Wer bei einem Spaziergang entlang des Mains oder eines Bachlaufs einen Angler sieht, der bis zum Bauchnabel im Wasser steht, kann sich fast immer sicher sein, eine besondere Spezies bei der Ausübung seines Hobbys zu beobachten: Den Fliegenfischer. Der Sport des Fliegenfischens hat eine lange Tradition. Eine der ältesten bekannten Erwähnung findet sich bei Wolfram von Eschenbach (1170-1220) im „Titurel“, wonach ein Ritter – im schnellen, klarfließenden Bach stehend – Forellen und Äschen mit „einem Vederangel fienc“. Heute haben sich auch am Obermain immer mehr Angler dem Fliegenfischen verschrieben; maßgeblich unterstützt von der Mainfischereigemeinschaft Lichtenfels, die in der Tradition der früheren Berufsfischer am Main entsprechende Gewässer zwischen Hochstadt und Ebensfeld bewirtschaftet, hegt und nutzt.
Die Geschäftsführung der Gemeinschaft und deren Beiratsmitglieder haben allesamt Fliegenfischerkurse besucht. „Wir waren sehr angetan“, erzählt Dr. Oliver Freiburg, seines Zeichens Geschäftsführer. Und der 55-jährige fährt fort: „Ich bin mittlerweile nur noch als Fliegenfischer am Main unterwegs, sieht man einmal die ganz wenige Male im Jahr ab, an denen ich noch anderen Angelmethoden fröne, um diese nicht völlig zu vergessen.“
Fragt sich so mancher Laie, was Fliegenfischen eigentlich ist. Zum einen gibt es bei uns keine Fliegenden Fische, zum anderen werden sich diese Petri-Jünger wohl kaum damit begnügen, Fliegen zu fischen.
Was ist Fliegenfischen?
Also, was ist Fliegenfischen? Wer an einem lauen Sommerabend einen Spaziergang an einem Fluss- oder Bachlauf beziehungsweise einem See macht, wird bemerken, dass an der Wasseroberfläche ringförmige Wellen entstehen und sich ausbreiten. Häufig werden diese von Fischen ausgelöst, die ihre Nahrung von der Wasseroberfläche aufnehmen. Dies geschieht mitunter so gierig, dass der Fisch springend die Oberfläche durchbricht, um sich auf diese Weise seine Beute – nämlich Insekten – zu sichern.
Hunderte von Insektenarten beginnen ihren Lebenszyklus im Wasser. Vom Ei über die auf dem Gewässergrund lebenden Larvenstadien bis hin zum aufsteigenden, sich häutenden flugfähigen Insekt, sind sie wichtiger Nahrungsbestandteil der Forellen, Äschen, Saiblinge sowie anderer Fische.
Filigrane Kunst
Die sich im Wasser entwickelnden Insekten versucht der Fliegenfischer mit geeigneten Nachbildungen, zum Beispiel aus Vogelfedern oder Rehhaaren auf dem Angelhaken zu imitieren. Deshalb gilt: Wer erfolgreich mit solchen künstlichen Fliegen fischen will, muss auch etwas von Entomologie (Insektenkunde) verstehen. Der engagierte Fliegenfischer kann zig solcher Fliegenimitationen bei Bedarf selbst binden.
Und hier kommt Holger Herold ins Spiel. Der Coburger ist enger Partner der Mainfischereigemeinschaft und hat als Fliegenbinder neben einer Deutschen Meisterschaft auch bei zahlreichen internationalen Wettbewerben Preise gewonnen. Denn die künstlichen Insekten sind aufgrund ihres geringen Gewichtes nicht ohne weiteres mit der speziellen Fliegenrute auszuwerfen. Die Voraussetzung schafft vielmehr eine relativ dicke, schwimmende Schnur, wobei die vor- und zurückschwingende Rute diese zunächst beschleunigt. Die Schnur transportiert dann die an ein dünnes „Vorfach“ gebundene Fliege letztendlich genau in das Blickfeld des Fischs.
