Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Lichtenfels
Icon Pfeil nach unten

Ab und zu auch Querdenker sein

Lichtenfels

Ab und zu auch Querdenker sein

    • |
    • |
    Beim Redaktionsgespräch im Obermain-Tagblatt: Jürgen Baumgärtner (CSU), der heimische Landtagsabgeordnete.
    Beim Redaktionsgespräch im Obermain-Tagblatt: Jürgen Baumgärtner (CSU), der heimische Landtagsabgeordnete. Foto: Roger Martin

    Seit Oktober 2013 vertritt Jürgen Baumgärtner (CSU) aus Kronach unseren Landkreis im Bayerischen Landtag. Zur Halbzeit der Legislaturperiode zieht er im Gespräch mit dieser Redaktion Bilanz. Er zeigt sich als Querdenker innerhalb seiner Fraktion und präsentiert außergewöhnliche Vorschläge, um den heimischen Landkreis ohne Unterbrechung am Fernverkehrnetz der Bahn zu halten, die unsere Region ab Ende 2017 sechs Jahre lang nur mit Nahverkehr bedienen will. Der 43-jährige Betriebswirt und frühere Berufsoffizier der Bundeswehr meint auch, dass wir vor Ort noch mehr dafür tun müssen, um die Digitalisierung voranzutreiben und Standort von Hochschuleinrichtungen zu werden.

    Sie betreuen als MdL die Landkreise Kronach und Lichtenfels. Wie sieht ihre Bilanz für den Landkreis Lichtenfels aus?

    Baumgärtner: Ich bin sehr zufrieden mit dem, was in Lichtenfels erreicht worden ist. Ich setze mich zum einen dafür ein, gute Rahmenbedingungen vor Ort zu schaffen. Andererseits fühle ich mich als Anwalt für diese Region.

    Gibt es konkrete Beispiele, wo Sie für den heimischen Landkreis etwas erreichen konnten?

    Baumgärtner: Grundsätzlich konnte ich einhalten, was ich versprochen habe. Die absolute Mehrheit der CSU im Landtag erleichtert meine Arbeit natürlich. Ich habe mich zum Beispiel stark dafür eingesetzt, dass im Zusammenhang mit dem noch längere Zeit dauernden Neubau der Bahnbrücke nahe Redwitz eine komfortable Umleitung gebaut und dadurch Obristfeld vom starken Durchgangsverkehr der B 173 verschont wurde, was ursprünglich anders geplant war und eine „Katastrophe“ gewesen wäre. Wir haben erreicht, das Weismain gemeinsam mit Alten- und Burgkunstadt Mittelzentrum werden kann. Es ist zwar noch nicht ganz offiziell. Aber der Rest ist nur noch eine Formalie. Das wird für Weismain viele Chancen eröffnen. Weiterhin haben wir erreicht, dass Lichtenfels und Bad Staffelstein ein Mittelzentrum werden.

    Was bedeutet diese Entwicklung für die Orte und deren Bürger konkret?

    Baumgärtner: Es wird einerseits perspektivisch um mehr Zuschüsse gehen. Vor allem aber können sich in den neuen Mittelzentren größere Unternehmen ansiedeln und auch Behördenverlagerungen werden dank der Aufwertung wahrscheinlicher. Dafür werde ich mich einsetzen. Da braucht es aber ein oberfränkisches Miteinander. Neue Mittelzentren führen auch zu einer intensiveren interkommunalen Zusammenarbeit. Synergien können gebildet werden. Allerdings muss ich einschränken: Die Herausforderungen, die wir hier haben, lassen sich auch mit Mittelzentren nicht über Nacht lösen.

    Gibt es noch einen konkreten Erfolg ihrer parlamentarischen Arbeit für das Obermain-Gebiet?

    Baumgärtner: Bei der Sanierung von Abwasser- und Wassersystemen gibt es bessere Fördermöglichkeiten aufgrund der neuen so genannten „Härtefallregelung“. Dafür habe ich mich stark eingesetzt. Davon profitiert in dieser Region vor allem Weismain.

    „Noch vor Kurzem galt die Devise: Alles, was Breitband und Mobilfunk im Land betrifft, regelt der Markt. Das hat nicht funktioniert. “

    Jürgen Baumgärtner

    Welche Fragen, Anregungen, Probleme kommen an den MdL aus dem Raum Lichtenfels aus der Bevölkerung am häufigsten?

    Baumgärtner: Für die Unternehmen hier sind es vor allem die Kontakte in Ministerien. Die Bürgermeister im Landkreis Lichtenfels sprechen mich häufig zum Thema Zukunft der ärztlichen Versorgung an. Wie sieht es aus mit Facharzt und Hausarzt? Das drückt die Gemeinden ziemlich. Ansonsten erhalten wir Anfragen zu Rentenbescheiden oder Hartz IV-Fällen. Es sind Fragen, die weit ins kommunale Feld hineinreichen.

    Lichtenfels wird mit der neuen ICE-Strecke 2017 vom Fernverkehr abgekoppelt. 2023 erst soll es hier wieder einen IC-Halt geben. Davon weicht die Bahn ebenso nicht ab wie von der Tagesrandlage für ICE in Coburg. Gibt sich der MdL damit zufrieden?

    Baumgärtner: Das ist für mich nicht akzeptabel. Die Bahn hat sich vom Termin 2030 für die IC-Anbindung des Bahnhofs Lichtenfels bis 2023 vorbewegt. Das ist zu wenig. Eigentlich ist das Ganze eine Aufgabe des Bundes. Ich kümmere mich im Landtag um den nötigen Rückenwind für die Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner. Im Landtag besteht fraktionsübergreifend Einigkeit, dass hier nachgebessert werden muss.

    Wie schaut ihre Lösung für einen lückenlosen Übergang nach Wegfall des ICE-Halts in Lichtenfels aus?

    Baumgärtner: Ich kämpfe darum, dass Lichtenfels seitens der Bahn sofort nach Wegfall des ICE-Halts 2017 einen IC-Halt bekommt. Ich dränge weiter darauf, dass Coburg neben Bamberg einen ICE-Systemhalt bekommt. Oberfranken braucht zwei ICE-Systemhalte. Ich kann ein Industrieherz wie Coburg nicht vom Fernverkehrnetz der Bahn abhängen. 17 000 Menschen pendeln täglich von Lichtenfels nach Coburg und zurück. Wenn alle Stricke reißen, dann soll der Freistaat Bayern mit Finanzmitteln aus dem Regionalbudget einspringen. Bayern soll Regionalzüge ordern, die eine direkte Anbindung von Coburg über Lichtenfels nach Bamberg garantieren, um zum ICE zu kommen. Das wäre aber die schlechteste Lösung. Damit würden wir Gelder des Bundes missbrauchen, um fehlenden Fernverkehr zu kompensieren. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Bayern eine ICE-Anbindung finanziert. Das wäre allerdings ein Tabu-Bruch in Bayern.

    Der Landkreis Lichtenfels taucht auf der Karte zum Digitalisierungskompass im neuen Zukunftsatlas von Prognos als weißer Fleck auf. Das steht im krassen Widerspruch zu all den Bemühungen zum Breitbandausbau. Wie ist das zu erklären?

    Baumgärtner: Ich wäre schlecht beraten, wenn ich solche Veröffentlichungen wegschieben würde. Ich habe bereits einen Termin bei der Firma Prognos in Berlin vereinbart. Dort lassen wir uns die Ergebnisse für die Landkreise Lichtenfels und Kronach erklären. Für mich ist der Zukunftsatlas ein Zeugnis. Darüber reflektiere ich kritisch. Und dann will ich wissen, wie ich damit umgehen muss. Mich verwundert es im Übrigen nicht, dass wir beim Thema Digitalisierung noch nicht optimal aufgestellt sind.

    Warum?

    Baumgärtner: Weil wir den Paradigmenwechsel eigentlich erst in dieser Legislaturperiode angepackt haben. Noch vor Kurzem galt die Devise: Alles, was Breitband und Mobilfunk betrifft, regelt der Markt. Das hat nicht funktioniert. Für mich ist dieser wichtige Ausbau eine staatliche Aufgabe. Der Breitbandausbau ist die Grundlage für die Digitalisierung. Wenn das passt, können wir die Digitalisierung in den Unternehmen vorantreiben. Wenn das gelungen ist, werden wir uns auch in diesem Atlas verbessert haben. Und dann müssen wir noch innovativer werden. Hier plant die Staatsregierung so genannte digitale Gründerzentren in Oberfranken.

    Wo sollen diese Zentren entstehen?

    Baumgärtner: Beworben haben sich Kronach, Coburg, Bayreuth, Bamberg und Hof.

    Was ist mit Lichtenfels ?

    Baumgärtner: Lichtenfels hat sich deshalb nicht beworben, weil es für ein solches Zentrum einer engen Zusammenarbeit mit einer Hochschule bedarf. Da müssen wir in Lichtenfels noch nacharbeiten. Die anderen Landkreise sind in dieser Angelegenheit seit vielen Jahren unterwegs. Kronach stand zunächst schlechter da als Lichtenfels. Wir haben uns in Kronach inzwischen sehr gut vernetzt und uns mit der heimischen Wirtschaft sowie Hochschulen zusammengeschlossen. Dank guter staatlicher Förderung haben wir bislang unter anderem eine Behördenverlagerung und gute Ausbildungseinrichtungen nach Kronach bekommen. Das, was in Kronach läuft und noch laufen soll, soll auch in Lichtenfels geschehen.

    Seit vielen Jahren wird angekündigt, dass Lichtenfels mit Hochschulen kooperieren sollte und auch könnte. Es passiert aber danach wenig Nachhaltiges. Dass es nun eine Außenstelle Lichtenfels der Universität Split im Zusammenhang mit Ärzteausbildung geben soll, stimmt zuversichtlich. Ist noch mehr möglich?

    Baumgärtner: Die geplante Kooperation mit der Universität Split ist ein sehr großer Schritt für die Region, für den sich der Lichtenfelser Landrat Christian Meißner in höchstem Maße engagiert hat. Auch ich bin seit meiner Wahl zum MdL am Thema Kooperation mit Hochschulen dran. Wir versuchen, in Lichtenfels etwas Nachhaltiges auf die Beine zu stellen. Mir ist klar, dass wir demnächst liefern sollten. Am besten noch in diesem Jahr. Mehr will ich hier nicht verraten.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden