Wer ständig den Auswirkungen von Straßenverkehr ausgesetzt ist, läuft Gefahr, dadurch richtig krank zu werden. Außerdem leidet die Lebensqualität in nicht unerheblichem Maß. Das stellte Dr. Gernot Habich, früher Chefarzt für Lungenheilkunde und Atemwegserkrankungen am Bezirksklinikum Kutzenberg, bei seinem Vortrag in der Katzogelhalle heraus. Eingeladen hatte dazu der Bund Naturschutz.
Bezug nehmend auf die vorliegenden Varianten der geplanten B 173-neu forderte Dr. Habich deshalb, die zu erwartende Umweltbelastung für Mensch und Natur sorgfältig zu analysieren. Es gelte, die Risiken zu betrachten, wer qualitativ und wer quantitativ in welcher Intensität durch die Umfahrung belastet werde. Der Mediziner verwies in diesem Zusammenhang auf eine Studie der Schweizer Universität Bern.
„Es ist die Langzeitbelastung, die unser Gesundheitsrisiko bestimmt!“
Dr. Gernot Habich, Facharzt für Lungenheilkunde
Demnach haben kleine Kinder, die in der Nähe von Autobahnen wohnen, aufgrund bestimmter Schadstoffe aus Autoabgasen ein erhöhtes Leukämierisiko. Das Forscherteam untersuchte Kinder verschiedener Altersgruppen, die zwischen unter 100 bis über 500 Metern entfernt leben. Ein signifikant höheres Krebsrisiko war bei Kindern von null bis vier Jahren bei der ersten Distanzkategorie zu verzeichnen. Meist reagiere das Immunsystem der Lunge auf eingeatmete Schadstoffe mit einer Entzündung der Bronchien oder Lungenbläschen, führte Dr. Habich aus. Manche Luftschadstoffe gelangten über die Lunge aber auch direkt ins Blut und in das Nervensystem und führten dort schädliche Reaktionen aus. Zu den wichtigsten Luftschadstoffen zählen neben Ozon, Feinstaub und zahlreichen Kohlenwasserstoffverbindungen (wie etwa Benzol) auch die Gruppe der Stickoxide (NOx). Je nach NOx-Konzentration steige auch das Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen. Gibt es andere Risikofaktoren oder sind Erkrankungen schon vorhanden, sei die gesundheitliche Belastung um so höher, besonders bei älteren Menschen. „Es ist die Langzeitbelastung, die unser Gesundheitsrisiko bestimmt!“, mahnte der Referent.
Im zweiten Teil seines Vortrags beschäftigte sich Dr. Gernot Habich mit dem Straßenverkehrslärm, der in Deutschland mit Abstand die Hauptlärmquelle sei. Zahlreiche medizinische Untersuchungen belegten den schädlichen Einfluss übermäßigen und länger einwirkenden Lärms.
„Lärm verzögert das Einschlafen, vermindert die Tief- und Traumschlafphasen, ohne dass diese bewusst erlebt werden, Lärm kann unbemerkt im Schlaf auch Blutdruckerhöhung auslösen“, warnte der Experte. „Das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, ist an stark befahrenen Straßen um drei bis fünf Prozent höher.“ Schlaf sei gerade für die Entwicklung von Kindern wichtig, um etwa Erlerntes abzuspeichern oder tagsüber Erlebtes positiv zu verarbeiten.
Dies alles werde bei den offiziellen Lärmberechnungen und daraus resultierenden gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutzmaßnahmen viel zu wenig berücksichtigt, meinte Habich. Die Richt- und Grenzwerte stammten mit einigen geringfügigen Änderungen aus dem Jahr 1974 und berücksichtigten nur unzureichend die physiologische Belastung des Menschen.
BN für die Variante „Mitte“
Bund-Naturschutz-Kreisvorsitzender Anton Reinhardt nahm die Gelegenheit wahr, für die Variante „Mitte“ der B 173-neu mit maximal 2+1-Querschnitt zu plädieren. Die Variante reiche völlig aus, um den vorhandenen und prognostizierten Verkehr zu bewältigen, wäre flächenschonender und kostensparender und bedeute weniger Lärm und Schadstoffbelastung für die Bürger. Reinhardt animierte, dass die Bürger bis 2. Mai auch gegenüber dem Bundesverkehrsministerium schriftliche Einwände zum neuen Bundesverkehrswegeplanentwurf 2030 (BVWG) vorbringen sollten.
Dr. Elisabeth Hoffmann, die Kronacher BN-Kreisvorsitzende, bestärkte ihn in seinem Appell. Sie warnte vor den Folgen eines überzogenen Straßenbaus.
Allgemein forderte der Bund Naturschutz, so Reinhardt, unnötige Fahrten zu vermeiden, den Autoverkehr auf umweltfreundliche Verkehrsmittel wie Zug oder öffentlicher Nahverkehr zu verlagern oder auch Fahrgemeinschaften zu bilden oder Anrufsammeltaxen anzubieten. Ebenso, auf mit erneuerbaren Energien betriebene Elektroautos, E-Bikes und Fahrräder für Strecken unter sechs Kilometer zu setzen. Diese machten noch immer 50 Prozent aller Autofahrten aus.
Hoffnungsvoll stimme den BN-Kreisvorsitzenden, dass der Landkreis mit dem Beitritt zum Verkehrsverbund Großraum Nürnberg die Verbesserung des ÖPNV-Angebots eingeleitet habe. Reinhardt forderte eine Änderung der ländlichen Siedlungspolitik und Infrastrukturplanung: „Wir müssen uns dafür einsetzen, dass Dorf-und Stadtteilbewohner Kindergärten, Schulen, Lebensmittelläden oder Ärzte auch ohne eigenes Auto sicher und kostengünstig erreichen können.“