„Echte Jäger“ am Ufersaum
Um von den Fischen nicht entdeckt zu werden, bewegt sich der Fliegenfischer überwiegend im Wasser. Dort ist seine sich gegenüber dem Hintergrund abzeichnende Silhouette kleiner und wird daher weniger gut wahrgenommen. Ist ein Gewässer – etwa ein Bachlauf – zu schmal und zu bewachsen um einen weiten Wurf der Schnur mit der Fliege zuzulassen, pirscht sich der Fliegenfischer auch schon mal am Ufer an den Fisch heran. Das wird dann als Indianerfischen bezeichnet. Was natürlich der Selbsteinschätzung der Fliegenfischer, die sich als „echte Jäger“ (Holger Herold: „Wir locken den Fisch nicht, wir suchen ihn“) verstehen.
Fliegenfischer-Dorado
Seit 2017 bewirtschaftet die Mainfischereigemeinschaft Lichtenfels als Pächter auch die Lauter in Bad Staffelstein. Das Gewässer lag lange im Dornröschenschlaf, wurde über 30 Jahre nicht gehegt und gepflegt. „Das Potenzial des Baches“, so Holger Herold, „war Insidern aber schon immer bekannt“. Die Lauter ist einer der wenigen lokalen Kaltwasserzuflüsse des Mains. Somit dient der Bach als Kinderstube und sommerlicher Rückzugsort für Salmoniden (Forellenfische).
Die Lauter entsteht durch den Zusammenfluss der Döberten und der Quelle des Königsbrunnens bei Uetzing und durchfließt auf ihrem gut elf Kilometer langen Weg bis zur Mündung in den Main bei Bad Staffelstein die Ortschaften Stublang, Loffeld und Horsdorf. Das von der Mainfischereigemeinschaft bewirtschaftete Teilstück des Baches beginnt zwischen Horsdorf und Bad Staffelstein, ist rund drei Kilometer lang und verläuft durch die Innenstadt an der Obermain-Therme vorbei.
Holger Herold: „Die Ufer werden durch Kopfweiden geprägt. In der eineinhalb bis drei Meter breiten und 0,20 bis 1,80 Meter tiefen Lauter ist Indianerfischen angesagt“. Herold weiter: „Die im klaren Wasser der Lauter lebenden Hauptarten sind sich reproduzierende Bachforellen und Äschen, aus umliegenden Teichwirtschaften entkommene Regenbogenforellen sowie aus dem Main aufsteigende Döbel“.
Die Lauter ist dem Bereich, den die Mainfischereigemeinschaft Lichtenfels gepachtet hat, ausnahmslos Fliegenfischern vorbehalten. Übrigens: Dass Fliegenfischen nur etwas für Betuchte oder Snobs sei, verweist Dr. Oliver Freiburg ebenso ins Reich der Fabel wir die Annahme, nur Forellen oder Äschen seien am Main Ziel von Fliegenfischern. „Modernes Fliegenangeln kann man fast überall praktizieren. Man braucht nur einen Fischereischein und einen Erlaubnisschein,“ sagt er und stellt gleichzeitig klar, „Wer bei uns mit dem Ziel zum Fliegenangeln startet, eine Forelle oder Äsche zu fangen, der wird eine hohe Frustrationstoleranz mitbringen müssen.
„Wer bei uns mit dem Ziel zum Fliegenangeln startet, eine Forelle oder Äsche zu fangen, der wird eine hohe Frustrationstoleranz mitbringen müssen.“
Dr. Oliver Freiburg, Mainfischreigemeinschaft
Aber Hechte und Karpfen gibt es hier zuhauf, und die kann man ebenso wie Waller mit der Fliegenrute fangen, auch die hier häufig vorkommenden Rapfen, Döbel und Barsche.“ Und das mit dem Snobismus? Auch da kommt ein klares Dementi: „Eine ordentliche Ausrüstung zum Fliegenfischen ist nicht teurer als andere Angelausrüstungen. Natürlich kann man sich auch ein „Rolls-Royce-Gerät“ kaufen, aber die gibt es auch bei Karpfen-, Waller- Hecht- und Zanderruten und -rollen, Feeder- oder Stippruten. In Sachen Preis gibt es also keinen ernst zunehmenden Unterschied zwischen dem Fliegenangeln und anderen Angelarten.“ Sein Fazit: „Teures Gerät bedeutet nicht, dass der Angler gut ist“.
Weitere Infos Mainfischereigemeinschaft Lichtenfels GbR, www.mainfischereigemeinschaft.de.