Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Lichtenfels
Icon Pfeil nach unten

MAINECK/TREBGAST: Kupplerin, Engel und „dünner Vetter“

MAINECK/TREBGAST

Kupplerin, Engel und „dünner Vetter“

    • |
    • |
    Spielt gern in Volkstheater-Stücken: Gabi Bähr 2010 als Magd des Großvaters (Georg Küfner) in „Der verkaufte Großvater“.
    Spielt gern in Volkstheater-Stücken: Gabi Bähr 2010 als Magd des Großvaters (Georg Küfner) in „Der verkaufte Großvater“.

    „Kabale und Liebe“: Das Drama von Friedrich Schiller hat sich eingeprägt. Michael Bähr durfte den Ferdinand spielen, Susanne Handke die Luise. Die beiden Hauptrollen. Gabi Bähr, Michaels Mutter, muss lachen. „Hinterher haben die Leute gesagt, die beiden haben so toll zusammen gespielt, man könnte meinen, die wären im echten Leben auch ein Paar. Es wusste ja keiner, dass sie es wirklich sind!“

    Familie Bähr wohnt in Maineck, Susanne Handke kommt aus Altenkunstadt. Sie und Michael Bähr studieren inzwischen in Bayreuth. Wie praktisch, dass Trebgast dazwischen liegt, auf halber Strecke etwa: Denn dort stehen sie jedes Jahr auf der Bühne, Gabi Bähr am liebsten in fränkischen Volksstücken, Michael und Susanne eher in Klassikern.

    So wie in „Kabale und Liebe“. Es war Susanne Handkes erste Hauptrolle. Als sie das erste Mal in Trebgast spielte, war sie Statistin in der „Nacht der Vampire“, der Theaterversion des bekannten Films und Musicals „Tanz der Vampire“. 2008 war das. Dass sie ein Jahr später schon die Rolle der Luise übernehmen würde, hätte sie da nie gedacht.

    „Das ist schon was Besonderes, wenn man das mit seiner Freundin spielen darf“, sagt Michael Bähr. Deswegen fällt ihm auch kein Stück, keine Rolle ein, die er unbedingt noch auf die Bühne bringen will. Er hat sein „absolutes Highlight“ schon gehabt.

    Zehn Jahre engagiert der angehende Lehrer sich nun schon in Trebgast. Eine Zeit, in der die Naturbühne und alles, was damit zu tun hat, zur wichtigsten Freizeitbeschäftigung geworden ist. Und zwar nicht nur für ihn, sondern auch für die Mutter und die Freundin. Und der Vater, die Mutter der Freundin und deren Freundin helfen mittlerweile auch mit, im Besucherdienst. Jeder, der zupacken kann, wird gebraucht. Denn die Naturbühne Trebgast ist ehrenamtlich organisiert, nur die Regisseure werden bezahlt. Über 30 000 Gäste werden hier jedes Jahr vorzüglich unterhalten – ein Kraftakt für alle Beteiligten.

    Und das sind eben beileibe nicht nur die Darsteller. Michael Bähr zählt auf: zwei Techniker, dann einer, der das Bühnenbild entwirft, einer, der es baut, einer der es bemalt, zwei, die es während der Vorstellungen umbauen, außerdem Leute für Maske, Requisite, Kasse, Besucherdienst... „Die Schauspieler machen das natürlich gern, weil sie am Ende den Applaus kriegen. Aber man braucht auch Leute hinter der Bühne.“ Und so müssen auch die Darsteller mal einen Tisch auf die Bühne tragen, wenn gerade Not am Mann ist.

    Auch Garderobe, Kasse, Zuschauerränge, Toiletten und, was sonst noch dazugehört, müssen in Schuss gehalten werden. Im vergangenen Jahr erst wurde umgebaut, für über eine halbe Million Euro. „Für die beiden Vorsitzenden ist das eigentlich ein Full-Time-Job“, resümiert Michael Bähr, der den Einblick hat, da er inzwischen als stellvertretender Vorsitzender fungiert. Und selbst erstaunt ist, wenn er so darüber nachdenkt, wie lange er eigentlich schon dabei ist.

    „Andere machen Sport, ich spiele halt Theater.“

    Gabi Bähr

    2004 ging es los. Da wurden Schauspieler für das Kinderstück „Der kleine Häuptling Silberpfeil und die Außerirdischen“ gesucht. Michael, damals 16 Jahre alt und bereits in der Schulspielgruppe aktiv, bewarb sich – und bekam gleich die Hauptrolle. Im selben Jahr spielte er auch schon abends in „Tod eines Handlungsreisenden“ mit.

    Die Mutter folgte. Gabi Bähr half zuerst „nur“ im Besucherdienst, bis sie gefragt wurde, ob sie nicht auch mal mitspielen wolle. Seitdem ist sie dabei. „Das ist mein Ausgleich“, erklärt sie, die bei der Firma Karl Eugen Fischer in Burgkunstadt im Einkauf arbeitet. „Andere machen Sport, ich spiele halt Theater.“ Ein Ausgleich, bei dem man den Kopf frei kriegt. „Wenn ich auf der Bühne stehe, denke ich an nichts anderes“, versucht Gabi Bähr die Faszination Theater zu beschreiben: Sie schlüpft in eine andere Rolle, ist für zwei Stunden nicht sie selbst.

    Das ist bei den fränkischen Mundartstücken, bei denen sie mitspielt, nicht so schwer für sie: Sie darf reden, wie ihr „der Schnabel gewachsen ist“, braucht sich nicht groß verbiegen, kann auch mal improvisieren, wenn ihr der Text gerade nicht mehr einfällt. Heuer übrigens als Heiratskupplerin in der Komödie „Die drei Dorfheiligen“.

