Kabarettist Alfred Mittermeier balancierte am Sonntag im Stadtschloss zwischen Politik, Boulevard und Alltag auf einer bittersüßen Zündschnur bestehend aus Sprachwitz, Gags und Bonmots.
Veranstalter waren die Sankt-Georgs-Pfadfinder und die Stadt Lichtenfels. Weichgeklopft mit der Keule und fein seziert mit dem Skalpell, kriegte Politik und Gesellschaft das, was sie sich über die Jahre hart erarbeitet haben: eine verschärfte Rasur gegen den Strich, ohne Schaum, querbeet durch Bürgerschichten und Parteienlandschaft.
Zeit fürs Ausmisten
Im Gegensatz zu den Scherzartikelverkäufern, die sich im weltweiten Netz tummeln und lediglich auf den schnellen Gag aus sind, zünden Mittermeiers Pointen nicht nur in ihrem Sinn und den Bildern, die sie erzeugen, sondern auch in ihren Wortspielen. Sein Thema „Ausmisten“ war die Erschaffung der Erde als paradiesischer Garten ohne Sünde. Kurz vor dem Wochenende schuf der liebe Gott noch schnell den Menschen und machte ihn zum Gärtner. Adam liebte seine Eva, allerdings hatte er keine andere Wahl. Eva jedoch hatte die Wahl, veranstaltete verbotenerweise einen Obsttag und erschuf dadurch die Sünde. „Seitdem geht?s bergab“, tönte der oberbayrische Mime.
„Wir leben in Zeiten, in denen sich Klarheit, Übersicht und Vernunft verabschieden. Mitten im Garten Eden wächst das Chaos. Der Schädling fühlt sich wohl. Unkraut gedeiht und Neurosen blühen. Hüben wie drüben, Kraut und Rüben“, war sein Urteil. Besorgte Bürger besorgten es sich selbst, indem sie besorgniserregende Politiker zu Staatsmännern wählen. Die Mitte rücke nach rechts, weil sie nicht mehr weiß, wo vorn und hinten ist. Der Gutbürger als Wutbürger. „Der Garten verwildert. Das Gestrüpp wird zum Dickicht. Es stinkt zum Himmel. Zeit zum Ausmisten“, war der 52-Jährige aus Dorfen überzeugt.
„Mitten im Garten Eden wächst das Chaos. Der Schädling fühlt sich wohl. Unkraut gedeiht und Neurosen blühen. Hüben wie drüben, Kraut und Rüben“
Alfred Mittermeier, Kabarettist
Zum Einstieg überzeugte er die nur rund zwei Dutzend Zuschauer, dass sie im Zentrum einer globalen Welt lebten, in Lichtenfels und die Bühne im Stadtschloss sei die Mitte. Mit ein paar Bonmots über den „Gottesgarten am Obermain“ oder die Residenzler in Coburg wandte sich der Schnelldenker mit der scharfsinnigen Beobachtungsgabe der großen Politik zu. Sprachlich funkelnd, bissig, zynisch, urkomisch und auch mal hoffnungslos gemein – es war alles, nur niemals bierernst. So präsentierte er sich und spielte mit ebenso frecher wie frivoler Attitüde.
Im Laufe des Abends spannte Mittermeier ein dichtes Netz aus gehobenem Nonsens, Sprachwitz und intelligentem Kabarett. Für Mittermeier ist die Sprachpointe die Wünschelrute, mit der er die Zusammenhänge findet. Dabei beherrschte der Kabarettist nicht nur Sprachwitz und satirische Wortklauberei. Er gab dem Programm ein unverwechselbares Profil, etwa wenn er nahtlos in eine Art Lyrikmodus verfällt und seine Erkenntnisse dichtet. Hinter Wortkaskaden blitzte immer ein scharfer Verstand durch.
Wie ein Fähnchen im Wind
Aus München berichtete er, dass das „bayerische ministerpräsidiale Windrad Horst Seehofer“ sich wieder für eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen ausgesprochen hätte. Demnächst sei er wieder dagegen. Dann wieder dafür. Dann wieder dagegen. Und am Ende des Tages werde Horst Seehofer vor die Kameras treten und verkünden: „Ich habe eine Lösung für alle: Wir bauen keine Startbahn. Wir bauen eine Landebahn“.
Die Markus-Söder-Obergrenze von Horst Seehofer sei um einen Markus Söder überschritten. Daher solle der Mann mitsamt dem CSU-Parteivorsitz nach Berlin abgeschoben werden. Dort werde er dann nach der Bundestagswahl Außenminister. Damit wäre sicher gestellt, dass sich zwischen Seehofer und Söder ständig mehrere Länder befinden. „Distanz schafft bekanntlich Harmonie“, war Mittermeier überzeugt.
Politclown greift nach der Macht
In Washington sah er einen Politclown an die Macht kommen. Aus Berlin berichtete er von genehmigten Waffenexporten im Wert von mehr als vier Milliarden Euro. „Wo bleibt der sozialdemokratische Aufschrei: Terroristen schießen mit deutschen Waffen?“ Sein Respekt galt den Wallonen, die sich zum Gallien der EU mutiert hätten. Mittermeier ergötze sich an den wallonischen Asterixen, wie sie mit ihrer Hartnäckigkeit den europäischen Cäsaren, der Gentechnik und dem mit Hormonen belasteten Fleisch trotzten und das ganz ohne Zaubertrank.
Au seinem im letzten Herbst erschienen Video „Braungebrannt“ zitierte er einige Passagen über die kleinen „Nazis“. Mittermeier zeichnete das Bild eines für ihn typischen Rechtsradikalen: „Offline ist er eine totale Null, aber online findet er sich mächtig und cool.“ In sozialen Netzwerken im Internet zeigten sie ihren geistigen Schaden durch virtuelles Verbreiten von Hasstiraden.