Felsen und Höhlen, enge Täler und weite Hochflächen, Burgen und Mühlen: Die Fränkische Schweiz hat ihren Namen nicht von ungefähr. „Hier läuft der Weg von einem Paradies durchs andere“, stellte schon der Dichter Jean Paul fest. Auch die Romantiker Ludwig Tieck und Wilhelm Heinrich Wackenroder, der Komponist Richard Wagner und der Landschaftsarchitekt Fürst Pückler-Muskau gerieten hier ins Schwärmen.
Die Naturbegeisterung des 19. Jahrhunderts lockte die ersten Touristen an, so dass die Fränkische Schweiz als eines der ältesten Fremdenverkehrsgebiete Deutschlands gilt. Heuer wird der dazugehörige Naturpark 50 Jahre alt. Für Andrea Musiol, Regionalkoordinatorin im Lichtenfelser Landratsamt, eine Erfolgsgeschichte: Die Fränkische Schweiz gehöre zu den bekanntesten und beliebtesten Fremdenverkehrsgebieten. Und davon profitiert auch das Obermain-Gebiet.
Mit 2346 Quadratkilometern Fläche ist der Naturpark nach dem Altmühltal der zweitgrößte in Bayern und gehört zu den größten in Deutschland. Im Westen reicht er bis an Forchheim heran, im Osten bis in die Oberpfalz hinein, im Süden bis Hersbruck – und im Norden bis herauf in den Landkreis Lichtenfels. Der Begriff „Fränkische Schweiz“ ist nicht ganz trennscharf, erläutert Musiol. Die Grenzen des Gebietsausschusses und des Landschaftsschutzgebietes seien nicht deckungsgleich mit denen des Naturparks. Aber für sie steht fest: „Der Kordigast ist der nördlichste Zipfel. Hier beginnt der Jura.“ Und: „Alles östlich der Autobahn, wo die ersten Felsen sind, ist für mich Fränkische Schweiz.“
Naturschutz und Tourismus
1968 wurde der Naturpark Veldensteiner Forst in Pegnitz gegründet, 1972 kam die Fränkische Schweiz dazu, 1975 das Obermain-Tal. „Man wollte den Erholungsgedanken und damit auch die Einrichtungen in einen größeren Zusammenhang stellen“, erklärt Musiol den Beitritt. Mittlerweile diene der Begriff Naturpark eigentlich nur noch als Förderkulisse. Zuschüsse seien etwa möglich, wenn Flächen nach Naturschutzrichtlinien gepflegt werden – so erhalten etwa Wanderschäfer eine Prämie. Ziel war und ist es nämlich vor allem, Naturschutz und Tourismus in Einklang zu bringen. Die Regionalkoordinatorin nennt als Beispiel das Kletterkonzept, bei dessen Umsetzung der Naturpark ein starker Partner gewesen sei.
Die Fränkische Schweiz ist das größte zusammenhängende Klettergebiet in Europa und zieht entsprechend viele Freunde der Vertikalen an. Das hat in der Vergangenheit Konflikte mit Naturschützern heraufbeschworen. An so manchen Felsen brüten Vögel, oder es leben hier seltene Pflanzen oder Insekten. Das Kleinziegenfelder Tal etwa ist als „Paradies für Kletterer“ bekannt, sagt Udo Dauer, Bürgermeister der Naturpark-Gemeinde Weismain. „Hier gibt es sämtliche Schwierigkeitsgrade, bis in den höchsten Bereich.“ Aber im Kleinziegenfelder Tal gibt es auch den Apollofalter, stark bedroht und streng geschützt. Das Kletterkonzept, das in Zusammenarbeit mit der IG Klettern entstanden ist, regelt, an welchen Felsen geklettert werden darf, ob weitere Routen erschlossen werden dürfen, und ob die Sportler zu gewissen Zeiten die Finger vom Fels lassen müssen.
Die Gegend beschäftigt auch Landrat Christian Meißner, der im Vorstand des Naturpark-Vereins sitzt. Wenn die Umgehung von Weismain fertig ist und der Schwerlastverkehr nicht mehr durch das Kleinziegenfelder Tal geführt wird, ist sein Anliegen ein Gesamtkonzept. Dieses soll die Wünsche von Radlern, Wanderern und Kletterern auf der einen sowie den Naturschutz auf der anderen Seite unter einen Hut bringen. Meißner sieht darin eine große Chance für das Kleinziegenfelder Tal – aber nur, wenn es zusammen mit den Leuten vor Ort erarbeitet wird. „Wir wollen nicht am Willen der Bevölkerung vorbeiplanen.“
Als Flora-Fauna-Habitat hat das Kleinziegenfelder Tal einen hohen Schutzstatus, so dass hier eben nicht alles erlaubt ist, was möglich wäre. Meißner nennt den Wanderweg im Tal als Beispiel: „Ich werde den nicht so ausbauen, dass zwei Kinderwagen nebeneinander passen.“
Es braucht also auch einen pädagogischen Ansatz: „Wir wollen das Tal für Touristen und Einheimische erfahr- und erlebbar machen, aber auch erklären, warum das nur eingeschränkt möglich ist.“ Andrea Musiol spricht davon, das „Erlebnis zu kanalisieren“. Ob Spielplatz, Schafe oder Kletterer: „Die Leute kommen von weit her für einen Ausflug. Da brauchen wir ein Konzept, wie man hier schön einen Tag verbringen kann“, sagt die Regionalkoordinatorin, auch in Hinblick darauf, dass seit Mai die Freizeitlinie des VGN Weismain anfährt.
