Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit der Aufsichtsrat Alexander Schmidtke für die Hauptgeschäftsführung des thüringisch-fränkischen Gesundheitsverbunds auswählte. In der Aufsichtsratssitzung des Universitätsklinikums Augsburg wurde nun dessen neues Vorstandsgremium berufen und Schmidtkes Arbeitsverhältnis als Kaufmännischer Direktor zum 31. Mai aufgehoben. Dies teilt der Klinikverbund in folgender Pressemitteilung mit.
Damit ist es nun offiziell: Am Montag, 3. Juni 2019, wird Alexander Schmidtke seinen ersten Arbeitstag als Hauptgeschäftsführer bei Regiomed verbringen. Schreibtisch, Mitarbeiter und Projekte sind ihm dabei jedoch nicht mehr fremd.
Ein Spagat und ein Fahrradunfall
„Aufgrund der schwierigen Situation bat mich der Aufsichtsrat von Regiomed bereits im letzten Jahr, ein Auge auf die Projekte und die laufende, vor allem wirtschaftliche Entwicklung zu werfen“, erklärt Schmidtke. Ein Spagat zwischen der Aufgabe als Vorstandsvorsitzender des Klinikums Augsburg, das sich damals gerade im Übergang zur Universitätsklinik befand, und den komplexen Aufgaben bei Regiomed. „Zudem hat ein Fahrradunfall mich zwischenzeitlich körperlich stark eingeschränkt. Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass ein entspanntes Jahr hinter mir liegt. Doch ab sofort kann ich mich mit ganzer Kraft und all meiner Erfahrung dem Verbund und den neuen Aufgaben widmen“, freut sich der 53-Jährige.

Neben den Herausforderungen der aktuellen Gesundheitspolitik, dem demographischen Wandel und dem Fachkräftemangel bringt Regiomed auch einige Eigenheiten mit sich, seien es die derzeit schwierige wirtschaftliche Lage, viele Einrichtungen ohne eine gemeinsame Identität, konkurrierende Fachabteilungen, mehrere kommunale Gesellschafter und nicht zuletzt zwei Bundesländer mit eigenen Rechtsprechungen. Für Schmidtke kein Grund zum Wegducken, er wächst gerne mit seinen Aufgaben. Bereits seit über 20 Jahren ist er in leitender Position im Gesundheitswesen tätig – auch in Kliniken, die wirtschaftlich saniert werden mussten. Die Aufgabe bei Regiomed schreckt ihn daher nicht: Dass er auch mit schwierigen Situationen umzugehen weiß, hat Schmidtke zuletzt in Augsburg bewiesen, wo er nun ein gut geführtes und strukturiertes Haus hinterlässt.
„Ich kann nicht beurteilen, ob wir es bei Regiomed mit strafrechtlich relevanten Sachverhalten zu tun haben – das stünde mir auch nicht zu.“
Alexander Schmidtke, neuer Regiomed-Hauptgeschäftsführer
Regiomed als Blaupause für regionale Versorgungsstrukturen
Vorbildcharakter in der wohnortnahen kommunalen Versorgung Diese Vision hat er auch für seine neue Aufgabe. „Wir dürfen uns jetzt nicht hinreißen lassen, ein so wichtiges und mutiges Unterfangen wie Regiomed angesichts der aktuellen Probleme schlecht zu reden“, betont Schmidtke. Regiomed sei nach wie vor ein bundesweit beachtetes Modell und noch immer ein besonderes Beispiel dafür, dass Kommunalpolitiker Daseinsvorsorge in vernetzten regionalen Strukturen gestalten können. Bis heute gebe es kein vergleichbares Modell in Deutschland, das für diese Herausforderung Lösungen sogar über Landesgrenzen hinweg entwickelt. Regiomed gilt daher für Viele auch als Blaupause, wie Versorgungstrukturen im guten Zusammenspiel zwischen städtischen und ländlichen Strukturen aussehen können – auch weil die Verantwortlichen mutig waren und Risiken eingegangen sind.
