Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Lichtenfels
Icon Pfeil nach unten

Wort zur Besinnung: Dem „Müßiggang“ seine Zeit geben

Lichtenfels

Wort zur Besinnung: Dem „Müßiggang“ seine Zeit geben

    • |
    • |
    Schwester Katharina.
    Schwester Katharina.

    Wort zur Besinnung

    In diesen Tagen habe ich mit Freunden über das alte Wort „Müßiggang“ gesprochen. Es ist ein altmodisches Wort, das heute kaum mehr verwendet wird. Mich animierte das Gespräch dazu, mich mehr mit diesem Wort zu beschäftigen, denn es ist für mich ein positives Wort, während es bei den anderen eher negativ besetzt war. Und indem ich mich mit dem Wort befasste, wurde es mir noch lieber.

    Der erste Teil des Wortes kommt von der „Muße“. Muße meint die freie Zeit, die ich zur Verfügung habe und die ich nach meinen eigenen Wünschen frei gestalte. Damit dient sie in der Regel zur Erholung und Entspannung. Im Unterschied zur Freizeit wird die Muße nicht von außen bestimmt (wenn wir ehrlich sind, dienen viele unserer Freizeitaktivitäten einem Zweck – und wenn es „nur“ die Gesundheit ist).

    Muße ist somit eine zweckfrei gestaltete freie Zeit, die wiederum schöpferische Kraft freilegt.

    So ist es auch verständlich, dass manche die Muße mit der Muse (mit einfachem S geschrieben) verwechseln. Es gibt in der griechischen Mythologie neun Musen – Schutzgöttinnen der Künste. Doch die Muße des Müßiggangs ist eine Angabe über die „nutzlose“ Zeit – bitte positiv verstehen.

    Sehnsucht nach freier Zeit

    Wir sehnen uns danach, unverplante Zeit zu haben und haben doch schnell ein schlechtes Gewissen, wenn wir die Zeit nicht sinnvoll nutzen. Doch was ist „sinnvoll genutzte Zeit“? Wie ist Zeit Sinn-voll genutzt? Wenn ein sichtbares oder zumindest messbares Ergebnis herauskommt? Wenn etwas geschafft ist? Wenn es dem Guten oder wenigstens der Gesellschaft dient? Was, wenn es einfach nur mir geschenkte Zeit ist, die ich genießen kann?

    Wie beneiden wir kleine Kinder, die die Welt um sich vergessend dasitzen und spielen – ganz vertieft in die Gegenwart des Spiels. Wir sehnen uns oft danach, es auch wieder zu können – uns hineinvertiefen in die Gegenwart.

    Es gibt Momente, in denen wir es können: Wenn wir ein Baby auf dem Arm haben und es stundenlang anschauen, auch wenn es schläft. Der Blick auf brennende Holzscheite im Kamin oder am Lagerfeuer lässt uns einfach da sein ohne gleich wieder Sinnvolles zu tun. Auf dem Staffelberg sitzen und dem Sonnenuntergang zusehen… Und das ist irgendwie Müßiggang, denn es erschöpft uns nicht, sondern gibt uns Kraft. Und es sind sogar spirituelle Momente.

    Der zweite Wortteil spricht vom Gehen. Müßiggang kann also auch aktiv gestaltet sein. Gehen ist Bewegung, ist unterwegs sein. In welcher Form auch immer. Es kann auch ein inneres Gehen sein, ein Sich-gehen-lassen, ein Etwas-gehen-lassen, ein In-sich-gehen... .

    Heute heißt es „chillen“

    Die Jugend kennt das Wort „Müßiggang“ nicht mehr. Aber sie hat ein neues Wort dafür gefunden: „chillen“. Einfach dasitzen und nichts tun (müssen). Und da spüren wir wieder, dass wir in einer Welt leben, die zu viel Außen und zu wenig Innen hat. Einfach mal nichts tun heißt auch, sich Zeit für das Innen zu nehmen und nicht schon wieder zu schaffen und mich mit Informationen oder anderem Input zu betäuben.

    Die ältere Generation ist geprägt durch den irreführenden Satz: „Müßiggang ist aller Laster Anfang.“ Er ist soweit richtig, dass ständiges Nichtstun zu Faulheit und schlechten Angewohnheiten führen kann. Aber er ist dann falsch, wenn Müßiggang grundsätzlich schlechtgemacht wird. Wir brauchen Zeiten der Ruhe und des Nichtstuns. Gott schuf am siebten Tag schließlich die Ruhe (Gen 2,2). Soeren Kierkegaard sagt: „An sich ist Müßiggang durchaus nicht eine Wurzel allen Übels, sondern im Gegenteil ein geradezu göttliches Leben, solange man sich nicht langweilt.“

    Schwester Katharina Horn, Franziskusschwester Vierzehnheiligen, Gemeindereferentin in Bad Staffelstein

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden