Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Lichtenfels
Icon Pfeil nach unten

LICHTENFELS: Der Riese im Pfarrgarten sorgt für Staunen

LICHTENFELS

Der Riese im Pfarrgarten sorgt für Staunen

    • |
    • |
    Lieve Lieckens aus Belgien vor dem Riesen im Pfarrgarten. Sie hat das meterhohe Gerüst geflochten. Der Gigant war ein absoluter Hingucker beim Korbmarkt. FOTO: Roger Martin
    Lieve Lieckens aus Belgien vor dem Riesen im Pfarrgarten. Sie hat das meterhohe Gerüst geflochten. Der Gigant war ein absoluter Hingucker beim Korbmarkt. FOTO: Roger Martin Foto: Roger Martin

    Lieve Lickens hat zwei Hobbys: Flechten und Judo. 17 Mal war sie belgische Meisterin und sieben Mal Weltmeisterin in der Kampfsportart. So jedenfalls wird sie im schmucken Programmheft des Stadtmarketing für den Korbmarkt 2017 vorgestellt.

    Im Pfarrgarten hinter der Kirche lockte die Belgierin beim Korbmarkt mit einem besonders augenfälligen Flechtwerk die Besucher in Scharen an: Eine meterhohe Figur, verkleidet als Kelte mit einem zweihörnigen Helm. Eine Nähe zu Asterixfiguren war unverkennbar.

    Solche überlebensgroße Figuren zu flechten, ist eine Leidenschaft der belgischen Flechterin. In ihrem Land macht das kaum noch jemand.

    Drei Mal war Lieve Lieckens zu Besuch beim Korbmarkt, danach entschloss sie sich, mit einem Verkaufsstand nach Lichtenfels zu kommen. Zu Hause ist die Flechterin in Keerbergen. Die Stadt liegt in einem Dreieck zwischen Brüssel, Antwerpen und Loewen.

    „Körperflechten“

    Lieckens bezeichnet es als „Riese“, was Korbmarkt-Besucher im Pfarrgarten hundertfach als Fotomotiv benutzten. Das Ungetüm im Pfarrgarten war etwa vier Meter hoch. Riesen herzustellen ist eine ausgefallene Version des Handwerks mit Weiden, „Körperflechten“ könnte man das bezeichnen, sagt Lieckens im Gespräch mit dieser Redaktion.

    „Um solch eine Figur zu flechten, brauche ich viel stärkere und größere Weiden als gewöhnlich“, sagt die Belgierin. Die Technik hingegen sei mit jener vergleichbar, die auch beim Körbeflechten angewandt wird. Besonders anspruchsvoll sei es natürlich, die Statik einer solchen Riesenfigur zu berechnen.

    Geflochtene Riesenfiguren sind in Belgien bei etlichen Stadtfesten im Einsatz. Von innen sind sie begehbar und bewegbar. Wer es beherrscht, kann mit dem Flechtgerüst tanzen oder sich drehen. Ganz besonders bekannt sind die Riesen als Teil der belgischen Tradition „Ommegangen“ (Spaziergang), auch als nationales Kulturerbe anerkannt.

    Berühmt ist zum Beispiel der Brüsseler Ommegang: Diese große volkstümliche Prozession ist eines der wichtigsten Ereignisse in der Brüsseler Geschichte und Kultur. Er bildet eine berühmte Feierlichkeit nach, die im Jahre 1549 auf dem Grand-Place zu Ehren von Karl V und seinem Sohn Philipp II veranstaltet wurde. Der seltenste Ommegang, der nur einmal alle 25 Jahre stattfindet, ist Teil der Cavalcade von Hanswijck in Mechelen. Das Ommegang-Element entwickelte sich aus der jährlichen Prozession um die Stadtmauern, die seit 1330 als Zeichen der Dankbarkeit an Mechelens Patron Saint Rumbold stattfanden, der „wundersam“ eine Belagerung beendet hat.

    „Riesenfeste“

    Es gibt sogar ganze „Riesenfeste“ in Belgien: In der Maastrichter Innenstadt treffen sich alljährlich Giganten, der Stadtriese Gigantius und rund 80 Riesen aus dem In- und Ausland war es vor einigen Jahren. Gemeinsam mit ihren Gilden, Musikkapellen und anderen Gruppen in historischen Kostümen stellen sie den Einzug von Kaiser Karl V. und seinem Sohn Philipp II. in Maastricht nach. „Das Riesenfest haben wir von der ,Stichting Reuzengilde Gigantius' organisiert.

    “ Die Mitglieder der Gilde ziehen seit über 45 Jahren mit dem Stadtriesen Gigantius durch das In- und Ausland und organisieren alle vier in ihrer Heimatstadt Maastricht das Riesentreffen.

    Den Riesen im Pfarrgarten hat Lieve Lieckens geflochten. Sie habe viel Erfahrung damit, sagt sie. Seit 2000 gibt es die Riesen aus ihrer Werkstatt in Keerbergen. Wenn sie ein solches Monstrum alleine herstelle, brauche man etwa einen Monat, so Lieckens. Sie stellt die riesigen Flechtgerüste in Auftragsarbeit her und verkauft sie. Andere kleiden den Riesen ein.

    Den Riesen im Pfarrgarten haben Bewohner aus einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung als Kelten verkleidet und für den Korbmarkt in Lichtenfels zur Verfügung gestellt. Bei einem anderen Auftrag stellte Lieckens zwei Flechtgiganten in Form einer Frau und eines Mannes.

    Hochwertige Körbe und geflochtene Schalen sind das Groß der Arbeit von Lieve Lieckens. Hier hat sich die Belgiern ebenfalls spezialisiert: Sie stellt Körbe für spezielle Maßeinheiten her. Die Besucher konnten sich beim Stand im Pfarrgarten von der Qualität überzeugen.

    Die Belgierin betreibt das Flechten als Hobby, allerdings „professionell“, wie sie sagt. Ein Viertel Jahrhundert ist sie inzwischen mit dem Handwerk verflochten. Das Flechten hat sich die Belgierin selbst angeeignet. Sie hat Kurse in ganz Europa besucht, sagt sie. Sie sei in Dänemark, Spanien, Deutschland und Frankreich gewesen, um sich fortzubilden. Damit genug Geld zu verdienen, sei ein hartes Brot. „Ich glaube nicht, dass unsere Familie alleine davon leben könnte“, so die Belgierin. Ihr Mann, der sie beim Korbmarkt begleitete, ist berufstätig.

    Der Riese dreht sich

    Der Korbmarkt in Lichtenfels sei für sie „ein sehr schöner Ort, um sich aufzuhalten“. Sie treffe „sehr nette Menschen“ aus verschiedenen europäischen Ländern. Es sei ein sehr großer Treffpunkt für das Korbmacher-Handwerk. „So etwas kenne ich sonst von nirgendwo.“ Die Besucher hätten beim Korbmarkt eine riesige Auswahl an Flechtprodukten, auch was das Preisniveau betreffe.

    Der Riesenkelte im Pfarrgarten war beim Korbmarkt ein absoluter Hingucker. Ab und zu setzte er sich sogar in Bewegung, wie von Geisterhand. Lieve Lieckens Mann sorgte dafür und immer mal wieder auch für staunende Gesichter.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden