Gegen das geplante Ökostromwerk am bestehenden Wehr bei Michelau (wir berichteten mehrfach) hat sich ein massiver Widerstand formiert, der ganz stark von Naturschützern und Wassersportlern getragen wird. Der Bund Naturschutz (BN) will das Projekt eigenen Worten zufolge notfalls juristisch verhindern. Der Gemeinderat in Michelau hingegen hat dem Projekt das gemeindliche Einvernehmen gegeben. Die Gemeinde werde die Bauherren bei Zufahrten und Leitungswegen unterstützen, so Bürgermeister Helmut Fischer auf Nachfrage. Beantragt hat den Bau die Bamberger Wertschmied-Group-Tochter Nasser Berg Storage GmbH mit Sitz in Starnberg.
„Wir wollen am Obermain eines der ökologischsten Wasserkraftwerke errichten.“
Norbert Boehm, Geschäftsführer
Eine vom BN initiierte Online-Petition gegen die Kraftwerkspläne am Obermain (www.openpetition.de/petition/online/kein-wasserkraftwerk-am-main-bei-michelau) hat deutschlandweit inzwischen etliche hundert Unterschriften erhalten, viele davon aus der hiesigen Region. Die Petition wird noch rund eine Woche online geschaltet sein. Die Unterschriften sollen, so BN-Vorsitzender Anton Reinhardt, dem Landratsamt übergeben werden.
Am Donnerstag, 23. Juni, werden sich Bauherr, Befürworter und Gegner im heimischen Landratsamt treffen. Die Behörde hat zum Erörterungstermin eingeladen. Für den Bauherren wird dann Norbert Boehm, Geschäftsführer der Nasser Berg Storage GmbH, das geplante Ökostromwerk vorstellen. „Wir wollen am Obermain eines der ökologischsten Wasserkraftwerke errichten“, sagte Böhm dieser Redaktion. Die Pläne sähen – anders als die Gegner öffentlich behaupteten – ein Kraftwerk ohne Turbinen vor. Stattdessen seien so genannte „Wasserkraftschnecken“ vorgesehen, die ansonsten im Wasserversorgungsbereich verwendet würden. Wasserkraftschnecken seien im Gegensatz zu Turbinen für Fische eine deutlich ungefährlichere Energiegewinnung im Wasser. Wertschmied lege überhaupt großen Wert auf eine naturnahe und fischfreundliche Gestaltung des Bauwerks am Obermain. So soll ein Fischpass angelegt werden. Schließlich plane das Unternehmen eine familienfreundliche Bootsrutsche für Kanufahrer, damit der Mainwanderweg nicht unterbrochen wird. Auch der Fuß- und Wanderweg am jetzigen Wehr werde fortbestehen. Die Konzeption des Projekts sei „nach technischen, ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten ganzheitlich“.
„Stromnetz stabilisieren“
Ökologisch sinnvoll sei das neue Stromwerk über den Main auch wirtschaftlich gesehen. „Energie aus Wasserkraft kann Stromnetze stabilisieren“, sagt Böhm. Anders als die mit stärkeren Schwankungen verbundene Wind- oder Solarkraft. Dies sei auch im Sinne der Energiewende.
Das Ökostromwerk soll – wie bereits mitgeteilt – 290 Haushalte mit Strom versorgen. Betreiber wäre ebenfalls die Firma Wertschmied, die in Michelau zum ersten Mal ein Projekt dieser Art verwirklichen will. Die Technologie dazu ist nicht ganz neu, so Norbert Böhm. Für den Bau an sich wäre die Paul Müller Ingenieurgesellschaft aus Kalchreuth bei Nürnberg zuständig. Zudem betreue auch das Fachbüro OPUS – Ökologische Planungen, Umweltstudien und Service – aus Bayreuth das Projekt.
Gegen das Öko-Bauwerk hat sich vielfältiger Protest formiert. Naturschützer, Kanufahrer und Fischereiverbände lehnen das Bauwerk aus unterschiedlichen Gründen ab.
Reinhardt: Mitten im FFH-Gebiet
BN-Kreisvorsitzender Anton Reinhardt kritisiert in einem von ihm verfassten Bericht, dass der Bau inmitten eines naturgeschützten FFH-Gebietes geplant sei: an der Abzweigung des Mühlbaches, am Rande eines Auwaldes mit Hochstaudenflur und typischer bach- und flussuferbegleitender Vegetation. Nicht weit davon entfernt liege zudem das Naherholungsgebiet Rudufersee.
Reinhardt widerspricht Böhms Meinung über den Stellenwert der Wasserkraft. „Die drei Windräder der Bürger-Energiegenossenschaft in Seubersdorf (bei Weismain, Anm. d. Red.) könnten 75 solcher ökologisch fragwürdigen Kleinstanlagen ersetzen. Außerdem ist das Wasserkraftpotenzial bereits zu über 90 Prozent ausgeschöpft,“ so Reinhardt kürzlich bei einem Ortstermin in Michelau. Dort kamen weitere starke Vorbehalte gegen das Projekt bei Michelau zum Ausdruck. Dr. Oliver Freiburg, Geschäftsführer der heimischen Mainfischereigemeinschaft, befürchtete, dass sich die Durchgängigkeit für die Fische durch das Kraftwerk verschlechtere, vor allem beim Abstieg der Wanderfischarten. Das Gutachten des Investors zeige nur „vage Angaben“ auf. Es gehe von einer Mortalität (Todesrate) der Fische von 0 bis 30 Prozent aus.
Peter Fischer, Fachwart für Umwelt und Gewässer beim Bayerischen Kanu-Verband, meinte, dass mit relativ geringem Aufwand die Durchgängigkeit noch weiter verbessert werden könnte, zum Beispiel durch so genannte rauhe Rampen, mit Hilfe derer man den Höhenunterschied am alten Wehr aufteilen könnte und eventuell sogar Querbauwerke ersetzen könnte.
„Die drei Windräder in Seubersdorf könnten 75 solcher ökologisch fragwürdigen Kleinstanlagen ersetzen. “
Anton Reinhardt, Kreisvorsitzender Bund Naturschutz
Wolfgang Dietz, Vorstandsmitglied des Lichtenfelser Rudervereins, wies darauf hin, dass gerade jugendliche Wassersportler die jetzt noch freie, ungehinderte Floßpassage besonders schätzen würden. Mainfischer Michael Hofmann beurteilte die geplante Aufschüttungshöhe für die Bau- und Erschließungsstraße zu dem geplanten sogenannten „Ökostromwerk Michelau“ sehr kritisch, insbesondere bei Hochwasser. Es seien negative Auswirkungen auf die Hochwasserfreilegungsmaßnahmen zu befürchten. Dieter Pohl von der Wasserwacht Michelau sorgt sich um die Wasserqualität des in der Bevölkerung beliebten Rudufersees durch den verringerten Wasseraustausch bei erhöhtem Anstau des Maines, sollte es zur Verwirklichung des Wasserkraftwerkes kommen. Viele Kanu- und Kajakfahrer, die derzeit am Wehr bei Michelau trainieren, wehren sich zudem gegen das Projekt. Darunter sind auch Sportclubverantwortliche, die mit Jugendlichen dort trainieren. Sie alle gehen davon aus, dass der Bau des Ökostromwerks das Ende des Trainingsareals dort bedeuten würde.