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MICHELAU: Gehörlosigkeit: Viele Kleinigkeiten machen das Leben schwer

MICHELAU

Gehörlosigkeit: Viele Kleinigkeiten machen das Leben schwer

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    Was Sylvia Heib, die Vorsitzende des VdK-Ortsverbands Burgkunstadt. berichtet, muss von einer Gebärdendolmetscherin übersetzt werden.
    Was Sylvia Heib, die Vorsitzende des VdK-Ortsverbands Burgkunstadt. berichtet, muss von einer Gebärdendolmetscherin übersetzt werden. Foto: Gerda Völk

    Nicht nur Menschen mit Behinderung stoßen auf Barrieren. Eine Erfahrung, über die auch die Vorsitzende des VdK-Ortsverbands Burgkunstadt, Sylvia Heib, berichten kann: „Auch für mich ist es eine Barriere, mit Gehörlosen zu kommunizieren. Da kann man nicht einfach zum Telefonhörer greifen und eine Veranstaltung organisieren. Da man muss alles schriftlich machen.“

    „Barrieren sind auch bei Hörenden da. Weil viele nicht wissen was Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit bedeuten.“

    Christine Jandy, Vorsitzende Bezirksverband Gehörlose

    Aktuell läuft die VdK-Kampagne „Weg mit den Barrieren!“ Ein Thema, das auch im Mittelpunkt der erst kürzlich zu Ende gegangenen Aktionswoche der Geschäftsstelle des VdK-Kreisverband Lichtenfels stand. Zu der dritten Veranstaltung am vergangenen Freitag im Mehrgenerationenhaus (MGH)in Michelau hatte Sylvia Heib mit der Vorsitzenden des Bezirksverbandes der Gehörlosen Oberfranken, Christine Jandy, und dem Vorsitzenden des Gehörlosenverein Lichtenfels/Kronach, Werner Krug, zwei kompetente Referenten eingeladen. „Barrieren sind auch bei Hörenden da. Weil viele nicht wissen was Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit bedeuten“, erklärte Christine Jandy.

    Sowohl Jandy als auch Werner Krug gaben einen Einblick in die alltäglichen Probleme eines Gehörlosen. Werner Krug kam bereits taub auf die Welt. Auf die Gehörlosenschule folgte eine Ausbildung zum Korbmacher in Lichtenfels. Er war Kammer-, Landes- und Bundessieger.

    An Letzteres erinnert ihn heute noch eine Fotografie, die ihn mit dem damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger zeigt. „Herr Kiesinger hat mir zum Bundessieg gratuliert und etwas gesagt. Ich habe es nicht verstanden, das war seltsam“, übersetzt die Gebärdendolmetscherin.

    Im Gegensatz zu Krug kam Christine Jandy hörend zur Welt. Eine Gelbsucht im Babyalter endete mit der Diagnose einer an Taubheit angrenzenden, hochgradigen Schwerhörigkeit. Sie besuchte den Kindergarten für Hörgeschädigte in Bamberg und anschließend die Schule für Schwerhörige. Es folgte eine Ausbildung zur Bürokauffrau in Nürnberg. Heute arbeitet sie bei der Bereitschaftspolizei in Bamberg.

    Rund 15 Millionen Menschen in Deutschland sind von Schwerhörigkeit betroffen. Laut wissenschaftlichen Studien sind leicht- bis mittelgradige Fälle am häufigsten. Rund zehn Prozent leiden unter einer hochgradigen Schwerhörigkeit oder Taubheit.

    Trennt von den Menschen

    Im weiteren Verlauf ging Jandy auf die Bedeutung und die Auswirkungen einer Gehörlosigkeit für die Betroffenen ein. Gehörlosigkeit bedeute mehr, als nicht hören zu können. Es bedeute auch, dass das Ohr für die Aufnahme von Erfahrungen und Informationen fehle. Die Folge sei ein Ausschluss von Gesprächen, von Informationen und umfassender Bildung und damit auch kaum ein Zugang zum gesellschaftlichen Leben. Die taubblinde Schriftstellerin Helen Keller habe es mit folgendem Satz auf den Punkt gebracht: „Blindheit trennt von den Dingen, Taubheit trennt von den Menschen.“

    Für gehörlose Menschen seien die Augen der Ersatz für das fehlende Gehör, erläuterte Jandy. Damit verständigten sich Betroffene in der Gebärdensprache, reagierten auf Gestik und Körpersprache und lesen das Gesprochene vom Mund ab.

    Seit 2011 ist die Gebärdensprache als Muttersprache gehörloser Menschen gesetzlich anerkannt. Im Alltag kämpften sie mit einer ganzen Reihe von Problemen, so die Referentin. Im Ernstfall sei es ihnen nahezu unmöglich, selbstbestimmt Hilfe zu holen. Schwierig werde es auch, wenn ein Zug sich verspäte oder auf einem anderen Gleis als angegeben abfahre, da sich Durchsagen nur für Hörende erschließen würden.

    Betroffene müssten die Dolmetscherkosten selbst zahlen, beispielsweise bei Inanspruchnahme von Beratungen. Es seien viele Kleinigkeiten, die gehörlosen Menschen das Leben schwer machen. Deshalb sei Aufklärung so wichtig, betonte Sylvia Heib.

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