„Wir stehen vor einer Wende in der Jugendarbeit, daher sollten wir uns mit dem Angebot und den Örtlichkeiten vertraut machen“, so Bürgermeister Andreas Hügerich (SPD). „Erst dann können wir Politiker Entscheidungen treffen“. Dabei müssten die Jugendlichen mit eingebunden werden. Entsprechend fand die Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Tourismus und Wirtschaft erstmals im Jugendzentrum Lichtenfels (JUZ) statt. Durch das Haus führte Sabrina Hund, Sozialpädagogin und Mitarbeiterinnen des Hauses.
Im Anschluss referierte der Leiter der Einrichtung Thomas Blößl über die Herausforderungen und Spannungsfelder der offenen Kinder- und Jugendarbeit. „Früher gab es kaum Räume in denen Jugendliche die Ablösung vom Elternhaus proben konnten“, stellte er fest. Heute dagegen böten Raum und Ausstattung den Jugendlichen eine entsprechende Gelegenheit.
Das 1996 gebaute Zentrum verfüge über 740 Quadratmeter und werde von zwei Fachkräften in Vollzeit und drei Bundesfreiwilligen geführt. Unter der Trägerschaft der Stadt Lichtenfels teilten sich die Kosten je zur Hälfte der Landkreis und die Stadt. Täglich kämen 30 Besucher im Alter von elf bis 27 Jahren. Der größte Teil komme regelmäßig.
Balanceakt
Als Balanceakt bezeichnete Blößl die Anforderungen von außen, der Stadt und dem Landkreis, die eigene Vorstellung vom fachlichen Handeln und die Selbstorganisation sowie Abgrenzungsbestrebungen der Jugendlichen. Die Lebenslagen und Bedürfnisse änderten sich. Es scheine immer weniger klar, wann Jugend anfange und wann sie aufhöre.
Ein neues Medienverhalten und verändertes Kommunikationsverhalten sei festzustellen, sowie der demografische Wandel und der Verlust des öffentlichen Raumes. Blößl erinnerte auch an die steigende Zahl der Jugendlichen mit Migrationsgeschichte.
Bürgermeister Hügerich stellte das enorme Spektrum des Jugendzentrums fest. Vieles sei aber auch die Aufgabe des Elternhauses, gab er zu bedenken, zum Beispiel die Bewerbung für einen Beruf.
Monika Faber, die die Entwicklung des Hauses von Anfang an miterlebt hatte, sah Veränderungen. „Man muss sich der Entwicklung anpassen und das Mitspracherecht der Kinder und Jugendlichen gewährleisten“, sagte sie.
Georg Meißner (CSU) war von der Atmosphäre des Jugendzentrums beeindruckt. Er vermisste aber einen Aufzug oder einen Treppenlift. „Wir müssen auch an jugendliche Rollstuhlfahrer denken, für die es fast unmöglich ist, das Angebot im Obergeschoss zu nutzen“, sagte er.
Zum Schluss fasste Thomas Blößl drei für ihn wichtige Punkte zusammen. Für die kommunale Stadtentwicklung hielt er für wichtig, dass genügend offene Räume in der Kommune existieren, in denen Kinder und Jugendliche eigenverantwortlich und selbstbestimmt ihre Erfahrungen sammeln können, zum Beispiel das Jugendzentrum, Spielplätze oder den Skatepark.
Der Übergang von der Schule in den Beruf bedürfe immer häufiger der Unterstützung von außen, gerade bei schwächeren Schülern. „Ein reibungsloser Übergang in das Berufsleben ist die Voraussetzung, um die Lehrstellen in der Region zu besetzen“, machte Blößl deutlich. Für die Standortwahl von Fachkräften und höher Qualifizierten spiele neben der Berufskarriere, vor allem die Angebotsstruktur im Kinder- und Jugendbereich, eine immer wichtigere Rolle. Meist handele es sich um junge Familien, die ihre Kinder ausreichend versorgt wissen wollen.