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LICHTENFELS: „Automatisch zum Kunden“

LICHTENFELS

„Automatisch zum Kunden“

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    Ehepaar Ender aus Wolfsloch kauft gern frische Milch aus dem Automaten der Milchtankstelle am Bauernhof von Bernd Schnapp in Hochstadt. FOTOs: Andreas Welz
    Ehepaar Ender aus Wolfsloch kauft gern frische Milch aus dem Automaten der Milchtankstelle am Bauernhof von Bernd Schnapp in Hochstadt. FOTOs: Andreas Welz Foto: Andreas Welz

    Was in den Supermärkten als Milch verkauft wird, hat in der Aufbereitung an Geschmack und Nährstoffen eingebüßt. Der bewusste Kunde fragt zunehmend nach dem ursprünglichen Naturprodukt: unbehandelter frischer Milch. Die Selbstvermarktung wird mittlerweile ein wichtiges Standbein für kleine und mittlere Höfe – und die Milchtankstelle ist der effektivste Weg dieser Selbstvermarktung: kein Hofladen, kein Personal und wenige Auflagen. Die Nachfrage ruft nach Angebot: Immer mehr Milchbauern bieten ihren Kunden melkfrische Rohmilch vom hofeigenen Milchautomaten an: Geld einwerfen, Milch zapfen, fertig. Rund um die Uhr, sieben Tage in der Woche.

    Das Thema stand auch im Mittelpunkt einer Informationsveranstaltung des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Aelf) in der Gaststätte Karolinenhöhe. „Automatisch zum Kunden“ – Automaten zur Vermarktung von Milch und regionalen Produkten war das Thema. „Die Nachfrage nimmt zu“, betonte auch Veranstaltungsleiterin Simone Vetter, Fachlehrerin Hauswirtschaft im Aelf Coburg. Im Landkreis gebe es derzeit nur zwei Betriebe, die diesen Service ihren Kunden anböten. Die Reaktion der Zuhörer, Landwirte aus ganz Oberfranken, zeigte ein besonderes Interesse an dieser Möglichkeit, die Einkommenssituation zu verbessern.

    „Wachse oder Weiche“

    Das Hauptreferat hielt Rebecca Gundelach vom Aelf Bad Neustadt an der Saale. Die deutsche Landwirtschaft unterliege seit vielen Jahren einen beständigen Strukturwandel. Die alte Devise „Wachse oder Weiche“ werde den individuellen Anforderungen nicht mehr gerecht. Deshalb würden alternative Einkommensmöglichkeiten immer bedeutungsvoller. „Betriebe haben so die Möglichkeit, durch gezielte Vermarktung ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die betriebseigene Wertschöpfung zu steigern“, sagte die „Mistress of Science“, die ihr Diplom in England absolvierte.

    Automaten lägen im Trend, ihr Netz werde täglich dichter, stellte Gundelach fest. Den Bauern sichere diese Direktvermarktung einen fairen Preis für ihr Produkt, und die Kunden bekämen Produkte in einer Qualität und Frische, die der Supermarkt nicht bieten könne. Die Milch zum Beispiel aus dem Supermarkt lege meist einen langen Weg hinter sich, bis sie das Kühlregal erreiche. Die Milchtankstelle ermögliche es, Milch ohne jeglichen Zwischenhandel direkt vom Produzenten zu beziehen.

    Jeder kenne die großen Benzinmarken. Der eine fahre lieber zum blauen Logo, der andere bevorzuge die gelbe Muschel - das aber dann auch möglichst überall. „Einheitliches Konzept, Erscheinungsbild und Service - das schafft Vertrauen und Kundenbindung“, unterstrich die Referentin. Die Landwirtschaft müsse sich daher nach außen besser präsentieren.

    Unterhaltung und Erlebnis

    Auch die Essgewohnheiten hätten sich gravierend geändert, stellte Gundelach fest. Immer mehr Menschen essen nicht mehr zuhause. In den Lokalen genüge nicht mehr allein das Essen, sondern die Gäste wünschten sich Unterhaltung und Erlebnis. Durchschnittlich gebe jeder 6,39 Euro für das Essen im Bistros, Snackbars oder Lokalen aus. Der Online-Handel mit Lebensmitteln boome. 2015 hätte jeder Deutsche durchschnittlich 1321 Euro beim Online-Shoppen ausgegeben. Das Wissen um die Zubereitung der Speisen nehme trotz vieler Kochshows ab.

    Die Landwirtschaft könne auf dem neuen Weg der Direktvermarktung eine Lücke füllen. Dabei spielten die Automaten eine immer größere Rolle, sagte die Referentin. So würden eigene Produkte wie Milch, Eier oder Fleisch besser vermarktet. Ein Landwirt in Unterfranken biete sogar Kartoffeln in Zehn-Kilo-Säcken aus dem Automaten an. Ein anderer verkaufe die meiste Milch um 3 Uhr früh. Bisher gebe es in Bayern 169 Lebensmittelautomaten auf Bauernhöfen, Tendenz steigend. Die Chancen für den Bauern seien, neue Kunden zu gewinnen und die Betriebskosten zu senken. Zu den Risikofaktoren zählte Gundelach den geringen Kundenkontakt, die Störung der Nachbarn und die Investitions- und Betriebskosten.

    Gemeinschaften bilden

    Mit Betriebskosten, wie Strom oder Reinigung, müssten mit 700 Euro im Jahr gerechnet werden. 6200 Euro kämen zusammen, wenn der Automat täglich eine Stunde gewartet werde. Wenn dieser auf öffentlichen Plätzen oder im Supermarkt aufgestellt werde, kämen die Pacht- oder Mietkosten dazu. Rund 15 000 Euro kostet ein Automat mit Geldwechsler. Die Referentin empfahl den Landwirten Gemeinschaften zu bilden, die sich mit den eigenen Produkten ergänzen könnten. Grundsätzlich sei ein guter Standort, die Produktvielfalt und effektive Öffentlichkeitsarbeit wichtig für die Rundumversorgung der Bevölkerung.

    Im zweiten Teil der Veranstaltung berichtete Judith Scheuerlein aus Spalt über ihre Erfahrungen zum Milchverkauf und regionalen Produkten per Automaten direkt am Bauernhof. Michael Richtmann aus Kondrau gab einen Erfahrungsbericht zum Verkauf pasteurisierter Milch per Automat im Lebensmittelmarkt.

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