Bis zu 14 000 Fahrzeuge wälzen sich täglich über die B 173, die mitten durch die rund 1600 Einwohner zählende Gemeinde Hochstadt führt. Das hat eine Verkehrszählung vor rund sechs Jahren ergeben. Ein Fahrzeugstrom, der die Menschen an der Hauptstraße schier zum Wahnsinn treibt. Und das seit Jahren. Selbst an jenem Samstag, als sich mehrere Anwohner auf dem Gartengrundstück von Tina und Matthias Fischer treffen, um ihrem Unmut Luft zu machen, versteht man kaum sein eigenes Wort.
Hickhack um die Straßenführung
Die Hauptstraße ist gerade einmal ein paar Meter entfernt, nur Büsche verhindern den direkten Blickkontakt. Das Baby der Fischers – im Arm der Großmutter – zuckt jedes Mal zusammen, wenn ein Laster über einen Kanaldeckel donnert. „Nachts bei offenem Fenster schlafen ist für uns unmöglich“, so Tina Fischer. Selbst bei hochsommerlichen Temperaturen nicht, bestätigen die Anwesenden. Sie alle sind Anwohner der stark frequentierten Ortsdurchfahrt. Joachim Denzlein (55), Arnold Schnapp, (56), Eduard Fleischmann (60) und Hans-Werner Herold (53) haben sich bei dem 31-jährigen Matthias Fischer getroffen, weil sie die Faxen dick haben. Nicht etwa, weil sie gegen die Straße auf die Barrikaden gehen wollen, nicht etwa weil sie vordergründig für oder gegen eine der geplanten Trassenführungen der B 173 neu demonstrieren. Sie befürchten, dass schon wieder eine Lösung für eine Umgehungsstraße beklagt werden könnte.
Das Hickhack um die Trassenführung der neu zu bauenden Bundesstraße 173 – der Lebensader zwischen Lichtenfels und Kronach – hält seit Jahrzehnten Straßenplaner ebenso wie die Bevölkerung der betroffenen Ortschaften in Atem. Streitpunkt ist vorrangig die Streckenführung zwischen Michelau und Zettlitz.
Die ursprünglich favorisierte und bereits planfestgestellte Bahntrasse, die parallel zur bestehenden Bahnlinie durch die Mainaue zwischen Hochstadt und Zettlitz führen sollte, wurde vom Bundesverwaltungsgericht gekippt. Jetzt soll die „Variante Süd“ gebaut werden.
Aber auch gegen diese Variante, die rund 200 Meter von der Wohnbebauung zwischen Hochstadt und Wolfsloch entfernt verlaufen soll, bestehen Vorbehalte. Schon 2009 hatten sich Bürger von Hochstadt gegen die Trasse ausgesprochen und die Gemeinde aufgefordert, dagegen zu klagen. Bei dem inzwischen nicht mehr bindenden Bürgerentscheid damals waren 1062 Abstimmungsberechtigte (78,16 Prozent) zur Stimmabgabe gegangen, für eine Klage stimmten 659 Personen, also 61,99 Prozent.
„Denkt denn niemand an die Menschen, die hier tagtäglich unter dem Durchgangsverkehr leiden?“
Tina Fischer, Hochstadt Anwohnerin B 173T
Jetzt fordern die Gegner erneut, gegen die Pläne der Bezirksregierung zu klagen. Ein Ansinnen, dem die Mehrheit im Gemeinderat von Hochstadt nicht folgen mag. Also wurde dem Antrag für einen erneuten Bürgerentscheid stattgegeben. Am 16. Oktober sollen nun die Bürger von Hochstadt entscheiden, wie es weitergeht. „Eine Klage“, so Bürgermeister Thomas Kneipp, „der ich persönlich keine Aussicht auf Erfolg gebe, würde zur Folge haben, dass die Realisierung der dringend gewünschten Ortsumgehung sich weiter auf unbestimmte Zeit verzögert.“
Diese Aussicht wiederum bringt die Anwohner der Hauptstraße auf die Palme. Tina Fischer: „Jetzt ist das Maß voll! Denkt denn niemand an die Menschen, die hier tagtäglich unter dem Durchgangsverkehr leiden?“ Es sei genug Zeit vergangen, empört sie sich. Es werde nicht an die Gesundheit derer gedacht, die Tag für Tag diesen Belästigungen und Gefahren ausgesetzt seien. „Die Straße macht uns durch die vielen Nebenwirkungen des Verkehrs – Lärm, Feinstaub, Schlafstörungen, Stress und vieles mehr – krank.“ Alle Bürger von Hochstadt seien betroffen, so Joachim Denzlein: „Alle Hochstadter müssen irgendwann die Hauptstraße überqueren, die Schüler auf dem Schulweg, oder alle, die zur Katzogelhalle wollen.“ Er weiß wovon er spricht. Denn wenn er aus seiner Hofeinfahrt fahren will, kann es ihm an manchen Tagen passieren, dass er schon mal zehn Minuten warten muss.
Gründe, weshalb die Truppe rund um die Fischers jetzt mobil macht. Für die Zustimmung zur Variante Süd, für eine Umgehungsstraße. Tina Fischer: „Man muss doch mal mit einer Variante der Umgehung zufrieden sein und als Gemeinschaft dann zusammenhalten und dafür stimmen. Alles andere verzögert nur den Bau einer Umgehung.“
Deshalb appelliert sie an ihre Mitbürger in Hochstadt, für die Umgehung und gegen eine Klage zu votieren. Und ihr Mann Matthias fügt hinzu: „Wir müssen auch an die nächste Generation denken, die auch in einem sicheren und verkehrsberuhigten Ort leben möchte.“