Das Regiomed-Klinikum lud am Donnerstag zur Vortragsveranstaltung „Herz und Hirn“ in die Stadthalle ein. Im Rahmen der Herzwochen der Deutschen Herzstiftung informierten Chefarzt Dr. Erich Dünninger (Kardiologie) und Chefarzt Dr. Constantin J. Zühlke (Neuroradiologie) über das Thema Schlaganfall und die Vielfalt der Behandlungsmethoden am Klinikum Lichtenfels.
Der alteingesessene Herzspezialist und der jüngere Neuro-Radiologe ergänzen sich am Klinikum interdisziplinär. Und der Mensch, sprich Patient, fühlt sich im Falle eines Falles gut aufgehoben.
Ein gut gelaunter stellvertretender Landrat Helmut Fischer freut sich über den großen Zuspruch der Bevölkerung: „Ich staune, wie viele Gäste da sind. Aber mir wär's lieber, wenn fast keine da wären.“ – „Mich betrifft's ja nicht, bin ja pumperl gesund,“ würden viele denken und erst im Not- und Ernstfall erkennen, wie wichtig eine gute medizinische Versorgung und die Unterstützung einer guten Versicherung sei. Jedenfalls sei der Landkreis mit Regiomed bestens versorgt. Man könne sich gut aufgehoben fühlen.
Bewegung, Bewegung, Bewegung
Das Credo von Drittem Bürgermeister Winfried Weinbeer, beauftragt von Stadtoberhaupt Andreas Hügerich, der in Übersee weilt, ist „Bewegung, Bewegung, Bewegung – und natürlich vernünftige Ernährung, wenig Alkohol, wenig Rauchen.“ Das aber nicht mit erhobenem Zeigefinger vorgebracht, sondern seinem typischen Schmunzeln.
„Das Herz ist wie ein Motor, der Sinusknoten die Zündspule und das Zusammenziehen des Herzens die Zündung und die Zündabfolge“
Dr. Erich Dünninger, Chefarzt Kardiologie
Der gleichen Meinung ist auch Herr Grebner, der Bereichsleiter der AOK (einer der Sponsoren). Dieser war auch angetan von der regen Teilnahme. Er wisse aber, dass die meisten aus ernsthaften Gründen gekommen seien. Er legte den Besuchern auch viele kostenlose Kurse der AOK zu Themen wie Bewegung, Ernährung und Entspannung im Bereich der Prävention und Nachsorge ans Herz. „Bleiben Sie gesund oder werden Sie gesund!“
Auch Dünninger dankt erst mal dem Sponsor, der das ganze „finanziell aufmöbelt“, und vor allem dem Roten Kreuz. Besonders sympathisch, dass er seine Organisatorinnen von der Verwaltung nicht vergaß, die regelmäßig ihre Freizeit opfern würden. Das komme nicht von ungefähr: Deren Einsatz und ihre Unterstützung – Zeigen und Erklären der Therapien und Schirmchen vor Ort – komme bei den Leuten gut an. Sein Dank galt auch dem Engagement von Petra Ernst von der Herzsportgruppe.
„Das Herz ist wie ein Motor, der Sinusknoten die Zündspule und das Zusammenziehen des Herzens die Zündung und die Zündabfolge“, erklärte Dünninger humorig. Seine mulitmediale Präsentation war visuell perfekt aufgemacht. Auch der Laie konnte den Kontext seines Vortrages verstehen, „wie sich „Schirmchen“ zur Behandlung von Schlaganfällen einsetzen lassen.
Rund 250 000 Menschen erleiden in Deutschland jährlich einen Schlaganfall, davon 80 Prozent durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) ausgelöst, das ein Blutgefäß verschließt. Teile des Gehirns werden mit Blut nicht mehr richtig versorgt. Viele entstünden durch Vorhofflimmern im linken Vorhofohr, so der Mediziner. Eine Standardmethode sei eine medikamentöse Therapie mit Gerinnungshemmern, beispielsweise Marcumar.
„Schirmchen“ zu empfehlen
Eine der möglichen Nebenwirkungen dieser herkömmlichen medikamentösen Therapie seien Hirnblutungen und erhöhte Blutungsgefahr an sich. Deshalb empfiehlt Dr. Dünninger den Verschluss des linken Vorhofohrs durch ein Implantat, dem so genannten Schirmchen.
