Für die Deutsche Bahn ist 2017 „nicht mehr so weit weg“. Schon jetzt laufen die Vorbereitungen zur Fahrplangestaltung für den Tag X – nach vollständiger Inbetriebnahme des Verkehrsprojektes Nr. 8 (VDE 8) – auf vollen Touren. In Leipzig präsentierte der für den Bereich Fernverkehr zuständige Marketingvorstand Dr. Manuel Rehkopf die Grundzüge des ab 2018 geltenden Fernverkehrskonzeptes. Lichtenfels wird dabei seinen ICE-Halt verlieren.
Unter Einbindung der zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017 betriebsbereiten 108 Kilometer Neubaustrecke Erfurt – Nürnberg (– München) dürfen Bahnreisende zahlreiche Verbesserungen, neue Direktverbindungen sowie erhebliche Fahrzeitgewinne erwarten. „Sowohl im Ost-Westverkehr als auch in Nord-Südrichtung starten wir eine Offensive im Fernverkehr“.
Nach eigenen Angaben liegt die Bahn im Bau der bei Ebensfeld in die Bestandsstrecke der früheren Ludwigs-Süd-Nord-Bahn (Lindau – Hof) einzubindende ICE Hochleistungsstrecke Leipzig/Halle – Erfurt – Nürnberg im Plan. In der Sachsenmetropole Leipzig ging der DB-Manager vor Journalisten weiter davon aus, dass die neuen Triebwagengarnituren der Baureihe ICx aus dem Haus Siemens bis 2016/17 zur Verfügung stehen.
Als komfortable ausgestattete Triebzüge mit knapp 500 Sitzplätzen sollen sie die heute rollenden ICE-Generationen ersetzen, weniger Energie verbrauchen und bis zu 300 km/h schnell durch Thüringen und Bayern ihrem Ziel zustreben.
Keine Zweifel ließ Rehkopf auf Nachfrage daran, dass die Tage gezählt sind, an denen die eleganten weißen ICE Triebwagen am Bahnsteig der Korbstadt planmäßige Stopps zum Ein- oder Ausstieg einlegen. Obwohl Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer in Lichtenfels kürzlich diesbezügliche Hoffnungen nährte. Das sei so nicht haltbar, kommentierte Vorstandsmitglied Rehkopf.
Die jetzigen ICE-Bahnhöfe Lichtenfels, Saalfeld, Jena und Naumburg bleiben auf der Strecke. Wenn der nicht entsprechend ausgebaute und kurvenreiche (Höchstgeschwindigkeit 100/120 km/h) Schienenstrang über die Frankenwaldrampe ab Ende 2017 vom Fernverkehr gemieden wird. „Sie verlieren ihren ICE Systemhalt“ heißt es lapidar im Konzept Stand August 2013. In wieweit dann (der von den beteiligten Ländern zu bestellende und finanzierende) Regionalverkehr als Ersatzverbindung aufgestockt gestaltet werden könne, sei nach Aussage des DB Managers heute noch nicht absehbar.
Im E-Netz Franken stellen die fabrikneuen TALENT-Triebwagen der Baureihe 442 seit 2012 als „Franken-Thüringen-Express“ (FTE) ab/bis Nürnberg über Bamberg – Lichtenfels – Kronach und weiter durchs Saaletal bis in die Universitätsstadt Jena beziehungsweise alternierend über Coburg nach Sonneberg Zubringerfunktion zum ICE-Takt her.
