Statt 70 Tagessätze muss ein 74-jähriger Landkreis-Bewohner nur noch 30 Tagessätze zahlen. Er hatte während einer Parteiversammlung Polizeibeamte als Hampelmänner beschimpft. Der Mann legte erfolgreich Einspruch gegen den Strafbefehl ein.
Zu dem folgenschweren Vorfall kam es während einer Parteiversammlung der NPD im Januar diesen Jahres in einem Ortsteil einer Großgemeinde. Der Rentner hatte beobachtet, wie ein junger Mann im Umfeld der Veranstaltung fotografierte. Daraufhin seien zwei Männer – es waren zwei Beamte der Zivilen Einsatzgruppe – auf ihn zugestürmt und hätten dem Fotografen die Kamera oder das Handy entwenden wollen. Nach Meinung des Rentners lag keine strafbare Handlung vor. „Das sind Maßnahmen wie bei der Stasi“, habe er gegenüber den Beamten geäußert.
Dies war der erste Akt: Daraufhin seien zwei Personen auf ihn zugestürmt und hätten ihn aufgefordert zu verschwinden. „Die sahen aus wie vom schwarzen Block“, erinnerte sich der 74-Jährige. Einer der beiden Beamten habe ihm seinen Ausweis gezeigt, den er allerdings nicht genau gesehen habe. Man habe ihn noch einmal aufgefordert, sich zu entfernen. Er aber habe sich auf sein Recht als Beobachter des Geschehens versteift. „Ich bin doch nicht euer Hampelmann“, habe er daraufhin zu den Beamten gesagt.
Der als Zeuge gehörte Beamte der Zivilen Einsatzgruppe gab an, dass es ihre Aufgabe gewesen sei, die NPD-Veranstaltung zu überwachen. Der Rentner habe sie dabei gestört, als sie sich dem fotografierenden Mann zuwandten. Daraufhin seien sie von ihm als Hampelmänner und Mitarbeiter der Stasi bezeichnet worden. Wobei der Beamte die Bezeichnung Hampelmänner als weniger beleidigend empfand als den Stasi-Vorwurf.
Vor diesem Hintergrund sah Richter Thomas Pohl von weiteren Zeugenaussagen ab. Zumal es in dem Strafbefehl nur um die Beschimpfung als Hampelmänner ging. Diese Beleidigung sei nicht das Schlimmste, was das Gericht bisher gehört habe, stellt auch Staatsanwältin Melanie Krapp fest. Sie forderte 40 Tagessätze zu je 50 Euro. Sein Mandant habe damit nicht die Person, sondern die Verhaltensweise gemeint, argumentierte Rechtsanwalt Andreas Wölfel. Er hielt 20 Tagesätze für angemessen.
Das letzte Wort hatte der Rentner, der davon auch regen Gebrauch machte. Er werde laufend als Neonazi und Faschist bezeichnet, beklagte sich der 74-Jährige. „Da wird man schon aggressiv, wenn man dauernd einen Fußtritt bekommt“, rechtfertigte er sich. In seinen vorletzten Strafbefehl sei er als Rattenfänger tituliert worden.
Der Rentner ist in der Vergangenheit bereits zwei Mal strafrechtlich wegen Körperverletzung und Beleidigung in Erscheinung getreten. Für sein jüngstes Vergehen setzte das Gericht den Strafbefehl von 70 auf 30 Tagessätze zu je 45 Euro herab.