Ein einziger Gitarrenakkord, und das Publikum jubelt. Ein einziger Zupfer von Les Holroyd an seinem Instrument, und jeder der Zuhörer weiß, was jetzt folgt: „Hymn“! Dieser Rock-Klassiker für die Ewigkeit. Dieser Song, mit dem Barclay James Harvest seinen größten Erfolg feierte. Dieser Song, den jeder der Besucher mitsingt: „Valleys deep and the mountains so high...“. Dieser Song, der der Höhepunkt eines gefeierten Konzerts am Samstagabend in der ausverkauften Lichtenfelser Stadthalle ist.
„Das war ein faszinierendes Konzert und zudem noch ausverkauft.“
Michael Klein, Organisator
Zweieinhalb Stunden lang bewiesen Barclay James Harvest mit einem mitreißenden Auftritt, dass sie auch 50 Jahre nach der Bandgründung musikalisch noch nicht zum berühmten „alten Eisen“ gehören.
Auch wenn es in der bestuhlten (!) Stadthalle „nur“ rund 1600 Zuhörer waren und nicht wie einst 275 000 Fans auf beiden Seiten der Mauer im Jahr 1989 beim Konzert vor dem Berliner Reichtagsgebäude, war es doch für jeden einzelnen Anwesenden eine wunderbare Reise in die eigene Vergangenheit.
Eine Reise in die Zeit der 1970-er und 1980-er Jahre: Als BJH eine der erfolgreichsten Bands der Welt war. Als man als Jugendlicher das 1977-er Album „Gone to earth“ in seinem Besitz haben musste. Als ein Song wie „Poor man's moody blues“ mehr als sieben Minuten lang sein durfte und trotzdem ein Welthit wurde.
Die Zuhörer, fast ausschließlich aus der Kategorie „Ü 40“, genossen den bombastisch-orchestralen Sound all der Rock-Klassiker der Band, lauschten den Sphärenklängen erst andächtig, ehe dann beim dritten Lied „Mockingbird“ erstmals spontaner Applaus aufbrandete. Ein genialer Song, den ein Besucher gerührt kommentierte: „Bei ,Mockingbird' kamen mir die Tränen. Das war so ergreifend.“
Ja, ihre musikalischen Markenzeichen haben sich Barclay James Harvest bis heute erhalten. Gründungsmitglied Les Holroyd bestimmt weiterhin den Sound, den er als Songwriter und Bandleader beeinflusst und immer weiterentwickelt hat.
Die lange Mähne, das Markenzeichen des inzwischen 70-Jährigen, ist grau geworden und die Stimme etwas brüchig. Noch immer aber ist er ein hervorragender Gitarrist. Er ist heute leider der einzige aus der vierköpfigen Originalbesetzung. Nach 30 Jahren gemeinsamen Schaffens verließ Co-Frontman John Lees vor zwei Jahrzehnten im Streit die Band, Schlagzeuger Mel Pritchard starb im Jahr 2004, Keyboarder John „Woolly“ Wolstenholme 2010.
Ein Ausnahme-Schlagzeuger
Doch die aktuelle Besetzung garantiert, dass der Barclay-James-Harvest-Klangteppich selbst nach einem halben Jahrhundert noch in gewohnt hoher Qualität betört. Das ist zum einen der Verdienst des überragend guten Leadgitarristen Michael Byron-Hehir und zum anderen des grandiosen deutschen Schlagzeugers Ralf Gustke.
„Bei ,Mockingbird‘ kamen mir die Tränen. Das war so ergreifend.“
Eine Besucher zum BJH-Klassiker
Versteckt hinter einer Glaswand, quasi als Schallschutz für die restlichen Bandmitglieder, bewies er mit seinem kraftvollen Spiel, warum ihn vorher schon Nena, Gianna Nanini und Xavier Naidoo in ihren Bands haben wollten. Im Lichtenfelser Publikum wurde sein Spiel von „gigantisch“ bis „Weltklasse“ gelobt.
Dabei gibt sich der 54-Jährige sehr bescheiden: „Ich bin mit Barclay James Harvest aufgewachsen und habe die Band immer geliebt. Ich fühle mich zutiefst geehrt, dass ich mitspielen darf.“
Am Ende war nicht nur Gustke zufrieden. Auch die Besucher, die ein tolles Konzert erlebt hatten. Auch Frontman Les Holroyd, der die Lichtenfelser mit „you are a great audience“ (ihr seid ein großartiges Publikum) lobte. Und schließlich auch Organisator Michael Klein, der betonte: „Das war ein faszinierendes Konzert und zudem noch ausverkauft.“