In der Stadthalle Lichtenfels feierten Tausende den Ostersonntag im Schein von Flammenwerfern und Funkenregen. Die Musiker von Stahlzeit zelebrierten ihr Osterfeuer Special 2017 gemeinsam mit den Islinger Musikanten, die das Lied „Weidmannsheil“ von der Tribüne aus begleiteten.
Lange Warteschlange
Die Warteschlange vor der Stadthalle reicht gegen 19.30 Uhr, eine halbe Stunde vor dem angekündigten Konzertbeginn, über die gesamte Länge des Schützenangers bis zur Straße. Manche rauchen, andere wedeln ungeduldig mit ihrem Ticket.
„Ich hab mir das Teil schon vor Wochen gekauft. Man kann ja nicht wissen, ob es an der Abendkasse noch welche gibt“, sagt Paul Herzberg. Der Student aus Coburg hat sich bereits vor 19 Uhr in die Schlange eingereiht und steht jetzt ganz vorne, kurz vor dem Einlass. Im Laufe des Abends wird er sich durch die Menschenmengen bis ganz nach vorne schieben und sich heiser schreien. „Das ist mein Schwur für jedes Stahlzeit-Konzert“, sagt er.
Wer, anders als Paul, erst vor Ort ein Ticket kaufen möchte, der muss sich beeilen. Die Anzahl an Karten an der Abendkasse ist stark limitiert, die Hallenauslastung bereits durch den Vorverkauf fast erreicht. Während die Vorband „Murder One“ ihre Lieder spielt und es noch fast eine Stunde hin ist, bis zum Auftritt von Stahlzeit, sind die letzten Karten vergriffen.
Beginn mit lautem Knall
Fünf, vier, drei... – ein Countdown wird auf einen schwarzen Vorhang projiziert, der die Hauptbühne verdeckt. Zwei, eins, der Vorhang fällt. Ein Schlagzeug trommelt auf die Ohren, ein Bass lässt die Halle vibrieren, Jubel brandet gegen die Bühne, Scheinwerferlicht durchschneidet die Dunkelheit, dann ein Knall und Funken. Es beginnt.
„Auferstanden aus Ruinen. Glück für Menschen und Maschinen. Eilt herbei von fern und nah. Wir sind wieder da!“, singt Frontmann Heli Reissenweber der Menge entgegen. Die Fans antworten ihm brüllend, kreischend, schreiend, klatschend, stampfend. Ein Ostersalut für den Stahlkönig.
Die ersten fünf Lieder müssen die Fans auf die Show mit Feuer und Flammen verzichten, die der Band zu europaweitem Ruhm verholfen haben. Während dieser Lieder sind noch die Fotografen im Pressegraben. „Danach darf da niemand mehr rein. Da wird alles gegrillt, und wir legen richtig los“, heißt es von Seiten der Presse-Koordination.
Lied Nummer sieben: Sonne. Funken sprühen, Flammen züngeln auf dem Bühnenboden, Feuerwalzen werfen sich der Hallendecke entgegen. Es riecht verbrannt. Und von der Bühne schallt „Die Sonne kann verbrennen, kann euch blenden“. Ein Inferno.
Rot vor Anstrengung
Vor dem Bühnengraben schält sich ein Gesicht aus den Schatten, geperlt von Schweiß und rot vor Anstrengung, den Mund so weit aufgerissen, dass man den Gaumen zittern sieht. Paul brüllt. Er hat es in die zweite Reihe geschafft. Auf der Bühne singt Reissenweber weiter: „Die Sonne legt sich schmerzend auf die Brust, das Gleichgewicht wird zum Verlust.“ Aus der Halle begleiten ihn mehr als 2000 Kehlen. Paul bringt kaum mehr als ein Krächzen heraus.
Flammen, Funken, Krach, Gesang, Brüllen, der Abend sprengt sich Song für Song voran, bis nach 23 Uhr schließlich der zweite Vorhang fällt. Auf der Tribüne erscheinen die Islinger Musikanten, blasen in ihre Instrumente und spielen „Weidmannsheil“, während sich auf der Bühne Feuersäulen der Hallendecke entgegen schrauben. Es ist das einzige Lied des Abends, bei dem sich Stahlzeit zurückhält.
Die Islinger bleiben nach ihrem Auftritt auf der Tribüne, beobachten von dort das Klang- und Flammenspektakel. Vereinzelt zucken die Musiker zusammen, wenn von der Bühne Flammen „brüllen“ und Funken knallen. Dann lachen sie gleich wieder über den plötzlichen Schreck.
„Es war schon einfach verdammt geil.“
Leonard Tribale zu seinem Auftritt mit den Islinger Muiskanten
Leonard Tribale ist seit mehr als acht Jahren Mitglied bei den Islinger Musikern. „Es war schon einfach verdammt geil“, sagt der Gymnasiast zu seinem eigenen Auftritt. Dass es nur ein einziges Lied war, findet er zwar schade, versteht es aber auch. Damit die Blasmusik zu Text und Lied der Jungs von Stahlzeit passt, mussten die Melodien umgeschrieben und drei Sonderproben eingeplant werden. Eine Wiederholung im nächsten Jahr? Von seiner Seite aus auf jeden Fall. Die Chancen stehen gut, auch Stahlzeit denkt an eine gemeinsame Show im nächsten Jahr.
Nach Ende des Konzerts schieben sich die Besucher an den Hallenwänden vorbei, durch die geöffneten Doppeltüren nach draußen. Paul ist einer der letzten. Ob auch er sich eine Wiederholung mit den Islingern wünscht? Er öffnet den Mund, schließt ihn wieder, öffnet ihn erneut, lässt es schließlich bleiben. Nickt. Und wie fand er das Konzert? Beide Daumen nach oben, zum Brüllen geöffneter Mund. Kein Ton mehr.