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DÖRINGSTADT/GELSENKIRCHEN: Mitgliedsnummer 8855

DÖRINGSTADT/GELSENKIRCHEN

Mitgliedsnummer 8855

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    Vier Knappen: Gerne fährt Jürgen Wachter (re.) mit weiteren Knappen aus Döringstadt (v. li.) Philipp Fischer, Klaus Meixner und Marco Wachter „Auf Schalke“.
    Vier Knappen: Gerne fährt Jürgen Wachter (re.) mit weiteren Knappen aus Döringstadt (v. li.) Philipp Fischer, Klaus Meixner und Marco Wachter „Auf Schalke“.

    1988: Ein schöner Sommertag. Einige hundert Fans des FC Schalke 04 fiebern bei der Auftaktfeier der Saison entgegen. „Wir brauchen Mitglieder“, sagt Günter Siebert, Präsident eines mittelgroßen Vereins, der gerade in die zweite Fußball-Bundesliga abgestiegen ist. Jürgen Wachter zögert nicht, unterzeichnet ein Beitrittsformular und erhält die Mitgliedsnummer 8855. 2013: Wieder ein schöner Sommertag. Rund 9000 von über 120 000 Mitgliedern des nun zweitgrößten Vereins Deutschlands diskutieren bei der Jahreshauptversammlung über die Geschicke ihres Vereins. Mittendrin der Döringstadter, der für 25-jährige Vereinszugehörigkeit geehrt wird. Heuer darf er wieder besonders auf seinen S04 sein: Die Königsblauen spielen in der „Champions League.“

    Jürgen Wachter erzählt, warum er mehrmals im Jahr die 1000-Kilometer-Strecke auf sich nimmt, um zu Heimspielen zu fahren. Er spricht über Tränen, Tragödien und Triumphe, die Fanfreundschaft zum 1. FC Nürnberg und, warum er am Obermain die königsblaue Fahne schwenkt. „Königsblaues Blut“ fließe in seinen Adern, sagt Jürgen. Als Schalker werde man geboren. „Seit 1985 fahre ich auf Schalke. Der Eintritt war aus Verbundenheit zum Verein.“

    „Ein Mythos braucht keine Titel.“

    Fan Jürgen Wachter über seinen Verein Schalke 04

    „Damals konntest du zu jedem Spiel – auch auswärts – fahren und hast immer eine Karte bekommen. Der Boom fing erst mit der Arena an,“ erzählt der Döringstadter. Seit 2001 steht die von der UEFA als „Fünf-Sterne-Stadion“ ausgezeichnete 61 673 Zuschauer fassende und von Fans liebevoll „Donnerhalle“ genannte Multifunktionsarena.

    Nach langer Fahrt in den Ruhrpott gibt es nur eines: Stehplatz Nordkurve. Früher fuhr Wachter fünf Mal pro Saison zu Heimspielen, heute rund drei Mal. „Wenn du in der Kurve stehst, ist das Adrenalin pur: Fangesänge, Anfeuern der Mannschaft, Hoffnung auf Sieg, Gemeinschaft. Die Spiele leben von der Stimmung. Ich fahre, um dieses Gefühl zu erleben, das man am Fernseher nicht hat.“ Auf Schalke sei alles extremer als bei anderen Vereinen. Zweifelsohne hat das mit der Tradition zu tun. Mitten im bergbaugeprägten Ruhrpott schufen am 4. Mai 1904 einige Fußballbegeisterte einen Verein, der später „FC Gelsenkirchen-Schalke 04 e.V.“ heißen und bislang sieben Deutsche Meisterschaften und fünf Pokalsiege feiern soll. Freilich veränderte sich in Jürgens 25 Schalker Jahren einiges. Nun sei Schalke professioneller, größer, kommerzieller orientiert: „Früher gab’s Aufnäher und Schals, heute sogar Briefkästen oder Toaster mit Wappen.“

    „Den Kumpel- und Malocherklub Schalke 04 gibt es allerdings nicht mehr.“

    Jürgen Wacher

    Stimmung und Euphorie änderten sich nicht. „Aber den Kumpel- und Malocherklub gibt’s nicht mehr. Zum einen wegen wirtschaftlichen Veränderungen weg vom Bergbau, zum anderen, weil man den Spagat zwischen Tradition und Moderne schaffen will.“

    Als Schalker ist man am Obermain einer unter wenigen. Gleichsam das königsblaue Schaf unter Rot-Weißen aus München und Rot-Schwarzen aus Nürnberg. „Gestichel ist immer“, sagt Jürgen. Die Frotzelei „Ihr werdet nie Deutscher Meister“ höre wahrscheinlich nie auf. Jürgen dazu: „Ein Mythos braucht keine Titel.“ Doch warum ist er gerade Schalker? Ein „Clubberer“ versteht das meist, verbindet die beiden Vereine doch eine jahrzehntelange Fanfreundschaft. Jürgen stehe schon mal mit Schalke-Trikot im Frankenstadion und unterstütze den „Glubb“. „Es sind das Herzblut und die Offenheit der Fans untereinander. Wenn du am Tiefsten bist, hält alles zusammen.“

    Gerade in Tragödien erlebte er dies. Etwa 2001: „Es war das letzte Saisonspiel, das letzte im Parkstadion. Es gab ein Fünkchen Hoffnung, dass wir doch noch Meister werden.“ Jürgen schweigt. Gewiss flimmern vor seinem inneren Auge die fünf Minuten zwischen Deutscher Meister und „Meister der Herzen“. „Wir waren trotzdem stolz auf unser Team“, spricht er weiter. „Es gab schon immer Hochs und Tiefs. 1989 war ich beim entscheidenden Spiel gegen den Abstieg in die dritte Liga gegen Blau-Weiß 90 Berlin. Mit einem Abstieg wär’s wohl mit dem Verein aus gewesen. Aber wir haben 4:1 gewonnen – vor 66 000 Zuschauern.“

    Zusammenhalt ist auch in Triumphen wie Pokalsiegen, UEFA-Cup-Sieg 1997 oder Champions-League-Halbfinale 2012 zu spüren. Manch unvergessliche Stunde habe er erlebt. Etwa 1990: „Wir – insgesamt 50 Fans – wollten zum Trainingslager nach Teneriffa fliegen. Wegen des Golfkriegs sagte es der Verein ab. Das erfuhren wir erst am Flughafen.“ „Am schönsten sind natürlich die Derbysiege gegen Lüdenscheid.“ Damit meinen die Schalke-Fans Dortmund. Umso schöner, dass er für diese Saison wieder Karten für die „Mutter aller Derbys“ ergatterte. Natürlich Stehplatz, natürlich Nordkurve.

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