Göttin, Ikone der Avantgarde, stilvollendeter Minimalismus: Was gibt es nicht alles vom Citroën DS zu hören? Sicher ist, der Citroën DS ist eine Legende aus französischer Stahlschmiede. Und Rainer Taubert würde sicherlich keinem der schmückenden Titel widersprechen.
Für den überzeugten Europäer ist der Klassiker auf vier Rädern aber auch ein Mutmacher, ein Tröster. Das gemeinsame Europa erlebt derzeit schwere Stunden. Rückschritt statt Fortschritt, national-staatliche Egoismen statt kontinentaler Solidarität. Überzeugungseuropäer Taubert, das ist nicht übertrieben, schmerzt das.
Ein Griff an das Lenkrad, ein Blick über das schlichte Armaturenbrett auf die Straße tröstet den 62-Jährigen ein wenig. „Als die DS gebaut wurde, da glaubten alle: Es wird nur noch besser“, sagt der Rechtsanwalt und Chef der heimischen Europa Union. Die DS war dynamisch, wie die stetig wachsende Zahl der Europa-Enthusiasten
Daran gibt es keinen Zweifel: Die Ingenieure und Designer der DS haben mit der Limousine wirklich ein Bekenntnis zur Zukunft auf die Räder gestellt. Angefangen von der Technik. Das erste Serienauto mit einem zentralen hydraulisches Federungssystem, es ist die DS.
„Am Schönsten ist es, wenn ich sehe, wie sich die Passanten freuen, wenn ich mit der DS an ihnen vorbeifahre.“
Rainer Taubert, Oldtimer-Fan
Die Hydropneumatik sorgt noch immer für ein Lächeln im Gesicht des Lichtenfelser Rechtsanwalts, wenn sie sichtbar arbeitet. Der ganze Wagen nach oben oder unten sinkt. Vom Kurvenlicht, die eine technische Revolution bedeutete, ganz zu schweigen.
Als 1955 die erste DS vom Band lief, klafften in den europäischen Städten immer noch trostlose Lücken in den Häuserzeilen, erinnerten Ruinen an den Krieg. Die DS, schnörkellos und aeorodynamisch, kündete von einer Zukunft, die licht und ohne alten Ballast sein sollte. „Die DS war ihrer Zeit in allem voraus“, sagt Taubert nicht ohne Stolz. Über die Unzulänglichkeiten der Gegenwart schwebt sie förmlich hinweg: Wo in anderen Autos unebenes Kopfsteinpflaster Fahrerzähne zum Klappern brachte, schien die DS dank ihrer Hydraulik förmlich über die Straßen zu fliegen.
1994 kaufte sich Taubert den Wagen, Baujahr 1969. Ein altes Ehepaar hatte ihn vorher über die Boulevards von Paris gesteuert: 80 000 Kilometer weit. Jetzt beförderte die Französin die Familie Taubert über fränkische Straßen. „Meine Kinder haben sich damals immer gefühlt, als würden sie im Flugzeug sitzen. Selbst der Sicherheitsgurt sieht aus wie im Flieger“, lacht Taubert. Die DS ist längst ein Familienmitglied der Tauberts geworden, ein geliebter Erinnerungsträger. Eine wertgeschätzte Zeitzeugin, wie es Taubert erklärt. Denn es ist nicht die Lust am Schrauben, die den 62-Jährigen zum Oldtimerbesitzer gemacht hat. Eher der Wunsch nach einer kleinen Zeitreise im Alltag und natürlich der Respekt vor einer gewagten Ingenieurleistung vergangener Tage. „Am Schönsten ist es, wenn ich sehe, wie sich die Passanten freuen, wenn ich mit der DS an ihnen vorbeifahre“, meint Taubert. Nicht selten gibt es dann eine wellenartige Armbewegung zum Gruß. „Wer sich mit Straßenveteranen auskennt, der weiss natürlich von der DS-Hydraulik“, fügt er hinzu.
Natürlich braucht eine ältere Dame wie die DS ab und an einen Werkstattbesuch. „Doch wenn man sie ordentlich pflegt, ist sie eine zuverlässige Begleiterin“, sagt Taubert. Und wünscht sich, dass es derzeit mit Europa auch so einfach wäre. Aber zum Trost: „Wahre Schönheit vergeht nicht“. Wer beweist das besser, als die DS, die ausgesprochen im Französischen klingt wie „La Déesse » (deutsch: „Die Göttin“).
Oldtimer-Freunde
Am Obermain gibt es zahlreiche stolze Oldtimer-Besitzer. So gibt es 287 LIF-Kennzeichen und 48 STE-Kennzeichen für historische Fahrzeuge. Mit dem Frühjahr beginnt auch die Saison der Ausfahrten und Treffen der Liebhaber historischer Fahrzeuge – egal ob elegante Limousine oder uriger Traktor.