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SCHWEINFURT/LICHTENFELS: High Noon im Light Rock Saloon

SCHWEINFURT/LICHTENFELS

High Noon im Light Rock Saloon

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    Western-Feeling: Die „Light Rock Cowboys“ aus Lichtenfels mit anderen Teilnehmern in Schweinfurt.
    Western-Feeling: Die „Light Rock Cowboys“ aus Lichtenfels mit anderen Teilnehmern in Schweinfurt. Foto: Fotos: Uwe Eichler

    Die Südstaatler haben schon am Eingang schweres Geschütz aufgefahren. Im Foyer der Firma „Waffen Albert“ in Schweinfurt, Oberndorf, steht eine alte bajuwarische Böllerkanone. Fremder, sei gewarnt: Angst vor großen Kalibern darf keiner haben, der die Hallen von „Waffenhändler“ Anton Albert, ein ehemaliges Schützenhaus, betritt. Die Berufsbezeichnung klingt bedrohlicher, als es der umgängliche, gutbürgerliche Hausherr ist: Unterm Jahr bildet der Oberndorfer Jäger, Polizei oder Sicherheitsdienste aus, heute steht „Westernschießen“ auf dem Programm.

    Die Lichtenfelser Scharfschützengesellschaft ist zur sechsten „LRC-Challenge“ da: LRC meint ihre „Light Rock Cowboys“. Die Treppen führen geradewegs ins 19. Jahrhundert, in den legendären Wilden Westen: zu geräumigen 25- und 50-Meter-Schießständen. Von einer Kellertür blickt einem der „Duke“ genau zwischen die Augen: das Porträt von Westernheld John Wayne, der mit seinem „Gleichmacher“ von Samuel Colt aktive Friedenspolitik betrieben hat, auf uramerikanische Art. Dass im Hintergrund die Melodie von „Spiel mir das Lied vom Tod“ erklingt: wohl reiner Zufall.

    Luft schmeckt nach Blei

    An den Indoor-Schießständen schmeckt die Luft buchstäblich nach Nitro-Pulver und Blei. Finger pendeln lässig überm Holster, zwischen Hut und Halstuch spähen Cowboys zu den Zielscheiben, eilen durch den Parcour, schießen an Tischen mal aus der Hüfte, mit dem Colt, mal mit Gewehr an der Lederweste. „Der Holländer“ soll der Schnellste sein. Es ist ein harter Kontrast, zwischen dem Wildwest-Bang-Bang, das die Jungs und Ladies an den „Stages“, ihren Schusspositionen, veranstalten.

    Zur Kunstlicht-Atmosphäre der Ladezone, in der das Laden und Entladen der Revolver, Unterhebel-Repetiergewehre (wie der guten alten Winchester 73) und Klapp-Schrotflinten penibel überwacht wird. Schon während der Knallerei werden die reichlich zu Boden klirrenden Hülsen per Sammelgerät „aufgehülselt“. Die Vorsicht ist berechtigt: Wer Western-Altmeister Peckinpah kennt, weiß, was 44er, 45er, 38er Colts oder 12.70-Schrotflinten anrichten könnten – auch wenn die Treibladungen etwas reduziert wurden, des Rückstoßes wegen. Fast genauso ohrenbetäubend wie die Schüsse hallt das Plang-Plang, mit dem die Bleigeschosse gegen grün lackierte Metallscheiben knallen. Die zusammen mit Tontauben in einer genau festgelegten Reihenfolge „erlegt“ werden müssen. Der Schütze tritt an drei Stationen an: unterm Galgen, der Pulverbahn (mit Dynamitstängli, die am Start symbolisch fallen gelassen werden) oder im „Light Rock Saloon“. Für Fehlschüsse und falsche Reihenfolge gibt es Strafsekunden, ein Assistent stoppt die Zeit, „Spotter“, erkennbar am Indianerpfeil, bewerten die Treffer.

    Über allem wacht der RO, ein „Range Officer“. Gehörschutz und Schutzbrillen sind Pflicht. Etwas paradox wirkt es schon, dass gerade bei der Sportart „Cowboy Action Shooting“ (CAS) keine Wildwestsitten herrschen: Die Waffen müssen jenseits der Ladezone entschärft sein, Alkohol ist anders als damals in El Paso und Dodge City (oder heute manchem Vereinsheim) tabu. Geschossen wird nach Altersgruppen, von den Greenhorns der Mavericks bis hin zu den Elder Statesmen, bei diesem Match ist der Zeitraum ab 1880 angesagt, ohne qualmendes Schwarzpulver.

    „Viele Auflagen zu erfüllen“

    Erwin Kalb von den Scharfschützen aus Lichtenfels betont, wie viel Auflagen Sportschützen erfüllen müssen, vom Führungszeugnis bis zur Safepflicht, wie wenig Interesse es gerade beim CAS an einem Missbrauch gebe: „Ein Fehler, und Westernschießen ist verboten.“ Junge Draufgänger fände man entsprechend kaum unter den rund 4000 deutschen Westernschützen.

    „Absolute Waffenbeherrschung“ und viel Vereinserfahrung sei Voraussetzung, unter Obhut des BDS, des Bundes deutscher Sportschützen, außerdem das Bestehen des SuRT, eines „Sicherheits- und Regeltests“. Dafür gibt es eine Art Sheriffstern – für Fortgeschrittene mit RO-Inlet, die Berechtigung zum Range Officer. Es geht um Action, Bewegung, mit dem Flair von „living History“, „gelebter Geschichte“, darin sind sich alle Befragten einig. „Irgendwann wird es halt am regulären Schießstand zu langweilig“, meint Thomas Brand, an diesem Tag „Kamikazebrandy“, der seine Waffen für die WOS Bergtheim und die Schweinfurter Sportschützen zieht.

    Bison-Pappkamerad und Sarg-Schrank

    Die Lichtenfelser basteln liebevoll am Ambiente, vom Bison-Pappkameraden über den Sarg-Schrank bis hin zum Aufstell-Lagerfeuer. Es ist ein dynamisches, jugendfrisches, etwas schräges Cowboy- und Indianerspiel, aber mit scharfen Waffen und Regeln. Ohne Indianer, selbst wenn sich der eine oder andere Spotter verspielt in seinen Pfeil wirft. „Auch ich bin wieder Kind“, schwärmt Erwin Kalb, Vizeschatzmeister der Schützen aus Light Rock City, früher im Einkauf, heute Vorruheständler. Spitzname „John Gunbreaker“, aufgrund früheren Materialverschleißes.

    Die Gesamtorganisation liegt bei Uwe „Riverman“ Matzner, zweiter Schützenmeister aus Lichtenfels. Ludwig „Luke“ Dreilich ist der „Range Master“ für 35 Cowboys und -girls. Außerdem feuern auch noch Schweinfurter, Bergtheimer, Bad Neustädter, Haßfurter, Scheuerfelder (aus der Coburger Ecke) und eben der schnelle Holländer, Fred Deelen, mit. Oben im Haus werden die nötigen Accessoires feilgeboten, etwa Holster. Anton Albert, er bricht eine Lanze für oft misstrauisch beäugte Hobby-Revolverhelden: Wer Illegales plane, sei auf dem Schwarzmarkt weit besser aufgehoben als in den streng überwachten Vereinen mit registrierten Sportwaffen und Bürgerkultur. Entsprechend würde sich Albert wünschen, dass die Politik in Sachen Waffenrecht öfters über ihren Schatten springt. Statt wie Lucky Luke schon bei Verdacht auf diesen loszuschießen.

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