Aus dem Telefon schallt zu abendlicher Stunde die pure Freude, in die sich ein Ton des Erstaunens mischt. „Hoho, heute ging ganz schön was ab“: Sänger und Keyboarder Klaus Pfreundner kann noch immer nicht fassen. Für den ehemaligen Melkendorfer und seine Kollegen von der Band „Radspitz“ geht die musikalische Erfolgsgeschichte rund um den isländischen Fußball weiter. „Wenn der Isländer ruft“ oder „Iceland Call“, wie die Fußballhymne in der englischen Version heißt, war gestern – jetzt heißt es „Road To Russia“, so der Titel ihres neuesten Island-Hits.
„Der Trainer erläuterte im Pub den Fans seine Taktik, was wohl einmalig in der Fußballwelt sein dürfte.“
„Aischzeit“-Frontmann Pfreundner über Heimir Hallgrimmsson
Die isländische Fußballnationalmannschaft hat ihr Ticket für die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr in Russland gelöst.
Wenn Glücksgöttin Fortuna es weiter so gut mit der oberfränkischen Partyrockband meint, dann könnten Klaus Pfreundner, Manuel Balzar (Gitarre und Gesang) aus Bad Staffelstein, Lars Rau (Gitarre und Gesang) aus Wunsiedel, Oliver Classen (Bass und Gesang) aus Hammelburg und Johannes Klütsch (Schlagzeug) aus Bamberg ihre isländischen Freunde auf der „Road To Russia – der Straße nach Russland“ begleiten.
Ein Stück Fußballgeschichte
Bereits hautnah mit dabei war Pfreundner, als die isländische Nationalmannschaft am 9. Oktober in Reykjavik mit einem 2:0 über das Team von Kosovo den Gruppensieg errang. „Es war der Hammer, erleben zu dürfen, wie die isländische Nationalmannschaft ein weiteres Mal ein Stück europäischer Fußballgeschichte schrieb“, schwärmt Pfreundner, dem der Fanclub des isländischen Nationalteams eine Karte spendiert hatte. „Nach ihrer viel umjubelten Premiere bei der der EM im vergangenen Jahr sind die Fußball-Wikinger nun erstmals auch bei einer WM vertreten.“
Der isländische Fußball schwimmt derzeit auf einer Welle der Euphorie. Das bekam Pfreundner bei seinem Besuch auf der Insel zu spüren. „Als aus 15 000 Kehlen ein kollektives Huh durchs Stadionrund schallte, zog es mir die Gänsehaut auf“, beschreibt der 50-Jährige die Stimmung in der Fußballarena. Für manchen Journalisten versprüht sie den Charme einer Bezirkssportanlage, für Pfreundner hingegen ist sie „klein, aber heimelig“.
Mit „Iceland Call“ eingeheizt
Vor dem Spiel durfte der Oberfranke in einem Pub den Fans mit dem Song „Iceland Call“ einheizen und dem Nationaltrainer Heimir Hallgrimmsson kurz die Hand schütteln. „Der Trainer erläuterte im Pub den Fans seine Taktik, was wohl einmalig in der Fußballwelt sein dürfte. Deshalb mussten alle Handys abgeschaltet werden. Wer nicht zum Fanclub zählte, wurde nach draußen gebeten“, plaudert Pfreundner aus dem Nähkästchen.
Inzwischen überschlagen sich die Ereignisse bei der Gruppe „Radspitz“. Auch die Ösis, die sich im vergangenen Jahr bei der WM den Fußballern aus dem hohen Norden geschlagen geben mussten, fahren auf das Fußballerlied „Wenn der Isländer ruft“, ab. Am 12. Oktober wurde die Gruppe bei den „Top Of The Mountains Music Awards“ für ihren Song zur besten Partyrockband gekürt. „Ob Deutschland, Island oder Österreich – die Hymne funktioniert inzwischen länderübergreifend“, bilanziert Pfreundner stolz.
Auch der neue Hit „Road To Russia“ kam bei der Preisverleihung in Österreich gut an. Im hohen Norden schlägt die rockige Hymne, die den Gemeinschaftsgeist beschwört, allerdings noch höhere Wellen. Der emotionale Ausbruch eines isländischen Fernsehkommentators, jubelnde Fans und die isländische Mannschaft, die im offenen Doppeldeckerbus durch die Straßen Reykjaviks fährt – das dazugehörige Musikvideo ist gespickt mit Bildern, die Erinnerungen an große Fußballmomente wecken und jedem isländischen Fußballfan zu Herzen gehen.
Zunächst dümpelte das Video auf der Facebook-Seite der Band vor sich hin. „Als der isländische Fußballverband das Video teilte, schnellten die Klickzahlen innerhalb eines Tages von 10 000 auf 18 000 nach oben“, erzählt Pfreudner. Und täglich werden es mehr.
Ins Mannschaftsquartier eingeladen
Doch damit nicht genug: Vom Fanclub „Tolfan“, was auf Deutsch so viel bedeutet wie „Der zwölfte Mann“ erhielt er die Anfrage, bei der WM 2018 mit „Radspitz“ im Mannschaftsquartier der isländischen Nationalmannschaft zu spielen. „Das wäre ein Ritterschlag für mich und meine musikalische Mannschaft. Es gibt nicht viele Bands, die eine solche Einladung erhalten. Wir sind uns der Einzigartigkeit dieser Sache bewusst.“
Diese Chance wollen sich die Musiker von „Radspitz“ nicht entgehen lassen und sagten sofort zu. „Noch ist nichts in trockenen Tüchern. Von den Bestimmungen der Fifa über das Thema Sicherheit bis hin zum Visum – es gibt noch viel zu regeln. Ob wir dabei sein werden, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.“
Pfreundners Herz wird bei der WM im nächsten Jahr für die Isländer schlagen. „Weil ich die Geschichte von David und Goliath kenne und ich David liebe.“ Den Isländern traut er sogar mehr zu als den Deutschen. Warum? „Die Isländer haben im Unterschied zu den Deutschen nichts zu verlieren. Sie können befreit aufspielen, während auf dem Titelverteidiger eine Erwartungshaltung lastet, die lähmt.“