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LICHTENFELS: „Herr Sanz, ich sitz? in der Sauna!“

LICHTENFELS

„Herr Sanz, ich sitz? in der Sauna!“

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    Sprachen über Entwicklungen im Fußball und der Trainerarbeit: (v. li.) Konrad Fünfstück, Lorenz-Günther Köstner, Moderator Ulf Felgenhauer, Dieter Kurth und Professor Stefan Voll. FOTOs: Steffen Huber
    Sprachen über Entwicklungen im Fußball und der Trainerarbeit: (v. li.) Konrad Fünfstück, Lorenz-Günther Köstner, Moderator Ulf Felgenhauer, Dieter Kurth und Professor Stefan Voll. FOTOs: Steffen Huber Foto: Katrin Huber

    „Herr Köstner, wir brauchen Sie als Trainer für die 1. Mannschaft!“ Lorenz-Günther Köstner, Trainer des VfL Wolfsburg II, glaubt seinen Ohren nicht zu trauen. Der gebürtige Wallenfelser (Landkreis Kronach) sitzt in der Sauna. Und am Handy bietet ihm Francisco Javier Garcia Sanz, Vorstandsmitglied beim VW-Konzern und Aufsichtsratsvorsitzender des Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg, gerade an, das Bundesliga-Team zu übernehmen. „Herr Sanz, ich sitz? in der Sauna! Außerdem muss ich erst ?mal mit dem Felix sprechen!“, erwidert Köstner. „Herrn Magath haben wir beurlaubt. Wir wollen, dass Sie die ,Erste‘ trainieren!“, so die Antwort. Köstner bleibt stur, spricht Magath auf die Mailbox, übernimmt aber anschließend den kriselnden Bundesligisten und stabilisiert die verunsicherte Mannschaft.

    Fesselnde Anekdoten

    Es sind Anekdoten wie diese, die einen fesseln bei der Gesprächsrunde zwischen Köstner, Konrad Fünfstück, der in der vorigen Saison den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern gecoacht hat, Dieter Kurth, Trainer unter anderem beim VfL Frohnlach und der SpVgg Bayreuth, sowie Professor Stefan Voll, Leiter der Forschungsstelle für angewandte Sportwissenschaften an der Universität Bamberg. Die vier Gäste sprechen mit Ulf Felgenhauer, Sportredakteur bei TV Oberfranken, am Freitag im Lichtenfelser Stadtschloss vor rund 140 Fußball-Trainern, die das 50-jährige Bestehen der Gemeinschaft der Fußball-Trainer (GFT) in Oberfranken feiern (siehe unten stehenden Bericht), über Entwicklungen im Fußball, den Job des Fußball-Trainers und geben natürlich einiges an Insiderwissen weiter.

    Besonders das Verhältnis zwischen Coach und Spielern wird thematisiert. Während Kurth erläutert, dass er bei seinen Stationen in Regional-, Bayern- und Landesliga auf ein Miteinander mit „den Jungs“ setze und vor allem das Zusammengehörigkeitsgefühl im Team entscheidend für den Erfolg sei, tritt Köstner für eine harte Linie ein. „Die Spieler verlangen nach Führung!“, betont er und bringt ein Beispiel aus seiner Zeit beim VfL Wolfsburg: „Bei der ersten Trainingseinheit hat unser Superstar Diego nur Alibi-Fußball gespielt. Darauf habe ich ihm vor versammelter Mannschaft gesagt, dass er mit so wenig Einsatz bei mir nicht spielen wird. Diego kam anschließend zu mir, bedankte sich für die klare Ansprache und machte in der nächsten Bundesliga-Partie zwei Tore!“

    Rückendeckung sehr wichtig

    Ex-Zweitliga-Coach Fünfstück ergänzt, dass der Coach seiner Linie treu bleiben müsse und dem Fußballer keine Versprechungen machen dürfe. „Wenn ich einem Ersatzspieler zusage, dass er in der nächsten Partie in der Anfangself steht, er aber darauf im Training nachlässt und ich ihn deswegen dann nicht nominiere, wird er mir nicht mehr vertrauen und auf meinem Weg nicht mitgehen!“, sagt der Weidenberger (Landkreis Bayreuth), der trotz seiner Entlassung beim FC Kaiserslautern zufrieden mit seiner Arbeit beim Zweitligisten ist: „Am Tag meiner Kündigung bekam ich von 26 Kaderspielern 21 SMS und zwei Anrufe, dass sie die Entscheidung der Vereinsführung nicht verstehen können und wir doch auf einem guten Weg gewesen sind. Also kann ich nicht alles falsch gemacht haben.“

    Bei der Diskussion wird deutlich, wie wichtig es für einen Trainer ist, Rückendeckung von der Vereinsspitze zu erhalten. Nach rund 30 Jahren als Trainer im Profibereich erzählt Köstner auch hier über einige Ereignisse, bei denen er von den „starken Männern“ im Verein im Regen stehen gelassen worden ist. Beispiel SC Freiburg: Der Wallenfelser trat 1989 beim damaligen Zweitligisten die Nachfolge des heutigen Bundestrainers Joachim Löw an und geriet schnell mit dem damaligen Präsidenten aneinander. Dieser bestand darauf, dass wegen eines kroatischen Sponsors ein Landsmann bei den Breisgauern auflaufen sollte. Köstner weigerte sich mit den Worten „Einen Fußkranken verpflichten wir nicht“ und trat zurück. Auch beim damaligen Regionallisten TSG Hoffenheim habe Mäzen und Milliardär Dietmar Hopp keine gerade Linie verfolgt und Zusagen an den Trainer nicht eingehalten, weswegen Köstner seinen Hut genommen habe.

    Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer, dass der Trainer die wichtigste Person im Verein ist. Professor Stefan Voll betont, dass speziell im Nachwuchsbereich ein Coach ein „Leistungsentfalter“ sei, der mit psychologischem Wissen und Sozialkompetenz die Jugendlichen nicht nur für den Sport begeistern muss, sondern auch zu deren persönlicher Entwicklung beitragen muss. „Viele Kinder wechseln mittlerweile Verein und Sportart. Als Trainer kann ich also an der Schraube ziehen, dass sie beim Klub bleiben.“

    „Die Nachwuchsabteilungen sollen Produkte für den Profibereich liefern. Aber es wird übersehen, dass hinter jedem Produkt ein Mensch steht!“

    Konrad Fünfstück,

    Ex-FCK-Coach aus Weidenberg

    Konrad Fünfstück, der das von vielen Experten gelobte Nachwuchsleistungszentrum bei der Spielvereinigung Greuther Fürth betreut hat, stimmt zu, berichtet aber auch vom Einfluss, den Spielerberater bereits bei Jugendfußballern ausüben. „Es ist mittlerweile Regel statt Ausnahme, dass sich Berater beim Trainer melden und wissen wollen, wieso ihr Schützling nicht gespielt hat“, so Fünfstück, der appelliert: „Leider wird den Jungs immer weniger Zeit gegeben, sich als Persönlichkeit und als Spieler zu entwickeln. Die Nachwuchsabteilungen sollen Produkte für den Profibereich liefern. Aber es wird übersehen, dass hinter jedem Produkt ein Mensch steht!“

    Zur Person Lorenz-Günther Köstner: Geboren: 30. Januar 1952 in Wallenfels, Landkreis Kronach; Fußballprofi bei Borussia Mönchengladbach, Bayer Uerdingen, Arminia Bielefeld; Trainer u. a.: SC Freiburg, SpVgg Unterhaching, 1. FC Köln, Karlsruher SC, TSG Hoffenheim, VfL Wolfsburg, Fortuna Düsseldorf. Größte Erfolge: als Spieler deutscher Meister und UEFA-Cup-Sieger mit Mönchengladbach; als Co-Trainer deutscher Meister mit dem VfB Stuttgart; als Trainer Bundesliga-Aufstieg mit Unterhaching. Konrad Fünfstück: Geboren: 7. Oktober 1980 in Bayreuth; Trainer u. a. SpVgg Greuther Fürth (Jugend und 2. Mannschaft); 1. FC Kaiserslautern (Leiter Nachwuchsleistungszentrum, 2. Mannschaft und von September 2015 bis 20. Mai 2016 1. Mannschaft).

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