Unter Verweis auf „Planungen für die sich verlagernden großen Verkehrsströme“ wollte Rehkopf selbst zur künftigen Anbindung der Vestestadt Coburg zum jetzigen Zeitpunkt keine konkrete Aussage treffen. Im Raum stehe Überlegungen zu Tagesrandhalten könne man ebenso wie über die Abstimmung mit DB Regio erst nach Erstellung des endgültigen Fernverkehrskonzepts 2018 konkretisieren. Mit Blick auf die allseits angestrebte Beschleunigung und Gewährleistung des Stundentakts – so der Grundtenor des DB Managers – sei den ICE-(Fern-)Fahrgästen die zeitaufwendige Einschleifung nach Coburg kaum zuzumuten. Die Fahrplanstrategen gehen davon aus, dass kürzere Reisezeiten zum Umstieg vom Auto und Flugzeug auf die Schiene anregen werden. Die Relation Berlin – München schrumpft über die NBS von heute sechs auf vier Stunden und 20 Minuten. Noch schneller geht’s mit einem geplanten „Sprinter“. Für 600 Kilometer Laufweg benötigt der „Schienenblitz“ von Stadtmitte zu Stadtmitte drei Stunden und 45 Minuten. Mit Zwischenhalt lediglich in Nürnberg.
Zwischen Berlin und Erfurt sparen Fahrgäste (nach Inbetriebnahme der Ausbaustrecke bereits ab 2016) bei noch 1:45 Stunden Fahrzeit 45 Minuten. München ist nach dem Konzept 2018 von Erfurt aus über die neue Schnellfahrstrecke in 2:30 Stunden erreichbar; im zweistündigen Wechsel von Halle aus in 3:05 Stunden knapp zwei Stunden schneller als heute. Zwischen den mitteldeutschen Knotenbahnhöfen und Nürnberg werden im Vergleich zur heute über Lichtenfels führenden Saaletal-/Frankenwaldstrecke dann mehr als 90 Minuten eingespart.
Selbst von Dresden aus ergeben sich für Bahnreisende mit Ziel München bzw. Frankfurt über den „Umweg Erfurt“ Zeiteinsparungen.
Hintergrund zum Ausbau
Bereits 2006 wurde der Ausbauabschnitt Berlin-Lutherstadt Wittenberg – Leipzig/Halle (Saale) in Betrieb genommen. Ende 2015 folgt der 123 Kilometer lange Schienenstrang Leipzig/Halle bis in die thüringische Landeshauptstadt Erfurt. Als letztes VDE-Teilstück soll zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017 die 107 Kilometer Neubaustrecke (NBS) Erfurt – Ebensfeld mit Querung des Thüringer Waldes an seiner schmalsten Stelle zur Verfügung stehen. In die für 300 km/h ausgelegte (schotterlose) feste Fahrbahn sind in Thüringen und Bayern 29 heute bereits rohbaufertige Talbrücken (Gesamtlänge zwölf Kilometer; darunter Mainbrücke und Flutmuldenbrücke Wiesen) und 22 Tunnelbauwerke (41 Kilometer; südwärts bis zum 3756 Meter langen Tunnel Eierberge, der Längste Tunnel Blessberg 8314 Meter unter dem Kamm des Thüringer Waldes) integriert. Anschließend erfahren weitere 83 Kilometer Ebensfeld – Nürnberg zur Kapazitätssteigerung als Ausbaustrecke (ABS) qualitative Verbesserungen. Eingeschlossen die S-Bahn Gleise zwischen Forchheim und Nürnberg. Nach Süden schließen sich zur Komplettierung der neuen Fernverkehrsachse 89 Kilometer Nürnberg – Ingolstadt (NBS seit Mai 2006 in Betrieb) und weitere 82 Kilometer ABS Ingolstadt-München an. Von rund 250 Höhenmetern im Gottesgarten steigt die in die Landschaft eingepasste neue Trasse bis zum Brechpunkt über dem thüringischen Goldisthal auf 600 Meter über NN an und fällt bis Erfurt Hauptbahnhof wieder auf 200 Meter. Bereits 2016 soll die komplett ausgerüstete Schnellfahrstrecke für Test- und Anpassungsfahrten zur Verfügung stehen. Für das von DB Projektbau zu realisierende Gesamtprojekt VDE 8 sind für Aus- und Neubaustrecken rund 13 Milliarden Euro Aufwand veranschlagt. Zur Finanzierung tragen im Zehnjahreszeitraum 2006 bis 2016 Bund, Bahn und Europäische Union bei.