Auch ein Loch in der Vorhofscheidewand stehe im Verdacht, über Thrombosen Schlaganfälle auszulösen. Dabei handelt es sich um eine offene Stelle in der Scheidewand zwischen den Herzvorhöfen, die aufgrund einer Fehlentwicklung bei einigen Menschen bestehen bleibt. Auch diese Öffnung könne mit einem Schirmchen verschlossen werden. Bei beiden Methoden handele es sich um minimalinvasive Eingriffe, die über die Leiste mittels Katheter erfolgen.
Besonders interessant seine Darstellungen des „Vorhofohrs“, das zwar jeder hat, aber im Falle des Vorhofflimmerns besonders groß wäre. Manchmal würde man sogar zwei Schirmchen zum Verschließen benötigen. Den erfolgreichen kompletten Vorhofverschluss verglich der Chefarzt mit der Form einer Erdbeere. Er lobte die Fortschritte in der 3D-Bildgebung, mit der solche OPs überhaupt erst möglich seien. Ein Schluckecho zur Diagnostik im Vorfeld, bei dem alle Fehlbildungen des Herzens genau untersucht werden können, empfiehlt er grundsätzlich vorbeugend allen Tauchern und Möchtegerntauchern.
Herzsportgruppe weckt auf
Die agile Schwester Petra Ernst mit ihrer Herzsportgruppe sorgte im Anschluss für Kurzweil auf der Bühne und regt zum Mitmachen an. „Vor allem wacht man zwischen den Vorträgen wieder auf“, sagte sie lachend. Und das Publikum machte begeistert mit. Mit ihrer lustigen Art und den einfachen Choreographien beweist Petra Ernst mit ihrer Crew, dass man auch nach schwerer Krankheit noch Sport machen und viel Spaß haben kann.
Neuro-Radiologe Dr. Constatin J. Zühlke klärte nach der Pause die Frage „Was macht das Gerinnsel aus dem Herz im Hirn?“ in einem äußerst humorvollen sehr bildhaften Vortrag „Das Schirmchen ist wie vorbeugender Brandschutz. Und wenn's doch passiert, dann ist meine Behandlung der 'Einsatz der Feuerwehr'.“
Bahnbrechende neue Methode
Wenn das Gerinnsel bereits ins Gehirn gewandert und es zum Schlaganfall (Stroke) gekommen ist, kann dieses über einen Mikrokatheter mechanisch entfernt werden. Diese bahnbrechende neue Methode vermeidet schwere Behinderungen nach einem Schlaganfall, indem sie eine verstopfte Hirnarterie von einem Blutgerinnsel befreit. Diese Methode sei seit 2015 immer mehr verfeinert und weiterentwickelt worden, erläuterte der Referent. Von der Leiste aus schiebt der Arzt spezielle Aspirationskatheter oder so genannte Stentretriever („wie durch einen Teig“) bis an die Stelle des Gehirns, wo das Blutgerinnsel eine Arterie blockiert hat.
Der Katheter, den Dr. Zühlke mit einer Spirale, die den Ofen säubert, verglich, durchbohrt den Thrombus und umschließt das Gerinnsel mit einem Stent. Anschließend kann es über einen Hohlkatheter abgesaugt werden. „Wie bei einer Fischreuse.“ Diese Behandlungsmethode wurde in den vergangenen Jahren so weit verfeinert, dass mittlerweile fast 90 Prozent der Gefäße wieder geöffnet werden können.
Mit Schrecken erinnerte der Mediziner an frühere Zeiten, als man den Patienten einfach liegen gelassen und abgewartet habe. Auch die medikamentöse Lysetherapie, die immer noch angewendet wird, komme an ihre Grenzen. Ganz wichtig sei hierfür der Faktor Zeit. In seiner Präsentation visualisiert der Referent eindringlich das knappe Zeitfenster für die jeweilige Behandlungsmethode.
Er schilderte Fälle von Kindern – sogar ein einjähriger Säugling war dabei – und über 80-Jährigen, bei denen diese Methode erfolgreich funktioniert hat. Auch Dr. Dünninger konnte am Ende seine Bewunderung für diese relativ neuartige Behandlungsmethode nicht verhehlen und freut sich mit Zühlke zusammenarbeiten zu können. Sogar er habe heute wieder neue Erkenntnisse gewonnen, lobt der „alte Hase“ den „Jungspund“.
Mit ihrer natürlichen humorvollen Art wurden die beiden nicht müde, Rede und Antwort auf die zahlreichen Fragen im Anschluss zu geben.