Hochgezogene Augenbrauen, ein bösartiges Grinsen, verschmierte rote Mundwinkel. Dazu noch strubbelige giftgrüne Haare und eine echte Kettensäge. Hinter einem Baum lauert der „Horror-Clown“ Passanten auf und erschreckt sie. Viele ähnliche Fälle sind aus ganz Deutschland bekannt. Am Mittwoch wurde ein solcher Vorfall in Rödental gemeldet. Dort hat laut Polizeibericht ein Mann mit einer Clownsmaske zwei 16-Jährige erschreckt. Er soll aus einem Busch hervorgesprungen sein. In seiner Hand hielt er eine laufende Kettensäge. Die Jungen ergriffen sofort die Flucht.
Am selben Abend wurde laut Oberfränkischem Polizeipräsidium ein 14-Jähriger von einem „Horror-Clown“ am Hals gepackt und hochgehoben. In Bamberg gab es einen ähnlichen Fall. Dort lief ein als Clown verkleideter Mann einem Schüler mit einem Baseballschläger hinterher. „Sofort die Polizei rufen und Hilfe suchen“, rät Ralf Fenderl, Polizeihauptkommissar der Polizeiinspektion Lichtenfels, wenn jemand Opfer eines solchen Streiches wird.
„Es sind wirre Menschen, die ihre destruktiven Neigungen nur auf diese armselige Art ausleben wollen.“
Karin Platzer,
KlinikClowns Bayern
Im Landkreis Lichtenfels gab es bis jetzt noch keine Zwischenfälle der gemeingefährlichen Grinsefratzen. Ralf Fenderl erwartet auch keine: „Ich hoffe und gehe nicht davon aus, dass sich die Lichtenfelser diesem unseligen Trend anhängen und ihren Mitbürgern auf diese äußerst fragwürdige Weise Streiche spielen wollen.“ Zudem warnt er, dass ein solcher „Clown“ mit saftigen Konsequenzen rechnen könne, falls er aufgegriffen werde. Denn auch das bloße Erschrecken könne unter Umständen bereits eine Straftat darstellen. „Dem ,Clown‘ ist bewusst, welche Konsequenzen sein übler Scherz nach sich ziehen kann“, meint Fenderl. Falls das Opfer vor lauter Angst einen Herzinfarkt erleide oder auf die Straße fliehe und von einem Auto angefahren werde, sei der Täter in diesem Fall in strafrechtlicher Hinsicht verantwortlich.
Freiheitsstrafen möglich
Auch wenn es nur beim harmlos klingenden Erschrecken bliebe, könne die Polizei trotzdem tätig werden, warnt Fenderl: „Wer grob ungehörig handelt und die Allgemeinheit belästigt oder gefährdet, handelt ordnungswidrig.“ Dann drohe dem Täter eine Geldbuße von bis zu 1000 Euro. Außerdem könne es sich, je nach Schwere des Falles, sogar um eine „Bedrohung“ oder „Nötigung“ handeln. Dies führe zu Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen.
Doch auch das Opfer eines solchen „Streichs“ kann schnell zum Täter werden. „Die Grenze zwischen Notwehr und Selbstjustiz ist in einer Stresssituation nicht immer deutlich zu erkennen“, mahnt der Polizeihauptkommissar. Wie soll sich ein Passant, der von einem „Horror-Clown“ erschreckt oder sogar angegriffen wird am besten verhalten? „Generelle Verhaltensmaßnahmen gibt es nicht“, meint Fenderl. Vieles komme auf die äußeren Umstände an. Beispielsweise, ob es dunkel oder man alleine ist oder der „Clown“ eine Waffe bei sich hat. Grundsätzlich zulässig ist die Notwehr beziehungsweise Nothilfe. Zu beachten sei aber, so Fenderl, dass die Abwehr in einem angemessenen Verhältnis zur Gefahr stehe, in der sich das Opfer befindet. Denn auch Notwehr könne im Nachhinein strafrechtlich verfolgt werden. Selbstjustiz dagegen ist strafbar.
Eigentlich sollten Clowns lustig sein, das Publikum zum Lachen bringen und mit ihren Streichen eine Freude machen. Genau das ist die Aufgabe von sogenannten Klinikclowns – und deshalb wollen sich die Künstler von den „Horror-Clowns“ deutlich abgrenzen. Der Dachverband „Clowns in Medizin und Pflege Deutschland“ ist der Meinung, dass die „Grusel-Clowns“ keine Clowns seien. „Es sind wirre Menschen, die ihre destruktiven Neigungen nur auf diese armselige Art ausleben wollen“, meint deren Pressesprecherin Karin Platzer.
Lichtenfels liegt im Einsatzbereich der Klinikclowns Bayern. Im Heilpädagogischen Zentrum der Caritas kommen die geschulten Clowns einmal im Monat zur „Visite“. Die professionellen Künstler versuchen, die Patienten in ihrem durch Routine geprägten Alltag aufzuheitern.
Die Arbeit erfordere Empathie, Können, Selbstsicherheit und viel Fingerspitzengefühl. Clowns und insbesondere die Klinikclowns würden das genaue Gegenteil zu solchen bedauernswerten Feiglingen darstellen, die sich hinter einer Maske verstecken, meint Karin Platzer von den „Klinikclowns Bayern“. Und genau die bringen die echten Spaßmacher gehörig in Verruf.
„Horror-Clowns“ trieben in Oberfranken bislang „nur“ in Bamberg und Rödental ihr Unwesen. Im Internet kursierten allerdings unzählige Falschmeldungen.
Zahlreiche Falschmeldungen
Seit vergangenem Wochenende verbreiteten sich über soziale Netzwerke mehrere erfundene Meldung für den Landkreis Lichtenfels über die Internetseite „www.24aktuelles.com“. Die Website verbreitet ganz bewusst ausgedachte Nachrichten in sozialen Netzwerken. Dort hieß es, drei „Clowns“ seien auf dem Lichtenfelser Marktplatz „mit schwerer Bewaffnung und einer Geisel" gesichtet worden. Angeblich sollen auch in Ebensfeld als „Clowns“ verkleidete Menschen gesichtet worden sein. Doch Vorsicht: Das Verbreiten einer derartigen Falschmeldung kann bestraft werden. Gegen einen 38-Jährigen aus dem Kreis Bamberg wurde bereits genau deswegen ein Ermittlungsverfahren wegen Vortäuschens einer Straftat eingeleitet.
Fenderl: Gleich die Polizei rufen
Polizeihauptkommissar Fenderl bestätigt, dass es für Lichtenfels Meldungen und angebliche Sichtung gegeben habe, diese allerdings nicht verifiziert wurden. Im Fall einer Sichtung rät Fenderl wieder: „Jeder, der entsprechende Wahrnehmungen macht, sollte sich mit der Polizei in Verbindung setzen, damit dem Verantwortlichen schnell das Handwerk gelegt werden kann.“
Trend aus den USA Der Trend, als gruseliger Clown Mitmenschen zu erschrecken, kommt aus den USA. Dort trat dieses Phänomen schon 2014 auf. Damals wurde ein Streich aufgenommen und auf Youtube hochgeladen. Das Video verbreitete sich über soziale Medien. Dieses Jahr schwappte der Trend nach Europa. Vermutet wird aber auch ein Zusammenhand mit der Neuverfilmung von Steven Kings „Es“. Der Film kommt im Herbst 2017 in die Kinos.