Wie gehe ich mit meinem Kind bei Problemen in der Schule um? Wie viel Zeit sollte es vor dem Smartphone verbringen? Was bedeutet es, Verantwortung für eine Familie oder in einer Beziehung zu haben? Und welchen Sinn sehe ich überhaupt in meinem eigenen Leben?
Es sind Fragen mit denen sich viele Familien konfrontiert sehen. Hilfe und Unterstützung dabei bietet die Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Eltern, Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenslagen zu unterstützen und bietet eine kostenlose und vertrauliche Beratung an.
Die Themen, die dabei in den Sitzungen angesprochen werden, reichen von Schul- und Ausbildungsproblemen, Beziehungsproblemen sowie Trennungs- und Scheidungsproblematiken über Entwicklungsauffälligkeiten bis hin zu emotionalen Schwierigkeiten und besonderen Belastungssituationen.
„Bei diesen häufigsten Beratungsgründen ist derzeit aber kein Trend abzulesen. Die Nennungen verhalten sich ähnlich wie in den Vorjahren“, berichtet Albert Kempf, der Leiter der Beratungsstelle. Im vergangenen Berichtszeitraum habe sein Team 573 Klientenfamilien betreuen können. Neben Brigitte Löffler, Claudia Ortloff und Martina Lutter gehört seit Oktober diesen Jahres auch der Psychologe Nikolas Auer zum Team dazu.
Nachdem er im Sommer die Ausschreibung für die Stelle des Psychologen entdeckt hatte, setzte er alles daran Teil des Beratungsteams zu werden. Der 30- Jährige wuchs in Regensburg auf und gründete nach dem erfolgreichen Ablegen der Bachelor- und Masterprüfung im Studienfach der Psychologie eine Familie in Bamberg. „Somit hat sich mein Lebensmittelpunkt von der Oberpfalz nach Oberfranken verschoben“, stellt er lächelnd fest.
Hilfe für trauernde Kinder
Derzeit liegt der Schwerpunkt seines Engagements in der Arbeit mit Kindern, die trauern. Sein ehrenamtliches Projekt der Trauerinitiative „ZwischenGeZeiten“ basiere rein auf Spenden. „Es ist ein ,non-profit Projekt‘“, so betont er: „Wir möchten Menschen bei ihrer Trauer begleiten und ihnen zeigen, richtig damit umzugehen.“ Denn vor allem nach schweren Schicksalsschlägen würden sich die Betroffenen auf die Suche nach dem „Warum?“ und dem „Wofür?“ begeben, den Sinn in den Ereignissen suchen.
Das sogenannte „Sinnorientierte Coaching“ sei im Fokus des diesjährigen Agierens gewesen, wie Alfred Kempf informiert: „Es gab viele Vorträge zum Thema Sinn im Leben.“ Hingegen der weitläufigen Meinung solle das Handeln des Menschen sich nicht nach dem Streben nach Glück ausrichten, sondern im Streben nach einem Sinn. „Der Sinn ist wichtiger als kurzfristige Freude. Er schlägt den Spaß.
Denn der entscheidende Unterschied ist: Das Glück ist kurzfristig, Sinn hingegen ist zukunftsgerichtet und daher für länger geltend“, legt der Psychologe dar und macht klar: „Wer sein Leben als sinnvoll empfindet, lebt langfristig gesehen zufriedener.“
Den universellen Lebenssinn gäbe es seiner Ansicht nach nicht. „Schon bei kleinen Kindern ist aber das Suchen nach einem Sinn im Handeln zu beobachten. Vergleicht man die Reaktionen auf eine Handlung die Sinn ergibt und eine, bei der keiner zu erkennen ist – kann man das schon bei den Jüngsten feststellen. Allgemein gilt für uns: Es geht nicht um das Glück, sondern um den Sinn im Leben. Dabei aber nicht um den einen Lebenssinn, sondern vielmehr um einen Alltagssinn.“
Das Gespräch suchen
Neben der Suche nach dem Sinn, hat Martina Lutter eine weitere Schwierigkeit in unserem Leben erkannt. Die Sozialpädagogin erläutert: „Viele haben verlernt, direkt miteinander in Kontakt zu treten.“ Die fehlende Bereitschaft sich mit dem Gegenüber auszusprechen, führe häufig zu Problemen in einer Beziehung oder Familie. Aber was kann man dagegen tun? Sie erklärt: „Den Eins-zu-Eins-Kontakt kann man nur üben.
