es nicht so lärmt und staubt. „Die gesamte Decke hängt am Dach“, erklärt Sünkel und weist auf die maroden Deckenbalken hin, die jetzt wieder tragfähig gemacht werden. Nur die maroden Teile werden ausgewechselt. Er zeigt eine Zeichnung, die vor Freilegung der Balken angefertigt wurde. Da sind nur wenige Stellen markiert. Die neue Zeichnung weist rundum beschädigte Balken auf. Wie ein Lattenzaun reihen sich die schadhaften Stellen aneinander.
Komplizierte Handwerkstechnik
Zimmermann Matthias Müller vom Denkmalbau aus Ettersburg im Norden des Kreises Weimarer Land hält einen morschen Eichenbalken hoch. Deutlich sind die Spuren der Zerstörung zu sehen. Das neue Holz „schuht“ er mit seinen Handwerkskollegen an den gesunden Balken an und verbindet es mit Stahldübeln, so, als ob der Balken aus einem Stück besteht. In dieser komplizierten Handwerkstechnik geht es weiter, rund um das gesamte Rathausdach. Vornehmlich sind die Kopfbalken durch Feuchtigkeit in Mitleidenschaft gezogen worden.
Ein großer Vorteil ist die Einhausung des gesamten Dachstuhls. „Die Bauarbeiten können den ganzen Winter über fortgesetzt werden“, erläutert Ulrich Sünkel. Außerdem habe sich das bei der Ausschreibung finanziell positiv ausgewirkt, da die Baufirmen in dieser Zeit wenig zu tun haben. Er weist auf verschiedene Reparaturen hin, die in den vergangenen Jahren ausgeführt wurden. „So ganz perfekt ist das nicht gewesen“, untertreibt er. Da wurden Zugbalken ohne ersichtlichen Grund getrennt und die Wurzel des Übels zu beseitigen, sei nicht erkennbar. Wie lange denn die Reparatur halten wird, fragt einer der Stadträte. Die Antwort: „Für die Ewigkeit“.