Für Schadensersatzforderungen sind die Juristen zuständig
Wichtig sei es nun, nach vorne zu blicken, so Schmidtke. „Wenn wir mehr Energie darauf verwenden, Schuldige für die aktuellen Probleme zu finden als nach Lösungen zu suchen, bleibt am Ende nur das Negative. Dann hätte Regiomed nicht nur wirtschaftliche Defizite hinnehmen müssen, sondern hätte auch die Strahlkraft seiner Idee verloren. Das will ich auf keinen Fall – ich bin dafür angetreten, dass die Idee weiterentwickelt wird“, bekräftigt Schmidtke. Mit diesem Grundsatz möchte er sich nun um die Zukunft, eine positive Zukunft von Regiomed kümmern. Die Aufarbeitung der Vergangenheit dürfe nicht vernachlässigt werden, sei jedoch die Aufgabe von Juristen.
Der Aufsichtsrat habe die interne Rechtsabteilung mit der Prüfung von Schadensersatzforderungen beauftragt. Des Weiteren sei die erweiterte Vermögensschadenhaftpflichtversicherung mit eingebunden, mögliche strafrechtlich relevante Sachverhalte werden durch eine Kanzlei geprüft. „Ich kann nicht beurteilen, ob wir es bei Regiomed mit strafrechtlich relevanten Sachverhalten zu tun haben – das stünde mir auch nicht zu“, so Schmidtke. „Sehr wohl aber kann ich beurteilen, dass Regiomed durch die öffentlich anhaltende Debatte Schaden nimmt. Dem sollten wir entschieden entgegenwirken, denn trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten machen wir hier hervorragende Medizin. Unsere Mitarbeiter in der Pflege, aber auch in allen anderen Bereichen, leisten hervorragende Arbeit – das sollten wir nicht vergessen.“
Im folgenden Standpunkt kommentiert Stefan Lommatzsch diesen Bericht:
In der Sitzung des Kreisausschusses am 13. Mai 2019 hat Landrat und Regiomed-Aufsichtsratsmitglied Christian Meißner mitgeteilt, dass auch er von den aktuellen Defiziten des Klinikverbunds überrascht worden sei. Den Mitgliedern eines Strategie- und Kontrollgremiums, welches die finanzielle Situation des Verbunds unter die Lupe nehmen soll, unterstellte er „Verfolgungseifer“.

Nun teilt der Klinikverbund in einer Pressemitteilung mit, dass der Aufsichtsrat von Regiomed aufgrund der schwierigen Situation den neuen Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke bereits im vergangenen Jahr gebeten hatte, ein Auge auf die Projekte und die laufende, vor allem wirtschaftliche Entwicklung, zu werfen. Eine Aussage, die den gesamten Regiomed-Aufsichtsrat in keinem gutem Licht stehen lässt. Ebenso verhält es sich mit der Aussage des neuen Hauptgeschäftsführers, dass öffentliche Debatten dem Ruf des Klinikverbunds schaden und er diesen entschieden entgegen wirken möchte. So bleibt für Personal und Patienten zu befürchten, dass vieles weiterhin hinter verschlossenen Türen diskutiert werden soll und Informationen nur, wenn es nicht mehr anders geht, an die Öffentlichkeit gelangen. Und dann sind wieder alle überrascht. Vielleicht sollten sich die Verantwortlichen Gedanken machen, ob sie der Aufgabe gewachsen sind. Dem neuen Hauptgeschäftsführer bleibt dies zu wünschen, ebenso die Erkenntnis, dass sich das Regiomed-Schiff nur wieder auf Kurs bringen lässt, wenn alle Matrosen an Bord an einem Strang ziehen und sich und ihre Arbeit gleichermaßen wertgeschätzt fühlen. Derzeit ist es ein trauriges Bild, dass auch die Fassaden des neuen Lichtenfelser Klinikums nicht zu kaschieren vermögen. Bleibt zu hoffen, dass es nicht schon bald zum ganz großen Knall kommt. Dieser wird dann auf jeden Fall nicht lautlos hinter den Kulissen verhallen.