Es ist ein Prozess, der sich entwickelt, da gibt es nicht den einen Lösungsweg.“ Claudia Ortloff führt weiter: „In erster Linie haben die Eltern Vorbildfunktion für ihre Kinder. Deswegen ist jeder Einzelne für sich gefragt und hat die Verantwortung, seinem Kind ein gutes Vorbild zu sein, eben auch darin, Probleme untereinander anzusprechen.“
Martina Lutter kann die Bedeutung der Vorbildrolle bestätigen. Sie sieht die Aufgabe darin, Eltern darauf aufmerksam zu machen, welche Rolle tatsächlich das Vorbild spielt, das die Kinder in ihnen sehen. So beispielsweise in der Smartphonenutzung: „Man beobachtet es leider überall: Selbst wenn Mütter mit ihren kleinen Kindern unterwegs sind, schenken sie ihre Aufmerksamkeit dem Smartphone und nur wenig dem Kind, dass vielleicht sogar gerade eine wichtige Erfahrung macht. Man braucht sich dann über die erschreckende Aussage von Kindern nicht wundern: ,Mama, wenn ich groß bin, werd ich dein Smartphone.'“
„Es ist wirklich schlimm wie schnell sich das entwickelt“, bestätigt Claudia Ortloff. Mit ihrem Kurs „Eltern – Medienkonsum - Jugendliche“ möchte sie helfen, die Herausforderung des problematischen Medienkonsums bei Jugendlichen zu meistern. Die Fixierung auf das Medium Smartphone sei in ihren Augen aber auch verständlich: „Es befriedigt eben alle möglichen Bedürfnisse.“
Kontakte, Musik, unkomplizierter Internetzugang und ein schneller Nachrichtenaustausch. „Ziel ist es, die Eltern für den Medienkonsum ihrer Kinder zu sensibilisieren um Probleme frühzeitig zu erkennen und damit umgehen zu können. Es ist eine große Herausforderung für uns alle, das richtige Maß zu finden.
Zur Veranschaulichung bringt sie ein Beispiel: Briefe schreiben vs. Smartphone-Kommunikation. „Es ist ein ganz anderer Wert des Schreibens. Man überlegt mit Bedacht was man zu Papier bringt und dem voraus geht eine ganz andere Reflexion: Was will ich dem anderen schreiben? Was hat den Wert erzählt zu werden? Es ist eine völlig andere Herangehensweise als die schnelle, flüchtige und oft unüberlegte Kommunikation über das Smartphone.
Eine eigene Qualität
Unser Beratungsbereich gibt das noch her: Es bleibt einfach eine eigene Qualität einen Termin zu vereinbaren und sich mit dem gegenüber wirklich auseinanderzusetzen.“ Brigitte Löffler veranschaulicht dies: „Bei einem Beratungstermin bist du an einem anderen Ort und verarbeitest etwas. Eine Frau die einmal einen Termin besucht hat, ist mir auf dem Gang begegnet. Sie hat damals gesagt. ,Sie arbeiten langsam. Bitte bleiben sie dabei.' Ich war zuerst verwundert, aber das stimmt. Die Beratungsstelle setzt sich intensiv mit den Menschen auseinander, nicht ,schnell, schnell' und oberflächlich. Wir möchten die Familien wirklich weiterbringen.“ Albert Kempf weiß: „Erziehung ist und bleibt ein Abenteuer. Und das ist auch gut so.“