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LICHTENFELS: „Des Huelzfraala frierd“

LICHTENFELS

„Des Huelzfraala frierd“

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    Ob sich noch in der heutigen Zeit ein Holzfräulein auf dieser verschneiten Bank ausruht? FOTO: Andreas Motschmann
    Ob sich noch in der heutigen Zeit ein Holzfräulein auf dieser verschneiten Bank ausruht? FOTO: Andreas Motschmann Foto: Andreas Motschmann

    Als früher im Januar die Eisblumen das Fenster bedeckten und die Eiszapfen am Dach des Bauernhofes hingen, erzählten am Kachelofen die Menschen sich Geschichten. Besonders beliebt waren im Winter die Volksagen vom Holzfräulein, eine Sagengestalt aus Franken. So überrascht es nicht, wenn wir besonders viele davon aus Oberfranken kennen. Auch wurden sie gerne am Obermain erzählt.

    Passend zu diesem Wintermonat gehört die Geschichte vom frierenden „Huelzfraala“: In einem kleinen Dorf am Obermain lebte vor langer Zeit die alte Bärbel. Die Witwe wohnte alleine in ihrem einstöckigen Haus am Ortsrand. Wenn es besonders kalt war und die Eisblumen die einfachen Fenster bedeckten, verriegelte die Frau am Abend von ihrer zweigeteilten Tür nicht die untere Hälfte.

    Ein Platz zum Aufwärmen

    Sie wusste, dass an diesen sehr kalten Nächten ab und zu das Holzfräulein aus dem nahe gelegenen Wald kommt. In einer Januarnacht lag Bärbel schon sehr zeitig in ihrem Bett. Doch kurz vor dem Einschlafen hörte sie leise Schritte auf dem Bretterboden und bald sprach an ihrer Bettstatt eine Stimme: „Bärbel, rutsch ein wenig auf die Seite, damit ich mich bei dir aufwärmen kann!“

    Nun, die Bärbel macht Platz und so konnte sich das Holzfräulein in ihrem warmen Bett kuscheln. Das Holzfräulein erzählte ihr ein wenig von ihrem Leben im Wald, und auch Bärbel konnte von ihrem Tag erzählen. Dann gab ihr das Holzfräulein noch vor dem Einschlafen einen Ratschlag mit auf den Weg: „Vergreif dich nicht an einem fruchtbaren Baum, erzähl früh nüchtern keinen Traum, back am Freitag kein Brot, so hilft dir Gott aus aller Not.“

    Als am anderen Morgen Bärbel aufwachte, war das Holzfräulein schon längst auf und davon. Die alte Frau stand auf, trank ihren Malzkaffee und aß ihr Brot mit Marmelade. Danach kehrte sie das Haus aus. Vor ihrem Bett lag etwas Moos vom Holzfräulein. Als sie mit der Kehrschaufel das Moos draußen auf den Mist werfen wollte, bemerkte sie, dass es in der Sonne glitzerte und funkelte. Da nahm sie das Moos und hatte pures Gold in der Hand. Das war das Geschenk vom Holzfräulein.

    Dieser Spruch in der Geschichte ist weit verbreitet und wir finden ihn auch in anderen Volkssagen oberfränkischer Landkreise. So im Kulmbacher Land oder im Landkreis Bayreuth. Dort in Wohnsgehaig sagte ein Holzfräulein einer Bäuerin am Schöchteleshof: „Reiß nicht aus einen fruchtbaren Baum, erzähl keinen nüchternen Traum.“

    Gut gesonnene Geister

    Holzfräulein sind dem Menschen gut gesonnene Geister aus der Sagenwelt Frankens. Im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens wird das Holzfräulein auch als Hulzfrau, Rüttelsweiber, Waldweiblein oder Moosleute bezeichnet. Im Kleinen Lexikon der Dämonen und Elementargeister werden sie auch als Wilde Leute bezeichnet und als Erläuterung steht dazu: „Die Vorstellung von den wilden Leuten, die die Natur und besonders die Tiefen des Waldes beleben, geht zweifellos auf die Einstellung des mittelalterlichen Menschens zum Wald zurück. Der Wald als unbewohnbarer Ort war unheimlich und voller dunkler Geheimnisse. Wie der mittelalterliche Mensch der ganzen Natur mit Geistern und Gespenstern belebt dachte, so war es vor allem der Wald, der von unheimlichen und bösartigen Dämonen bewohnt war.“

    Die äußere Erscheinung vom Holzfräulein ist dem Menschen ähnlich, aber es ist viel kleiner, worin es den Zwergen gleicht. In einem Sagenbuch steht dazu: Sie schauten mit dem Kopf nicht einmal über das Schwarzbeergesträuch heraus. Stets trugen sie graue Kleidung. Wenn ihnen der Wind ihre langen, silbergrauen Haare über das Beerenkräuterich wehte, sah es aus, wie wenn der Altweibersommer im Spätherbste sich darüber hinzöge.

    Die Menschen glaubten noch vor über 100 Jahren, dass sie immer wieder mal das Holzfräulein sahen. Elise Gleichmann aus Kulmbach schreibt 1927 in ihrem Buch „Von Geistern umwittert – oberfränkische Volkssagen“: „Noch am Ende des vorigen Jahrhunderts macht sich öfters das Hulzfraala bemerkbar. Ihr Aufenthalt war der Wald, wo sie mit Vorliebe gute Menschen belohnte, dagegen böse Menschen in die Irre führte.“

    Brot vom Huelzfraala

    Im Buch „Sagen und Legenden des Lichtenfelser Landes“ von E. und K. Radunz finden wir eine weitere Sage vom Holzfräulein. Im Wald bei Schney riefen die Kinder beim Beerensammeln: „Huelzfraala, hosta drei Beerla, gäb me a bo mehra!“ Die Leute aus Schney erzählten, dass sie beim Holzsammeln immer wieder mal dem Holzfräulein begegnet sind und bekamen sogar ein Stück Brot geschenkt.

    Die kleinen Gestalten galten außerdem als Glücksbringer, dessen Vertreibung meist auch das Glück vertrieb. Darüber hinaus konnten sie zukünftige Ereignisse vorhersehen oder erwiesen sich als heilkundig. Als einst in Staffelbach und im gesamten Bamberger Land die Pest wütete, kamen die Holzfräulein aus dem Walde und riefen den Leuten zu: „Eßt Bimellen und Baldrian, so geht euch die Pest nicht an.“

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