    Harte Arbeit

    Trotzdem, so locker-flockig, wie sich das jetzt anhört, ist es auch für sie nicht. Theaterspielen, das wird schnell klar, ist harte Arbeit, auch wenn es sich, wie bei Trebgast, um eine Amateurbühne handelt. Schon im Winter beginnen die ersten Proben, in Daunenjacken und Winterstiefeln. Und die Aufführungen finden bei jedem Wetter statt, was in diesem Jahr besonders ungemütlich war: „Bisher hat's noch bei jeder Premiere geregnet.“ Die Zuschauer immerhin sitzen überdacht. Aber die Bühne ist zum Teil im Freien. Zwischen den Auftritten wickelt sich Gabi Bähr hinter der Bühne dann schon mal in eine Decke, um nicht auszukühlen.

    Text lernen, proben, auftreten, dann noch der Besucherdienst und obendrein noch Mitarbeit im Verwaltungsbeirat – bei Gabi Bähr dreht sich in der Freizeit mittlerweile ziemlich viel um die Naturbühne. Bei Sohn Michael als Schauspieler und stellvertretendem Vorsitzendem, der gelegentlich auch mal in der Technik aushilft, noch mehr: „Er ist halt das ganze Jahr in Trebgast.“ Da bleibt Freundin Susanne ja gar nichts anderes übrig, als auch mitzumachen.

    Warum tut man sich das alles immer wieder an? Michael Bähr lacht. Ja, das fragt er sich jedes Jahr. „Aber es treibt einen immer wieder hin. Es macht einfach Spaß.“ Und nach der Abschlussfeier nach der letzten Aufführung der Saison, da kommt das große Loch, ergänzt die Mutter. Denn die Naturbühne Trebgast, das ist eben nicht nur Theater, auch wenn sich alles darum dreht. Es ist „einfach eine schöne Gemeinschaft“, sagt Gabi Bähr, mit Mitgliedern aus Kulmbach, Bayreuth, Hof, Coburg, Bamberg...

    Umso mehr bedauern es die Bährs, dass Trebgast so wenig Besucher aus ihrer eigenen Heimat anzieht. „Es ist schon komisch“, findet Michael Bähr: „Viele aus dem Landkreis Lichtenfels kennen die Bühne gar nicht. Und dann kommen die Busse aus Erlangen und Nürnberg.“

    Auch heute Abend werden die Zuschauerränge sicher wieder gut gefüllt sein, wenn sich der Vorhang für den „Jedermann“ hebt, die beliebte Parabel vom Sterben des reichen Mannes von Hugo von Hofmannsthal. Michael Bähr spielt den dünnen Vetter, Susanne Handke ein Fräulein bei der Tischgesellschaft und am Ende einen Engel. „Das sind zwei kleine Rollen, aber trotzdem schön“, freut sie sich.

    Susanne Handke rutscht schon unruhig auf ihrem Stuhl herum, das sieht man auch über die Videokamera. Sie und Michael Bähr sind per Skype aus Bayreuth zugeschaltet. Es war keine Zeit, zum Interview nach Maineck zu kommen, denn die beiden müssen gleich noch nach Trebgast. In der Woche vor der Premiere sind jeden Tag Proben angesetzt.

    „Ich hoffe, ich kann hier bleiben. Damit ich weiter Theater spielen kann.“

    Michael Bähr über seine Zukunft als Lehrer

    Für Michael Bähr ist das eine besonders wichtige Zeit: „Jetzt in der Hauptprobenwoche spielen sich die Abläufe ein, wann ich mich umziehe, wann ich den Text noch mal durchgehe und so weiter. Das muss ich dann vor jedem Auftritt wieder so machen.“ Und die Mutter muss ihm im Textbuch immer seine Textstellen anstreichen. Gabi Bähr muss lachen, Susanne Handke schüttelt bloß grinsend den Kopf. Das ist schon wie bei einem Profi, dieser Aberglaube, das bestimmte Handlungen Glück für den Auftritt bringen. Aber beruflich würden weder er noch Susanne Handke schauspielern wollen. „Das ist eine brotlose Kunst. Ich möchte das machen, ohne finanziell darauf angewiesen zu sein“, sagt Michael Bähr.

    Dafür hat er ja dann seinen Lehrerberuf. Im Herbst beginnt sein Referendariat, wo, weiß er noch nicht. „Ich hoffe, ich kann hier bleiben. Damit ich weiter Theater spielen kann.“

    Aber jetzt denkt er erst mal an die Termine, die in der nächsten Zeit in Trebgast anstehen. Heute Abend die Premiere von „Jedermann“ und am nächsten Wochenende (14. bis 16. Juni) das große Fest zum 60-jährigen Bestehen der Naturbühne. Am Samstag wird es von 10 bis 15 Uhr einen großen Theatermarathon geben, bei dem sich verschiedene befreundete Theatergruppen vorstellen – kostenlos übrigens. Und für den Sonntag ist um 14 Uhr ein großer Umzug geplant, mit Schauspielern aus den vergangenen 60 Jahren, die sich noch einmal in ihre alten Kostüme werfen und Ausschnitte aus den Stücken nachspielen, in denen sie mitgewirkt haben. Für Michael Bähr und Susanne Handke ist klar, welche Rollen sie bei diesem Umzug übernehmen wollen: unbedingt Ferdinand und Luise aus „Kabale und Liebe“.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden