70 Rosen und 50 Tomaten, dazu Paprika und Sonnenhut, Mangold und Amaranth, Rucola und Zinnien: Im Garten von Maria und Georg Spies wachsen Blumen und Nutzpflanzen gleichberechtigt nebeneinander. Die Töpfe mit den zehn verschiedenen Sorten Tomaten stehen überall verstreut, an der Hauswand auf der Terrasse, hinter der Laube, in der die beiden so gern ihren Kaffee trinken, am Brunnen zwischen Lavendel und Rosen, vor dem Wintergarten neben der Schwarzäugigen Susanne, deren Blütenranken mit Wein und Brombeeren konkurrieren. Und natürlich im Gemüsebeet, wo Maria Spies auch Gurken, Salat und Zucchini zieht. Vom Weg aus sind die Nutzpflanzen allerdings kaum zu sehen, dazwischen blüht zu viel. Stockrosen, Nachtkerzen, Fette Henne: „Ich habe diese Blumen nicht gepflanzt, die säen sich selbst aus“, erzählt die Hobbygärtnerin und lacht. „Ich hab' immer weniger Platz für Gemüse.“
Dabei hat sie das schon gesät. „Ich zieh alles selbst“, erklärt die 81-Jährige. Schließlich hat sie mit dem Wintergarten ein warmes Plätzchen, in dem nicht nur die Kübelpflanzen überwintern können, sondern eben auch junge Zöglinge beste Bedingungen vorfinden. Der Wintergarten schließt in Richtung Gemüsebeete eine Reihe von Bauten ab: zwei Garagen, eine Küche, ein Geräteraum. „Die Gartenküche ist praktisch für Feste“, sagt Maria Spies.
Jahrelang hat sie den mittlerweile aufgelösten Verein Lichtenfelser Garten- und Blumenfreunde geführt. Das Ehepaar Spies war das erste, das für den „Tag der offenen Gartentür“ seine Pforten öffnete. „Das war die Idee vom Herrn Schröder damals. Der hat gesagt, Wiese, Bäume, Wasser, es ist alles da, es ist ideal“, erinnert sich die umtriebige Hobbygärtnerin. Und da der Garten so schön groß ist und der Wintergarten im Zweifelsfall ein trockenes Plätzchen garantiert, gab es hier auch immer viele Feste. Gern erinnert sich Maria Spies an die alljährlichen Besuche von Jungen und Mädchen aus dem Heilpädagogischen Zentrum, die auf der Wiese Dosenwerfen oder Boccia gespielt haben.
Die Rose über der Laube erinnert noch an die Zeit der Gartenfreunde: Sie war ein Geschenk des Kreisverbands an die Vorsitzende. Ein lauschiges Plätzchen, um Apfelkuchen zu genießen. Mit Obst aus eigener Ernte natürlich. Auf dem großen Grundstück wachsen ein Apfel-, ein Pfirsich- und ein Zwetschgenbaum, Him-, Brom- und Stachelbeeren, an der Hauswand eine Kiwi und im Rasen ein mächtiger alter Kirschbaum. „Ich komme ursprünglich aus der Aschaffenburger Gegend, und ich war das gewöhnt von Zuhause, das war ein Paradies. Deshalb war ich überglücklich über das große Grundstück, es war das größte, das die Stadt damals hatte“, erzählt Maria Spies. 1967 war das, als das Baugebiet Breiter Rasen erschlossen wurde. Wer wollte, konnte sich vom Kreisfachberater für Gartenbau und Landespflege beraten lassen. Bei Spies sieht man vom Haus aus auf einer langen Achse bis zu einem von Efeu berankten Bogen, unter dem eine Amor-Figur steht. Links davon befinden sich Wintergarten und Gemüsebeete, rechts der Rasen mit den Obstbäumen, an dessen rechtem Rand die Laube, ein kleiner Teich und ein Pavillon aus Metallstreben den Garten abschließen. Eine wohl durchdachte Anordnung. „Da kommt man ja selbst nicht drauf“, meint Maria Spies.
„Da“, ihr Mann unterbricht das Gespräch und zeigt hinüber zum Teich. „Da sind gerade zwei Zaunkönige fortgeflogen.“ Der 87-Jährige liebt es, hier zu sitzen und die Vögel zu beobachten. Seine Frau lächelt und steckt die Rundhölzer im Insektenhotel neben sich wieder fest. Meisen haben sie herausgezogen auf der Suche nach Futter.
Etwa zehn Jahre nach ihrem Einzug haben die beiden noch einen Streifen Garten von der Stadt dazu gekauft. Dahinter kommt nicht mehr viel. Der Wanderweg zur Moritzkappel und zur Hohen Eller führt am Garten vorbei. Er dient auch als Fußweg zum BRK-Alten- und Pflegeheim. Von dort spazieren schon mal Heimbewohner herunter, setzen sich unter der großen Rose, die die Gemüsebeete zum Zaun hin abschließt, auf ihre Rollatoren und bestaunen die zahllosen Blüten. Maria Spies schmunzelt: „,Wir möchten nur Ihre Rose anschauen‘, sagen sie dann.“