„Alles östlich der Autobahn, wo die ersten Felsen sind, ist für mich Fränkische Schweiz.“
Andrea Musiol, Regionalkoordinatorin
In der Hinsicht wird schon einiges getan. Musiol verweist auf die Exkursionen zum Apollofalter, die die Umweltstation anbietet, aber auch auf das Picknick mit dem Wanderschäfer, das der Gebietsausschuss Obermain-Jura in seine neu konzipierten Erlebnistouren aufgenommen hat. Am 5. August lernen die Teilnehmer Tiere und Pflanzen kennen, erfahren, warum hier Schafe zur Bekämpfung der Verbuschung eingesetzt werden und was das kostet, und genießen zum Abschluss regionale Spezialitäten auf einer Wiese (Infos unter Tel. (09571) 18-467 oder www.veranstaltungskalender.obermain-jura.de).
Bierverkostungen, keltische Geschichte auf dem Staffelberg, Backofen-Traditionen in Modschiedel und Weiden, Flößerei auf der Rodach, eine Mühlentour in Kleinziegenfeld, regionale Apfelspezialitäten auf dem Banzer Berg und eine Wanderung mit dem Jäger: Die neuen Erlebnistouren sollen ein Rundum-Sorglos-Paket mit schönen Wegen, gutem Essen und Informationen zur Region bieten, erklärt Musiol. Für Kurzurlauber sei das ideal.
Schnittstellenfunktion
„Ich freue mich, dass der Landkreis es geschafft hat, einen eigenen Gebietsausschuss zu gründen“, sagt Udo Dauer dazu. Mit „Oberfranken Offensiv“ als Dachmarke, den Gebietsausschüssen und der touristischen Arbeit in den Kommunen sei man auf einem guten Weg. Der Weismainer Bürgermeister weiß aber auch, wie wichtig es gerade im Tourismusbereich ist, dass die Zusammenarbeit nicht an der Landkreisgrenze aufhört. Gerade Weismain habe hier eine Schnittstellenfunktion, kann es doch als Tor zur Fränkischen Schweiz gelten. „Wir haben durch das Kleinziegenfelder Tal eine Verbindung nach Hollfeld und zum Paradiestal. Nach Norden ist die Topographie ganz anders.“ Auch die Touristen tendierten eher Richtung Süden. Deshalb werde momentan auch die kommunale Zusammenarbeit mit Wonsees und Stadelhofen ausgebaut. Hier finde bereits ein Austausch von Prospekten und Broschüren statt; gemeinsame touristische Angebote seien in Planung.
Auch auf Landkreisebene funktioniert die Zusammenarbeit mit den Naturpark-Nachbarn im Süden: „Wir haben zu Bamberg und Forchheim ein sehr gutes Verhältnis. Die beziehen uns ganz bewusst mit ein. Grad mit dem Kleinziegenfelder Tal sind wir unheimlich attraktiv“, erzählt Landrat Meißner. Er verweist aber auch auf den Staffelberg, eines der beliebtesten Ziele im Landkreis, wo mit dem Keltentor eine weitere Attraktion entsteht. „Das wird nicht so rausgeputzt wie Weltenburg oder so. Das ist eine Naturdestination mit großer Gelassenheit“, beschreibt Meißner. „So wollen wir auch unseren Teil der Fränkischen Schweiz verwalten, mit Ruhe und Gelassenheit.“
Die Naturpark-Gemeinden im Landkreis Neben dem Landkreis Lichtenfels Weismain sind auch Bad Staffelstein und Ebensfeld Naturpark-Gemeinden, also Mitglied im Naturparkverein, dem Träger des Naturparks mit Sitz in Pottenstein. Ihre Erfahrungen zeigen, dass die Kommunen durchaus von der Mitgliedschaft profitieren: „In früheren Jahren unterstützte uns der Naturpark bei der Neubeschilderung von Wanderwegen und der Errichtung eines Wanderleitsystems mit den dazugehörigen Informationstafeln an den Wanderparkplätzen rund um Bad Staffelstein. Diese Wanderwege konnten wir als Grundstein für das neu angelegte Wanderwegekonzept der Stadt Bad Staffelstein/Landkreis Lichtenfels verwenden“, erklärt Markus Alin, stellvertretender Leiter des Kur & Tourismus Service in Bad Staffelstein. „Des Weiteren waren regelmäßig Arbeitstrupps, zur Instandsetzung von Wanderwegen und Erholungseinrichtungen im gesamten Naturpark unterwegs.“ Als Höhepunkt der Naturparkarbeit bezeichnet Alin die erfolgreiche Teilnahme an der „Qualitätsoffensive Naturparke“ des Verbandes Deutscher Naturparke (VDN). Die Auszeichnung als „Qualitäts-Naturpark“ wurde am 25. September 2014 an den „Naturpark Fränkische Schweiz – Veldensteiner Forst“ überreicht. „Wir freuen uns, dabei zu sein“, sagt auch der Ebensfelder Bürgermeister Bernhard Storath. „Wo es Berührungspunkte gibt, haben wir immer gut zusammengearbeitet.“