„Tragen Sie, wann immer sie rausgehen, eine Sonnenbrille. Schützen sie ihre Augen, in dem sie eine Sonnenbrille tragen, auch im Winter.“ Diesen Rat gab der Lichtenfelser Facharzt für Augenheilkunde, Jürgen Seilnacht, den Besuchern des Patientensymposiums der Selbsthilfevereinigung Pro Retina Deutschland. Unter dem Motto „Trotz alledem! Leben mit der AMD“ stand die fünfte bundesweite Themenwoche zur Altersabhängigen Makula-Degeneration (AMD).
Heike Ferber, ehrenamtliche Leiterin des Arbeitskreises Makula ist mit Anton, ihren Blindenführhund gekommen. Vor drei Jahren war sie schon einmal mit einem Patientenseminar in der Franken-Akademie zu Gast. Damals hatte sie das Problem, dass ihr ein Referent kurzfristig abgesprungen ist. An dessen Stelle referierte der Lichtenfelser Augenarzt Jürgen Seilnacht. „Das Beste, was uns passieren konnte,“ sagte sie.
Eine Sonnenbrille auch im Winter zu tragen mache schon deshalb Sinn, weil die Sonne in der zweiten Jahreshälfte schräg am Himmel stehe, und die hochempfindliche Netzhautmitte direkt treffen könnte. Es sei die Stelle in der Netzhaut, die für das zentrale und scharfe Sehen zuständig sei.
Die lichtempfindlichen Zellen könnten dann an dieser Stelle absterben. Betroffene würden dann in der Mitte ihres Gesichtsfeldes Details wie Gesichter, Gegenständen und Farben nur noch verschwommen wahrnehmen.
Die altersabhängige Makula-Degeneration ist eine der häufigsten Ursache für schlechtes Sehen und Erblindungsursache Nummer Eins in Deutschland. Neuste Zahlen aus der Gutenberg-Gesundheitsstudie (Gutenberg Health Study - GHS) vom Oktober 2018 gehen von derzeit sieben Millionen Betroffenen in der Bundesrepublik aus, weit mehr, als bisher angenommen. Jedes Jahr kommen etwa 60 000 Erkrankte hinzu.
Lutein und Zeaxanthin zuführen
Was, außer eine Sonnenbrille tragen, können Betroffene vorbeugend tun, oder um ihre „Restsehkraft“ noch zu erhalten? Das Zauberwort heißt Lutein und Zeaxanthin. Beide Stoffe zählen zu den Carotinoiden und kommen in allen grünen Gemüsesorten, wie Grünkohl und Spinat vor. Lutein könne nicht im Körper erzeugt werden und müsse daher ständig dem Körper zugeführt werden.
Der sogenannte Altersstar (Grauer Star) entstehe durch Wasserverlust der Augenlinse und durch einen verlangsamten Stoffwechsel. Das Problem sei nicht die Operation, sondern die Verbesserung des Sehens bei sehbehinderten Menschen. „Es ist nicht immer leicht, Patienten davon zu überzeugen, dass das schlechte Sehen ausschließlich von der Netzhaut herrührt und nicht vom auch vorhandenen Grauen Star“. Laut dem Augenarzt Jürgen Seilnacht lässt sich die Frage nicht so leicht beantworten, wieviel Prozent der Sehverschlechterung auf die Makula und wieviel Prozent auf dem Grauen Star zurückgeht.
Computerbrille
Thomas Junge, Low Vision Optiker stellte die Computerbrille Orcam und weitere elektronische Lesehilfen vor, die Betroffenen trotz schwindender Sehkraft den Alltag meistern helfen. Die Orcam ist eine intuitive Vorlesehilfe für die Brille, mit der Blinde und Sehbehinderte eigenständig lesen und Personen und Produkte erkennen können. „Wir stehen am Anfang einer Technologie, mit der man sich auseinandersetzen muss“, erklärt Junge. Schnell wurde bei der Vorführung klar, dass es auch eine gewisse Übung braucht, um mit der neuen Technologie auch umgehen zu können.
Die Orcam besteht aus einer kleinen Kamera, die mit einem Minicomputer verbunden ist, der in der Lage ist über einem kleinen Lautsprecher gedruckte Texte vorzulesen. Die innovative Sehhilfe ist auch mit einem Gesichtserkennungsprogramm ausgestattet. Eine Technologie, die auch ihren Preis hat. Dazwischen stellte Junge von der analogen Lupe bis zum Bildschirmlesegerät eine ganze Reihe von Hilfsmittel vor.
PRO RETINA ist eine bundesweit tätige Organisation mit mehr als 50 Regionalgruppen und circa 6.000 Mitgliedern. PRO RETINA Deutschland versteht sich als Brücke zu Ärzteschaft und Forschung. Wie Heike Ferber erklärte, ist die Gründung eines ein Gesprächskreises für Betroffene in der Region angedacht.